Der Schweinezüchter Jochen Heimburger fürchtet um seinen Tierbestand. Foto: Siebold

Wann die „Afrikanische Schweinepest“ in Deutschland ankommt, ist laut Experten nur noch eine Frage der Zeit. Jäger und Behörden, aber auch die Schweinezüchter bereiten sich auf den Ernstfall vor. Ein Hofbesuch.

Freiburg - Schlaflose Nächte habe er keine. „Noch nicht.“ Der Schweinezüchter Jochen Heimburger aus Meißenheim-Kürzell im mittelbadischen Ortenaukreis wirkt gelassen. Aber der 45-Jährige weiß, was auf ihn zukommen könnte, wenn die Afrikanische Schweinepest (ASP) aus Osteuropa einwandert. Auch die Landesregierung ist längst alarmiert. Unter Federführung des Ministers für Ländlichen Raum, Peter Hauk (CDU), wird zurzeit ein ganzes Maßnahmenpaket vorbereitet, das nach Informationen unserer Zeitung schon Anfang der nächsten Woche vom Kabinett beschlossen werden soll.

„Wir tun, was wir können“, betont derweil Jochen Heimburger, der auf seinem Hof in der Oberrheinebene 140 Mutterschweine hält, die jährlich 3000 Ferkel werfen. Hygiene war schon vor dem drohenden Virus oberstes Gesetz: Arbeitskleidung und Schuhe dürfen nur in der Zuchtanlage getragen werden, Besucher brauchen Schutzkleidung. Der Zuchtbereich ist von einem Maschendrahtzaun umgeben.

Übertragung per Wurstbrot denkbar

Das größte Übertragungsrisiko ist aber der Mensch. Es gibt das „Wurstbrotszenario“: Ein polnischer, tschechischer oder rumänischer Lkw-Fahrer wirft einen Rest seiner mitgebrachten Schnitte mit infizierter Wurst in den Papierkorb der nahe gelegenen Autobahnraststätte Mahlberg. Oder osteuropäische Erntehelfer entsorgen die Reste ihrer mitgebrachten Salami unachtsam. Auch diese könnten infiziert sein. Eigentlich ist die Einfuhr von Lebensmitteln untersagt, die das ASP-Virus enthalten könnten. Die Kontrolle ist unmöglich. Derzeit werden mehrsprachige Hinweisschilder auf Autobahnraststätten angebracht.

Würde sich ein Wildschwein am infizierten Abfall bedienen und wenige Tage später auf einer Wiese im Umkreis des Aussiedlerhofs verenden, „dann ist das Problem da, auch wenn es nicht in meinem Stall ist“, sagt Heimburger. Wenn das infizierte tote Wildschwein innerhalb der behördlich festgelegten „gefährdeten Zone“ mit 15 Kilometer Radius liegt, stört das sofort den Betriebsablauf. „Ich darf dann meine Ferkel nicht mehr wegfahren“, befürchtet Heimburger. „Es wird Ausnahmegenehmigungen geben“, beschwichtigt Rudolf Spahn vom Veterinäramt Ortenaukreis. Wenn die Untersuchung der Tiere zeige, dass sie nicht befallen sind, dürften sie abtransportiert werden.

Andernfalls wäre der Stall schnell voll. Alle fünf Wochen ist ein Transport nach Freiberg am Neckar nötig, dort werden die zwölf Wochen alten Ferkel auf Schlachtgewicht gemästet. Ihr Fleisch wird später von Edeka als Marke Hofglück vertrieben. Hochwertiges Fleisch, für das Heimburger hohe Standards wie genfreies Futter und artgerechte Haltung mit Strohflächen und teilweisem Freilauf nachweisen muss. „Bei uns ist doppelt so viel Platz wie bei der konventionellen Methode“, betont der Bauer, „wir sind nahe am Biostandard.“ Der Erlös pro Ferkel liegt bei 70 Euro, fast doppelt so viel wie im konventionellen Bereich.

Wildschweine können nicht immer und überall gejagt werden

Die Gefahr einer Epidemie trifft nun alle Schweinehalter. Dass ASP im Zuge des freien Waren- und Personenverkehrs fast zwangsläufig auch in Deutschland ankommen wird, gilt für Experten als ausgemacht. Fraglich ist nur wann und wo. Weil der Erreger von Schwein zu Schwein übertragen wird, sind auch die Jäger am Zug. Politiker und Bauernverband fordern, dass wieder mehr Wildschweine geschossen werden. „Das geht nicht überall und nicht immer“, sagt der Jagdpächter Klaus Niehüser aus Schwanau. In der Gegend um Heimburgers Bauernhof herum habe man das Schwarzwild „im Griff“, so der stellvertretende Kreisjägermeister. Aber in anderen Regionen gibt es Schutzzonen. Dorthin ziehen sich die Sauen zurück, um nach den winterlichen Drück- und Treibjagden ungeschoren zurückzukehren. Und ab März gilt eine allgemeine Jagdruhe. „Das ist Landesrecht und könnte von der Regierung schnell angepackt werden“, so Niehüser.

In Anbetracht der Gefahr könnten einige Schonungsmaßnahmen befristet ausgesetzt und Treibjagden erleichtert werden. Für die Schweinefleischwirtschaft wäre eine Epidemie existenzgefährdend. Wenn in einem Betrieb auch nur ein einziges Tier befallen ist, müsste der gesamte Bestand „gekeult“, also getötet werden. Die Tierseuchenkasse würde nur einen Bruchteil des Schadens ersetzen. „Dann müssten wir von vorne beginnen“, seufzt Heimburger. Daran kann und will er nicht denken.