Vollendet: Philipp Förster überwindet den Berliner Torwart Andreas Luthe – es ist das bislang letzte VfB-Tor nach einer Einwechslung. Foto: Baumann

Der VfB Stuttgart hat nach Einwechslungen bereits 13 Tore in der Fußball-Bundesliga erzielt. Das ist Ligabestwert – und kein Zufall. Doch wie erklären Trainer und Spieler die starke Statistik?

Stuttgart - Philipp Förster ist gut durchgelaufen, wie es so schön in der Sprache der Fußballtrainer heißt. Er hat sich im Mittelfeld den Ball geschnappt und den Angriff des VfB Stuttgart eingeleitet. Anschließend ist er in den Strafraum des 1. FC Union Berlin gesprintet, wo ihm Sasa Kalajdzic das Spielgerät auf den linken Fuß serviert hat. Förster ließ sich auch nicht lange bitten und erzielte das 1:2. Es war sein zweiter Saisontreffer, aber vor allem das 13. Jokertor des VfB, da Förster kurz zuvor eingewechselt worden war.

 

Dieser Bundesliga-Bestwert (auch Vereinsrekord) führt nun zu zwei Thesen: Entweder der Trainer Pellegrino Matarazzo hat ein glückliches Händchen, oder der Aufsteiger verfügt über reichlich Bankreserven. „Sicher braucht es neben einem Gespür für die Verfassung der Spieler grundsätzlich im Kader ebenso eine gewisse Breite an Spielern, die für Torgefahr sorgen können“, sagt Matarazzo vor dem Heimspiel an diesem Mittwoch (20.30 Uhr) gegen den VfL Wolfsburg.

Wie sich Philipp Förster empfiehlt

Beides ist also ein Teil der Wahrheit. Wobei sich zeigt, dass sich der anfangs kritisch beäugte XXL-Kader der Stuttgarter mit Blick auf die Gesamtrunde ausgezahlt hat. Erstens, weil der VfB zuletzt eine ganze Reihe von verletzten Stammkräften ersetzen musste. Zweitens, weil Matarazzo auch über Alternativen verfügt, wenn jungen Spielern etwas die Frische verloren geht. „Jeder Spieler im Kader ist heiß darauf, mit dem VfB eine erfolgreiche Saison zu spielen. Wenn man eingewechselt wird, will man der Mannschaft helfen, und natürlich will man sich auch mit positiven Aktionen für einen Platz in der Startelf im nächsten Spiel empfehlen“, sagt Förster.

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Der Chefcoach konnte so nicht nur den Mittelfeldspieler mit einem guten Gefühl in die Partie gegen die Eisernen werfen, sondern nun auf einen frisch gestärkten Förster setzen. Matarazzo kann aber auch den jungen Mateo Klimowicz (ein Jokertor) von der Leine lassen, zudem wahlweise Tanguy Coulibaly, Darko Churlinov oder Momo Cissé. Oder er vertraut auf die Erfahrung und den linken Fuß von Daniel Didavi, der nach Einwechslungen bereits dreimal getroffen hat. Er kann aber auch einen Philipp Klement (1) das Spiel anders strukturieren lassen – oder den heißhungrigen Nicolas Gonzalez (2) nach einer seiner Verletzungen wieder heranführen.

Unterschiedliche Spielweisen kennzeichnen diese Profis, und sie kommen aus verschiedenen Gründen von draußen. Doch eines verbindet sie: Wenn sie reinkommen, bringen sie in der Regel neuen Schwung, wie es ebenfalls so schön heißt. „Wir haben einen großen Kader mit vielen guten Spielern, so dass der Trainer immer auch Qualität von der Bank ins Spiel bringen kann“, sagt Didavi. Und Matarazzo kann sich dabei sicher sein, dass sich der Gegner bei all den weiß-roten Varianten erst einmal an das veränderte Stuttgarter Spiel gewöhnen muss. Auch das macht den neuartigen VfB aus.

Sasa Kalajdzic mit besonderer Entwicklung

Bester Stuttgarter Joker ist übrigens Sasa Kalajdzic. Der Österreicher hat als Teilzeitkraft fünf Treffer nach zehn Einwechslungen erzielt. Das erscheint eine ganze Weile her, aber mit dieser Anzahl führt der lange Mittelstürmer weiter die Einzelrangliste vor Krzysztof Piatek von Hertha BSC und Nils Petersen vom SC Freiburg mit jeweils vier Toren an.

Mittlerweile bringt es Kalajdzic als Stammkraft auf insgesamt 14 Ligatore – und ihm ist erspart geblieben, was vielen Angreifern schon widerfahren ist. Allen voran Petersen, dem in seiner Karriere bereits 29 Jokertore (die meisten in der Bundesliga überhaupt) gelungen sind und der deshalb gerne als Edeljoker gilt. Ein Stürmer also, den sich die Trainer als Offensivoption bewahren, um nach einem Rückstand reagieren zu können.

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Groß gewachsen sind diese oft, weil bevorzugt in der Schlussphase Plan B wie Brechstange funktionieren muss. In der Vorsaison blieb Matarazzo deshalb oft nichts anderes übrig, als Mario Gomez oder Hamadi Al Ghaddioui reinzuwerfen, wenn der VfB spielerisch in der zweiten Liga nicht durchkam. Hünenhafte Angreifer, die den Gegner erschrecken sollten – oder eine Lücke in die Abwehr reißen.

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Gomez ist nun in Fußballrente und Al Ghaddioui bereits seit Monaten verletzt. Nach den Ausfällen von Silas Wamangituka und Nicolas Gonzalez ist dem VfB ein weiteres Duo mit dem Potenzial für Überraschungsmomente abhanden gekommen. Das schränkt den Trainer in seiner Auswahl zwar ein, aber es hat nichts an Matarazzos Haltung geändert. Er wechselt ein, um Spiele zu gewinnen – nicht, um Ergebnisse zu verwalten. „Für mich gibt es nicht den speziellen Jokertyp. Es geht darum, welchen Impuls wir in der jeweiligen Situation benötigen“, sagt Matarazzo. Gefruchtet hat es oft, denn der VfB hat in den Schlussphasen seiner Partien bereits 16 Tore erzielt. Auch das ein starker Wert.

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