Direkter Kontakt ist nie ein Fehler, sei es per Telefon, über die Webseiten oder an der Hotelrezeption, wie hier mit Ernst Waldbrunn (l.) und Joseph Meinrad in einer Filmszene aus „Fräulein Casanova“ aus den 1950er Foto: Mauritius/United Archives

Buchungsportale wie Booking.com oder Expedia versprechen den günstigsten Preis für ein Hotelzimmer. Ob solche ­Bestpreisklauseln zulässig sind, ist allerdings umstritten. Viele Hotels haben ­begonnen, auf ihren Internetseiten die Plattformen zu unterbieten.

Stuttgart - Wer auf dem Rückweg vom Gardasee nach Frankfurt spontan eine Übernachtung in den dazwischenliegenden Bergen einlegen will, der hatte bisher zwei Optionen: Entweder man buchte per Smartphone auf einer der Hotelplattformen im Internet eines der übrig gebliebenen Zimmer und wusste, dass der Hotelier knapp 20 Prozent des Preises an die Plattform abzudrücken hat. Oder man parkte spontan vor einem von außen nett anmutenden Hotel, bekam darin die letzte Rumpelkammer zugeteilt und zahlte dafür einen überhöhten Preis.

Möglichkeit Nummer drei war nur eine theoretische und damit sinnlose: Den Anruf an der Rezeption des per Internet ausfindig gemachten Hotels konnte man sich sparen. 80 Euro im Netz waren 80 Euro im echten Leben. „Wir dürfen nicht billiger sein“, erzählte der Hotelier und gab einem ein Zimmer mit Blick in den vermüllten Hinterhof, weil er für gewöhnlich keine negative Bewertung im Internet zu befürchten hatte.

Mit sogenannten Bestpreisklauseln haben Plattformen wie Booking.com, HRS oder Expedia, über die 95 Prozent aller Hotelzimmer gebucht werden, die Hoteliers bisher gebunden. Booking.com beispielsweise verpflichtete sie vertraglich, ihre Zimmer nicht günstiger als auf dem Portal anzubieten. Eine Regelung, die das Bundeskartellamt jedoch für wettbewerbswidrig hielt und deshalb verbot. Schützenhilfe bekamen die Wettbewerbshüter vom Oberlandesgericht Düsseldorf, das im Januar 2015die Richtigkeit dieser Entscheidung bestätigte.

Hotels sind im Direktvertrieb günstiger

Urlauber können seitdem Plattformen wie Booking.com auch nur als reine Suchmaschinen gebrauchen. Denn das Zimmer für 75 Internet-Euro offeriert ein telefonisch kontaktierter Hotelbesitzer gerne auch mal für 60. Denn er spart ja die Provision für die Buchungsplattform und jene für den sogenannten Channel-Manager, den er benötigt, weil er seine Zimmer auf mehreren Portalen gleichzeitig anbietet.

„Seit die Bestpreisklausel gekippt ist, sind viele Hotels im Direktvertrieb günstiger,“ bestätigt Martin Luthe vom Hotelverband Deutschland, der seit Jahren gegen die Macht der Portale ankämpft. Vor Booking.com wurde der Verband gegen HRS aktiv, dem die Bestpreisklauseln bereits 2013 untersagt wurden. Zurzeit läuft noch ein Verfahren gegen Expedia. Neben besseren Preisen böte die Buchung über die Hotelwebsite andere Vorteile, so Luthe. „Urlauber können einfacher Sonderwünsche vorbringen oder spezielle Fragen klären.“ Allerdings fragen auch die Portale Sonderwünsche ab.

Dass Hoteliers auf ihren eigenen Internetseiten die Preise der Hotelportale unterbieten, bestätigt auch eine aktuelle Untersuchung der Online-Einkaufsbörse mydealz.de. Die besten Preise fanden die Tester nicht bei einem der Buchungsportale, sondern direkt auf der Seite des jeweiligen Hotels. Durchschnittlich betrug die Differenz 37 Prozent. Die Untersuchung zeigte zudem, dass sich die Preise bei den zehn untersuchten Plattformen stark unterscheiden. Für deutsche Hotelbetten erwies sich das Bewertungsportal und die Metasuchmaschine Tripadvisor dort als günstigtes Portal, wo die Plattform tatsächlich selbst Zimmer vermittelt. International schnitt Ebookers am besten ab.

Der Rechtstreit geht in eine neue Runde

Die Buchungsplattformen versuchen derweil, die alten Zeiten mit einer Art Bestpreis-light-Variante zu konservieren: „Günstigeres Angebot? Wir ziehen mit!“, steht auf der Seite von Booking-com: „Wenn Sie Ihre Buchung auf einer anderen Webseite zu einem günstigeren Preis finden, können Sie sich die Differenz erstatten lassen.“ Ein Verfahren, das mit einiger Computer-Arbeit verbunden ist und deshalb nur von wenigen Urlaubern in Anspruch genommen wird.

Sieben der zehn von mydealz.de untersuchten Buchungsportale werben mit einer solchen Preisgarantie, darunter auch Ebookers, Expedia, hotel.de, Hotels.com, HRS und Sembo. Auch Hotelketten ziehen mit: Marriott beispielsweise bietet ebenfalls eine Bestpreis-Garantie.

Vielleicht schlägt sich Justitia aber doch noch auf die Seite der Buchungsportale. Der Rechtsstreit zwischen Bundeskartellamt und Booking.com geht nämlich in eine neue Runde. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte im Februar in einer mündlichen Verhandlung signalisiert, dass die Bestpreis-Verträge mit den Hoteliers doch zulässig sein könnten. Begründung: Ohne diese Klauseln könnten die Hoteliers die Online-Portale ja quasi rein als Trittbrettfahrer nutzen, um von Urlaubern wahrgenommen zu werden. Genau das ist ja zuweilen schon der Fall.

Kurt Tucholsky hat das System früh kapiert

Wann und wie die Richter endgültig entscheiden, ist noch offen. Booking.com selbst hat großes Interesse an einem Fortbestand der Preisbindung und erklärt auf Anfrage unserer Zeitung schriftlich: „Wir appellieren an das Oberlandesgericht Düsseldorf, die Entscheidung des Bundeskartellamtes, die Parität in unseren Partnervereinbarungen zu verbieten, zu revidieren. Diese Parität ist von 27 Wettbewerbsbehörden auf der Welt und in vielen europäischen Ländern anerkannt.“ Und sie sei kein Selbstzweck: „Damit wird gewährleistet, dass Booking.com eine Plattform bieten kann, auf der sich Unterkünfte völlig kostenlos listen lassen können und vom Marketing profitieren, das Booking.com betreibt, um die Unterkünfte einem globalen Kundenstamm zu präsentieren.“

Wie auch immer die Düsseldorfer Entscheidung ausfallen mag: Die Art des Buchens ändert nichts an dem Befund, der bereits Kurt Tucholsky aufgefallen ist: „Die meisten Hotels verkaufen etwas, das sie gar nicht haben: Ruhe.“ Das gilt natürlich auch für günstig per Telefon gebuchte Überbleibsel mit Aussicht.