Im Zusammenhang mit den gefälschten Kfz-Zulassungen in den Zulassungsstellen Böblingen und Leonberg – hier im Bild – gibt es bisher vier Urteile. Foto: Simon Granville

Vor dem Landgericht Stuttgart hat ein weiterer Prozess rund um Bestechungen in der Zulassungsstelle Böblingen begonnen. Ein 34-Jähriger muss sich wegen banden- und gewerbsmäßiger Urkundenfälschung und Bestechung in insgesamt 55 Fällen verantworten.

Sieben Jahre nach Beginn des Tatkomplexes um gefälschte Kfz-Zulassungen in den Zulassungsstellen Böblingen und Leonberg hat vor dem Landgericht Stuttgart der sechste Prozess in diesem Zusammenhang begonnen. Vor der 18. Großen Strafkammer muss sich ein 34-jähriger Mann unter anderem wegen banden- und gewerbsmäßiger Urkundenfälschung und Bestechung in insgesamt 55 Fällen verantworten.

 

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, zusammen mit seinem Onkel und einem Schwager zwischen 2017 und 2020 TÜV-Prüfberichte gefälscht zu haben. Aufgabe des 34-Jährigen sei es gewesen, interessierte Autobesitzer anzuwerben, die technischen Angaben zu erheben, Unterlagen zu besorgen und das Geld anzunehmen. Die Fälschungen selbst habe sein Onkel veranlasst. Er soll dabei die Namen nicht existierender TÜV-Prüfer aus Mannheim und Würzburg benutzt haben. Die Mitarbeiter der Zulassungsstellen hätten auf die gefälschten TÜV-Prüfberichte vertraut und die notwendigen Plaketten in gutem Glauben an den Fahrzeugen angebracht. Allein in elf Fälle soll der Inhaber einer Kleintransporter-Firma verwickelt sein.

Gefälschte Gutachten

Darüber hinaus soll der Angeklagte in mehreren Fällen Autos, die nicht aus dem EU-Bereich stammten, mit gefälschten Gutachten als zulassungsfähige EU-Fahrzeuge angemeldet haben. Dies sei möglich gewesen, da die Bande mit vier TÜV-Prüfern zusammengearbeitet habe, die die dafür notwendigen Hauptuntersuchungsberichte und Gutachten gegen Bezahlung ausgestellt hätten. Laut Anklage sollen die Prüfer für jedes der Fahrzeuge 210 Euro und die ersparte Gebühr von 70 Euro erhalten haben. Teilweise hätten die Prüfer die Prüfberichte erstellt, ohne die Autos zu Gesicht bekommen zu haben.

In fünf Fällen soll der 34-Jährige die Zulassung von Autos aus Jordanien, Ägypten und Kuwait über zwei Mitarbeiterinnen der Zulassungsstelle Leonberg veranlasst haben, obwohl wesentliche Unterlagen wie Verzollungsnachweise und Datenblätter gefehlt hätten. Die beiden – mittlerweile verurteilten – Mitarbeiterinnen hätten dafür zwischen 100 und 230 Euro pro Zulassung erhalten. Insgesamt sieben Fahrzeuge soll der Angeklagte auf sich selbst oder seine Ehefrau zugelassen haben, darunter einen Audi Quattro, einen Chevrolet und einen Jaguar. Teilweise seien die Anmeldungen über die Zulassungsstellen in Ludwigsburg und Gerlingen gelaufen. Für die 55 Taten hat der 34-Jährige laut Anklage jeweils 50 Euro, insgesamt somit 2750 Euro, erhalten.

Nach der rund 45-minütigen Anklageverlesung wurde die Verhandlung für Verständigungsgespräche zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung unterbrochen. Ein mögliches Ergebnis soll am nächsten Verhandlungstag am 16. Juli bekannt gegeben werden. Insgesamt sind für den Prozess weitere fünf Verhandlungstage bis zum 31. Juli vorgesehen.

Im Zusammenhang mit den gefälschten Kfz-Zulassungen in den Zulassungsstellen Böblingen und Leonberg gibt es bisher vier Urteile: Im Mai 2021 hat das Landgericht Stuttgart eine Ex-Mitarbeiterin der Zulassungsstelle zu vier Jahren und fünf Monaten Haft wegen Bestechlichkeit in knapp 300 Fällen und ihren zeitweiligen Lebensgefährten im August 2021 zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Auch ein TÜV-Prüfer wurde verurteilt

Eine ehemalige Mitarbeiterin der Außenstelle Leonberg wurde vom Amtsgericht Leonberg im Oktober 2022 zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten wegen Bestechlichkeit in 25 Fällen verurteilt. Ebenfalls wegen 25-facher Bestechlichkeit hat das Landgericht einen ehemaligen TÜV-Prüfer zu zwei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt.

Seit Ende April läuft am Landgericht ein weiteres Verfahren gegen einen ehemaligen Autohändler aus Leonberg und seine beiden Söhne. In diesem ursprünglich bis Mitte Juli geplanten Prozess gibt es mittlerweile weitere Termine bis kurz vor Weihnachten.