Da hilft nur noch „Om“: Heinz Josef Braun (li.) und Andreas Giebel als bayerische Honoratioren, die auf der Suche nach verlorenen Töchtern in Indien ausgeraubt worden sind. Weitere Szenen in unserer Bildergalerie! Foto: Majestic

Im Finale seiner charmanten Trilogie über die besten Freundinnen Kati und Jo lässt Marcus H. Rosenmüller bayerische und  indische Kultur kollidieren. Während Kati mit Hilfe chancenloser Verehrer ihr Studium abzuschließen sucht, scheint Jo in Indien verloren gegangen zu sein.

Filmkritik und Trailer zum Kinofilm "Beste Chance"

Die Bajuwaren? Pflegen den separatistischen Traum vom Freistaat und das sprichwörtliche „Mia san mia“: Alle anderen können uns mal. Zu simpel? Ja. Das wahre bayerische Wesen zeigt Marcus H. Rosenmüller in treffsicheren Mundart-Komödien wie „Wer früher stirbt ist länger tot“ (2006), einer wunderbaren Lausbubengeschichte – unter speziellen kulturellen Vorzeichen.

Nun beendet er seine Coming-of-Age- Trilogie über die besten Freundinnen Kati und Jo. In „Beste Zeit“ (2007) waren sie Schülerinnen, in „Beste Gegend“ (2008) machten sie Abitur, und immer sorgten sie für dörfliche Verwicklungen – und kreisten um das Wunder, dass Mädchen und Jungs überhaupt zueinanderfinden können.

» Trailer zum Kinofilm „Beste Chance

In „Beste Chance“ nun versucht Kati, mit Hilfe chancenloser Verehrer ihr Studium abzuschließen, als Jo in Indien verloren gegangen zu sein scheint. Kati eilt nach fünf Jahren Funkstille aus der Stadt nach Hause, wo ihr Auftauchen sofort Chaos auslöst. Kati fliegt nach Indien, ihr Vater Hubert mit Kumpel Walter hinterher. Prompt taucht Jo zu Hause auf und macht mit dem Durcheinanderbringen da weiter, wo Kati aufgehört hat. Jos früherer Freund Toni ist anderweitig liiert, der gutmütige Rocky mit der hübschen Anni, die mit weiblicher Zielstrebigkeit den Nestbau vorantreibt. Die überforderten Jungs suchen Ablenkung, indem sie in einer Bayern-Rockband Lieder über Bier spielen.

Trockener bayerischer Sprach- und Mutterwitz ist das Lebenselixier dieses Films, und Rosenmüller hat ein Gespür für komödiantisches Timing. „Um Leben und Tod?“, fragt einer im Wirtshaus ins Telefon – „ja, ich richt’s aus.“ Dann geht die Sitzung des Fußballvereins, der mitgehört hat, einfach weiter. Dabei ist Rosenmüller weit entfernt vom Komödienstadl, von dem er nur die Kulisse borgt: Mit sanfter Ironie blickt er auf seine Landsleute, ohne sich über sie lustig zu machen. So erreicht er eine universelle Ebene, die weit über Bayern hinausweist.

„Passt scho“, sagt der verstockte Toni nur, als er hört, dass Jo schwanger ist – um sogleich ein Lagerfeuer zu entfachen und jegliches Andenken an sie zu verbrennen. Volker Bruch macht das großartig, und Rosalie Thomass genügt ein Blick, eine Körperhaltung, um Jo eine Aura entfalten zu lassen, ihr inneres Ringen zu zeigen. Anna Maria Sturm trägt ihr Herz auf der Zunge, sie stattet Kati mit Leidenschaft und offenherziger Naivität aus. Kein Zweifel: Dieser jungen Frau lässt sich kaum etwas abschlagen.

„Im Reiseführer steht, die bscheißen“, sagt Hubert (Musterbayer Andreas Giebel) und wehrt jeden dienstbaren Inder ab, der ihm den Koffer abnehmen möchte. „Kocha könna’s, die Inder, des muaß ma enna lossa“, gibt er später in Polt’schem Duktus zu, um kurz darauf zu bereuen, all die leckeren Dinge auf der Straße gegessen zu haben.

Doch Rosenmüller inszeniert den Zusammenprall der Kulturen weit vielschichtiger. Er taucht in familiäre Verwerfungen der indischen Gesellschaft ein, zollt der spirituellen Tradition Tribut: So albern manche Ashram-Touristen anmuten, so fasziniert beobachtet Kati rituelle Waschungen am Ganges. „I woaß net, wos des bringa soll“, sagt Fußballpräsident Hubert angesichts eines vielstimmigen „Om“, und Ex-Trainer Walter erklärt: „Das ist, wie wenn man sich beim Elfmeter konzentriert.“

Rosenmüller ist ein großer Botschafter seines Landes. Man muss sie einfach mögen, diese Bayern – gerade weil sie so eigen sind.

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