Ministerialdirektor Michael Münter und Leonbergs Oberbürgermeister Martin Georg Cohn hören sich die Sorgen und Ideen des Bäckermeisters Rainer Zachert an (von links). Foto: Jürgen Bach

Die Energiekrise treibt die Menschen um: Der Leonberger Bäckermeister Rainer Zachert schildert Politikern, wie er Strom und Gas spart und wünscht sich einen städtischen „Wärmemanager“.

Berliner – in anderen Regionen auch als Krapfen oder Pfannkuchen bekannt – sowie ebenfalls in Fett gebackene Spritzkuchen würde der Leonberger Rainer Zachert am liebsten ganz von seiner Produktionsliste streichen. „Ich traue mich fast nicht mehr, die Fritteuse einzuschalten, denn die frisst jede Menge Energie“, sagt Zachert. Er möchte allerdings seine Kunden nicht enttäuschen und schaltet das Gerät nur noch zu besonderen Ereignissen wie beispielsweise die Fasnet an.

Auf dem neuesten technischen Stand

Der Bäckermeister, der sein Hauptgeschäft in der Breslauer Straße hat, drei weitere Filialen in Leonberg und auch eine in Rutesheim betreibt, ist nicht erst seit der aktuellen Energie-Diskussion und der Gas-Knappheit aufgrund des Russland-Ukraine-Krieges sehr umtriebig, was das Energiesparen betrifft. Schon als er 1995 den elterlichen Betrieb übernahm, verlor er keine Zeit, seinen Betrieb für das neue Jahrtausend vorzubereiten.

Die gesamte Produktion wurde auf den neuesten technischen Stand gebracht und an die wachsenden Anforderungen angepasst. Einige Jahre auf dem Buckel hat allerdings seine Rührmaschine für den Sauerteig. Die stammt noch von 1972. „Und sie funktioniert noch bestens, allenfalls habe ich mal ein paar Teile ersetzt. Auch das ist für mich Nachhaltigkeit: nicht immer neue Maschinen zu kaufen, wenn die alten noch funktionieren.“

Keine Versprechen, dass es glimpflich ausgeht

Die aktuelle Energiekrise treibt Rainer Zachert mehr denn je um. Und so hatte er vor einiger Zeit Energieberater Steffen Koci von der regionalen Kompetenzstelle Energieeffizienz Region Stuttgart (KEFF) zu Besuch. „Es sind auch die kleinen Taten, die bis zu 15 Prozent Energie einsparen“, sagt Koci, der mittlerweile bei der übergeordneten Industrie- und Handelskammer das Referat Innovation, Umwelt, Energie leitet. „Im ersten Schritt ist es wichtig, die Mitarbeiter eines Betriebes zu sensibilisieren“, sagt Koci. Das Licht ausmachen, wenn man es nicht mehr braucht, die Beleuchtung auf LED umrüsten, die Klimaanlage wenn möglich ausschalten, Arbeitsprozesse optimieren.

Steffen Koci war es, der die Zachert-Backstube bei der baden-württembergischen Umweltministerin Thekla Walker für deren Sommertour ins Gespräch brachte. Die Grünen-Politikerin war dann allerdings kurzfristig verhindert und schickte ihren Amtschef, den Ministerialdirektor Michael Münter nach Leonberg – mit besten Grüßen von der Ministerin. „Der Gasmangel treibt viele um, und ich kann Ihnen keine Versprechungen machen, dass es glimpflich ausgehen wird“, sagte er. „Wir haben einen Krisenstab geschaffen, damit wir vorbereitet sind, wenn wir in die Gasalarmstufe eintreten.“

Die Kühlzellen ziehen 80 Prozent des Stroms

Im Jahr 2020 hatte Rainer Zachert einen Stromverbrauch von etwa 190 000 Kilowattstunden und einen Gasverbrauch von etwa 450 000 Kilowattstunden. 80 Prozent seines Stromes ziehen allein die Kühlzellen. Die Abwärme muss der Bäckermeister in die Luft blasen. „Auch sie könnte ich über einen Wärmetauscher nutzen, kann es bislang aus verschiedenen Gründen nicht umsetzen“, sagt Zachert, der gerade für solche Fälle einen städtischen Wärmemanager für sinnvoll erachtet. In diesem Punkt machte Berthold Hanfstein, der Geschäftsführer der Energieagentur des Landkreises Böblingen, Hoffnung. „Bis Ende des Jahres 2023 müssen alle Kreisstädte ab 20 000 Einwohnern eine kommunale Wärmeplanung abgeschlossen haben.“

Energie spart Rainer Zachert unter anderem auch, indem er Mehl aus nachhaltigem und unbelastetem Korn aus regionalem Anbau verwendet. 13 landwirtschaftliche Familienbetriebe zwischen Korntal-Münchingen und dem Jagsttal haben sich zusammengeschlossen. Gemeinsam mit der Mönsheimer Mühle, Imkern und unter wissenschaftlicher Begleitung der Universität Hohenheim und der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf entstand „Blütenkorn“. Ein Projekt, das den Schutz und Erhalt der Artenvielfalt sowie hochwertigen Lebensraum für Bienen und Insekten zu schaffen, in den Fokus stellt. Großzügige, bunte Blühstreifen ziehen sich kilometerlang mitten durch die Blütenkorn-Getreidefelder.

Gesellschaft denkt nachhaltiger als früher

„Die Gesellschaft ist im Umbruch und denkt heute viel nachhaltiger als früher. Dazu wollten wir beitragen. Reinen Bio-Anbau kann nicht jeder umsetzen. Wir haben uns daher für einen dritten Weg entschieden und versuchen das Beste aus konventionellem und Bio-Anbau zu vereinen“, so Gerd Schonder, der Geschäftsführer der Betriebsgemeinschaft Neuhof.