Weil die Nachfrage hoch ist, will die Stadt Gerlingen auf dem Waldfriedhof neue Urnengräber am Waldrand anbieten. Dafür müssen knapp 100 000 Euro investiert werden.
Gerlingen - Die Bäume strecken laublos ihre Äste gen Himmel. Eine blühende lachsfarbene Rose, die an einem Stamm steckt, gibt dem grauen Wintertag einen farbigen Akzent. Ob sie für Ursula B., Siegfried E. oder Edmund S. bestimmt ist? Deren Namen stehen auf Schildchen, die unterhalb der Blume am Baum befestigt sind. Fünfzig Meter weiter liegen drei Tulpen auf welken Blättern am Boden. Der Gerlinger Waldfriedhof, Abteilung für Bestattung unter Bäumen: der Platz für die letzte Ruhestätte ist ruhig und schön. In Gerlingen achtet man auf den würdevollen Gesamteindruck. Die Bestattung von Urnen unter Bäumen soll nun erweitert werden, vom Sommer an um 200 bis 300 weitere Plätze. Der Technische Ausschuss des Gemeinderates hat das Vorhaben der Verwaltung am Montag beschlossen.
2009 wurde diese Bestattungsform in Gerlingen eingerichtet, zwölf Bäume dafür ausgesucht und jeweils 16 Bestattungsplätze unter ihren Kronen definiert – unter jedem Baum in jeder Himmelsrichtung vier Plätze im Abstand von einem halben Meter. Diese fast 200 Gräber, einzeln nicht als solche zu erkennen, sind inzwischen belegt oder reserviert. „Die Nachfrage ist ungebrochen“, sagte Ralf Klinkenberg vom Stadtbauamt im Ausschuss. Deshalb hat die Verwaltung vorgeschlagen, das Grabfeld unter Bäumen in Richtung Wald zu erweitern. Dafür muss Unterholz weggeräumt, der Friedhofszaun versetzt und ein Weg neu angelegt werden. Dafür fallen Kosten von knapp 100 000 Euro an. Bis zum Sommer soll alles fertig sein. Wenn schon vorher für diesen Bereich Bestattungswünsche angemeldet werden, könne man für die Urnen dieser Verstorbenen eine würdevolle Zwischenaufbahrung anbieten. Die Forstbehörde des Landratsamtes muss den Plänen noch zustimmen.
Kleine Stelen angelegt
Petra Bischoff (Freie Wähler) regte an, ob nicht kleine Stelen für jeden Urnenplatz schön seien – in Leonberg sei das realisiert. Man habe schon Kontakt mit dem Steinmetz, der diese Stelen herstelle, hieß es. „Wer so ein Begräbnis möchte, will vielleicht nicht unbedingt eine Stele“, sagte dazu Rudolf Sickinger (CDU). Jedenfalls sei die Erweiterung notwendig, meinte Brigitte Fink (SPD), weil der Wunsch danach immer stärker werde.
In Gerlingen sind voriges Jahr 213 Menschen bestattet worden, davon gut zwei Drittel als Feuer- und Urnenbestattung. Außer unter Bäumen gibt es noch traditionelle Urnengräber, auch auf dem Stadtfriedhof. Dort stehen zudem Urnenwände, die ebenfalls nachgefragt sind.
In Ditzingen gab es im vergangenen Jahr 234 Bestattungen. Wie in Gerlingen liegt der Anteil der Feuer- und Urnenbestattungen bei zwei Dritteln. In Ditzingen gibt es eine Urnenwand in Heimerdingen; diese ist seit 2014 eingerichtet und zu knapp einem Fünftel belegt. Die Urnenwand auf dem Friedhof der Kernstadt gibt es seit 1983, sie ist zu 80 Prozent belegt. Baumgräber werden angeboten in Ditzingen, in Hirschlanden und Schöckingen.
Urnenwände auch in Hemmingen
In Korntal-Münchingen wurden im vergangenen Jahr 108 Menschen bestattet. Die Bestattungsformen sind hier genau andersherum wie anderswo aufgeteilt: Die Erdbestattungen machen noch zwei Drittel aus, die Feuer- und Urnenbestattung nur ein Drittel. Urnenwände gibt es nicht, Baumgräber sind geplant.
In Hemmingen wurden im vergangenen Jahr 66 Menschen bestattet. Die erste Urnenwand ist mittlerweile voll belegt, eine zweite wurde 2015 aufgestellt.
Bestattungen unter Bäumen sind auch im benachbarten Stuttgart möglich. So bietet die Stadt Baumgräber unter anderem an auf dem Waldfriedhof, auf dem Pragfriedhof, zudem auf dem Neuen Friedhof in Weilimdorf, in Feuerbach und Zuffenhausen und auch in Untertürkheim.