Ein würdiger Abschied ist nicht immer gewährleistet Foto: dpa

Mit dem Tod ist nicht alles vorbei. Vor allem auf Angehörige kommt nach einem Todesfall viel zu. Leid, Trauer – und die Frage: Wie findet man ein gutes Bestattungsunternehmen?

Stuttgart - Mit dem Ende des Lebens fängt oft alles erst richtig an. Für die einen, deren Geschäft der Tod ist. Aber auch die Hinterblieben, die sich in dieser Situation überfordert fühlen. Welche Konstellationen sich daraus ergeben können, zeigt Andrea Lotter in ihrem Film „In Würde begraben? Albtraum oder guter Abschied?“ am Mittwoch, 23. September, 21 Uhr, im Dritten.

Die Filmemacherin zeigt die schwarzen und weißen Schafe der Bestatter-Branche. Und sie widmet sich den Opfern, der skrupellosen Geschäftemacher. Da ist eine Frau aus Schwäbisch Hall, die mit Tränen erstickter Stimme klagt: „Der lässt meine Mutter eine Woche lang aus Profitgier ungekühlt rumliegen – wie kann so einer Bestatter werden?“ Ihre Trauer scheint grenzenlos. Erst der Tod des geliebten Menschen. Dann die unwürdige Behandlung der sterblichen Hülle, die einen letzen Blick, einen Abschied unmöglich macht.

Wie steht’s um die deutsche Bestattungskultur?

Solche Geschichten sind kein Einzelfall. Jener Bestatter aus Schwäbisch Hall wurde in erster Instanz zu einer Haftstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt und als schwarzes Schaf gebrandmarkt. Obwohl Andrea Lotter in ihrem Film der seriösen Bestatterin Barbara Rolf aus Leinfelden-Echterdingen viel Raum gibt, bleibt am Ende ein schaler Nachgeschmack. Es ist das Gefühl, dass jene Branche von gewissenlosen und dreisten Profiteuren durchsetzt ist. Im Film rechnet ein Insider hoch: Wer zehnmal einen teuren Sarg verkauft, aber vor der Einäscherung gegen einen billigen eintauscht, macht 5000 Euro Gewinn. Ist das tatsächlich gängige Praxis? Ist es Usus in der deutschen Bestattungskultur?

Johan Homburg winkt ab. Schon seine Miene zeigt, was er denkt: Mein Job ist es, das Leid der Trauernden erträglicher zu gestalten. Homburg hat diese Haltung sogar perfektioniert. Der Nürtinger Bestatter ist nicht nur angehender Sachverständiger vor Gericht, er ist auch Thanatopraktiker. Bedeutet: Er hat sich auf die ganz schweren Fälle spezialisiert. Wenn Todesopfer nach einem Unfall, durch Gewalteinwirkung oder schwerer Krankheit stark entstellt sind, ist Homburgs Kunstfertigkeit gefragt. Er nennt diese Fälle „Problemsituationen“ und spricht von „Rekonstruktionsmaßnahmen“. So wie zuletzt, als er eine junge Frau nach deren Verkehrsunfall in 40 Stunden Arbeit wieder ein würdiges Antlitz gab.

Wie findet man den richtigen Bestatter?

Johan Homburg ist ein Idealist, der auch ohne Gage für die humanitäre Hilfsorganisation Deathcare in Krisengebieten oder nach Flugzeugabstürzen seine Dienste anbietet. Daher ärgern ihn die üblen Fälle, die Andrea Lotter in ihrem Film aufgreift , besonders. Gleichzeitig räumt er ein: die Dokumentation des SWR zur Bestattungskultur legt den Finger in die Wunde. „Es ist tatsächlich so“, sagt Homburg, „dass prinzipiell jeder ein Bestattungsunternehmen eröffnen kann. 40 Euro für einen Gewerbeschein genügen.“

Mehr noch: Für Hinterbliebene sei es fraglos schwer, die seriösen von unseriösen Bestattern zu unterscheiden. „Aber das ist im Prinzip bei jeder Dienstleistung so“, sagt Homburg und fragt: „Woran erkennt man auf Anhieb einen guten Chirurgen oder eine gute Autowerkstatt?“ Seine Antwort: „Gar nicht. Es bleibt immer ein Restrisiko.“ So sei es eben auch in seiner Branche.

Film des SWR zeigt die Unterschiede in der Branche

Dennoch zeichnen sich laut Homburg gute Unternehmen schon beim ersten Gespräch mit den Hinterbliebenen durch zwei Faktoren aus: Empathie und Geduld. „Wenn man keine Zeit zum Nachdenken bekommt, zur Unterschrift gedrängt wird und nicht erklärt bekommt, was auf einen zukommt, ist man vermutlich an der falschen Adresse“, sagt der gebürtige Holländer.

Zudem sollte das Bestattungsunternehmen das Markenzeichen des Bundesverbandes Deutscher Bestatter tragen und/oder von der Verbraucherinitiative „Aeternitas“ empfohlen werden. Mit diesen Ratschlägen sollte die Gefahr eines unwürdigen Abschieds gebannt sein. Und was Menschenwürde in diesem Zusammenhang bedeutet, erklärt der Nürtinger Bestattermeister so: „Wenn Menschen so gehen, wie sie waren. Wenn der letzte Augenblick für Hinterbliebene ein wertvoller Anblick ist, dann behält man etwas Gutes zurück. Und man kann trotz der Trauer besser mit dem Verlust leben.“

Genau das hätte sich die Frau aus Schwäbisch Hall in Andrea Lotters Film auch gewünscht. Aber der Abschied von ihrer Mutter endete mit einem Albtraum.

Der Film von Andrea Lotter „In Würde begraben“ wird vom SWR am Mittwoch, 23. September, von 21 bis 21.45 Uhr ausgestrahlt.