Kanzerlin Merkel empfängt den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras im Kanzleramt. Foto: dpa

Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras ist nach Berlin gereist, um für Verständnis für eine Lockerung der Reformen zu werben. Die Kanzlerin vermeidet die Konfrontation – sehr zum Leidwesen mancher Abgeordneter aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Berlin - An den Besuch des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras haben einige Unionsabgeordneten hohe Anforderungen gestellt: „Wir erwarten uns von der Kanzlerin ein deutliches Wort, dass wir das der griechischen Regierung nicht durchgehen lassen“, sagt der CSU-Abgeordnete Hans Michelbach, der Chef der CSU-Mittelstandsvereinigung ist. In der Unionsfraktion sowie bei einem Teil der Geldgeber ist die Empörung groß, dass die Regierung Tsipras Reformauflagen ohne Absprache mit den Finanziers aufgekündigt hat. Tsipras will an 1,6 Millionen griechische Rentner eine einmalige Zulage von bis zu 800 Euro auszahlen, was rund 600 Millionen Euro kostet. Das empört Michelbach, weil Athen noch auf das 86-Milliarden-Euro teure Rettungspaket angewiesen ist, das 2018 ausläuft. Doch Michelbachs Hoffnung, dass die Kanzlerin Klartext redet, wird sich nicht erfüllen. Als Merkel und Tsipras kurze Erklärungen gegenüber den Medien abgeben, geht es freundlich zu. „Wir haben nicht immer einfache Gespräche gehabt, aber sie sind immer ehrlich und aufrichtig“ – das ist Merkels Form von Distanz.

Kein Wort über die Fahnungspannen

Die Enttäuschung der Geldgeber wird in den öffentlichen Erklärungen ausgeblendet. Die Kanzlerin macht vielmehr deutlich, dass Deutschland Griechenland bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise weiter unterstützen werde. Zu den Fahndungspannen, die dazu führten, dass ein in Griechenland straffällig gewordener Afghane nach Deutschland einreisen konnte und mutmaßlich eine Freiburger Studentin tötete, verlieren die Politiker kein Wort. Thema des Gesprächs sind die Flüchtlings- und Sicherheitspolitik sowie Wirtschaftsfragen.

Tsipras tritt mit großem Selbstbewusstsein auf. Mehrfach spricht er davon, dass neue Visionen für Europa notwendig seien. Das gelte sowohl mit Blick, wie die EU auf den sich ausbreitenden Nationalismus reagieren soll. Tsipras bezieht die Forderungen nach neuen Ansätzen auch auf die Wirtschafts- und Finanzpolitik. Er sei auch deshalb in die deutsche Hauptstadt geflogen, um der Kanzlerin von der positiven Entwicklung der griechischen Volkswirtschaft zu berichten. Der Gast aus Athen spricht von „beeindruckenden Überschüssen“ und erfreulichen Wachstumsraten, die über den Erwartungen lägen. Nach vielen Jahren der Rezession rechnen Griechenland im nächsten Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von 2,7 Prozent. Aus der Sicht des griechischen Ministerpräsidenten soll Griechenland nicht mehr Teil der Krise, sondern als Teil der Lösung wahrgenommen werden. Doch diese Zuversicht teilen die Gläubiger Griechenlands nicht. Der Plan, Griechenland weitere Schuldenerleichterungen zu gewähren, ist erst einmal auf Eis gelegt worden. Vorgesehen war, die Kreditlaufzeiten nochmals zu verlängern und die Zinsen weiter zu ermäßigen.

Tsipras fordert Schuldenerleicherungen

Tsipras ist nach Berlin gekommen, um für die Krediterleichterungen zu werben. Dass seine Regierung die Renten erhöhen will, obwohl die Sparauflagen der Geldgeber-Institutionen etwas anderes vorsehen, erklärt der Ministerpräsident so: „Unsere Vision ist, dass das Wachstum nicht nur Statistiken und Zahlen betrifft, sondern die Wunden der Krise behoben werden.“ Aus Tsipras’ Sicht ist es an der Zeit, den Opfern der griechischen Krise etwas zurückzugeben. Das sieht der Ministerpräsident als Beitrag zu mehr Stabilität in Europa. Es sei ein Zeichen, dass die Entbehrungen der griechischen Bevölkerung während der langen Wirtschaftskrise, anerkannt würden.

Doch so einfach sind die Dinge nicht. Die Troika will zunächst abwarten, bis die Experten von Europäischer Kommission, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank sich ein Bild von der Lage gemacht haben. Erst dann soll es weitere Entscheidungen geben. Kanzlerin Merkel macht klar, dass sie sich an das verabredete Verfahren zur Überprüfung des Programms hält. „Hier ist nicht der Ort, an dem Entscheidungen gefällt werden“, sagt Merkel.