Panoramafenster in die Natur Foto: Petsch

Das Waldcafé in Pfullingen steht mitten in der Natur – und wirkt trotzdem glamourös

Waldcafé, das klingt nach Plastikstühlen, Spitzendeckchen und Schwarzwälder Kirschtorte. Nicht bei Ilona Schmälzle. Im Waldcafé in Pfullingen zeigt sie seit dreieinhalb Jahren, dass ein Restaurant im Naherholungsgebiet mehr kann. Wanderer, die nach einem ambitionierten Marsch am Albtrauf nach Erfrischung suchen, kehren hier genauso ein wie schrullige Städter, die ihren Oldtimer oder ihre Designerhandtasche ausführen. "Der eine will sehen, der andere gesehen werden", sagt Ilona Schmälzle. "Wir sind stolz darauf, dass man bei uns beides kann."

Wer gerne die spektakuläre Aussicht auf die Schwäbische Alb genießt, nimmt auf der Terrasse oder an der Front der raumhohen Panoramafenster Platz. Links erkennt man am Albtrauf den Schönbergturm - wegen seiner markanten Form als steife Unterhose bekannt -, rechts die Achalm, der Haushügel des benachbarten Reutlingens, dahinter geht der Blick über die Filderebene zum Flughafen, bis am Horizont der rund 40 Kilometer entfernte Fernsehturm auftaucht. Wer lieber Blicke auf sich zieht, nimmt einen Aperitif an der rot illuminierten Bar, deren Licht sich wie ein künstlicher Sonnenuntergang in den großen Scheiben spiegelt.

Als das Waldcafé noch ein einfaches Ausflugslokal war, hat sich Ilona Schmälzle hier schon wohlgefühlt. Lange bevor die studierte Agrarökonomin selbst zur Gastronomin wurde, hat sie hier mit ihrem Mann Thomas Hochzeit gefeiert, später die Taufen für die Söhne Patrick (heute 19) und Paul (11). Als der Waldcafé-Pächter dann vor sieben Jahren aufhörte, übernahmen die Schmälzles den Laden. Schon damals wussten sie genau, wie es hier einmal aussehen würde.

Es dauerte mehr als vier Jahre, das ziemlich in die Jahre gekommene Gebäude abzureißen und durch den modernen, mit Erdwärme beheizten Natursteinquader zu ersetzen, der sich heute im sogenannten Flora- und Fauna-Habitat an den Urselberg schmiegt. Im Sommer gibt es hier seltene Schmetterlinge und Orchideen, im Winter suchen Eichhörnchen, ob sie rund ums Waldcafé Nüsse oder Pilze finden.

Die Planungs- und Bauzeit hat Ilona Schmälzle genutzt, um sich ein Bild davon zu machen, wie es in anderen Restaurants zugeht. Praktika führten sie in die Schweiz, nach Österreich und auf die Insel Sylt. Ein Aha-Erlebnis gab's schließlich bei Sternekoch Harald Wohlfahrt in Baiersbronn. "Der hat einen besonderen Blick fürs Essen. Das hat mir imponiert", erklärt die 46-jährige Gastwirtin.

Was im Waldcafé auf den Tisch kommt, beschreibt Schmälzle als "ehrlich". Geschmacksverstärker und Fertigprodukte sind aus der Küche verbannt, die Zutaten kommen - soweit möglich - aus der Region. Das junge Team (der älteste Koch ist 30) beherrscht Hausmannskost wie Molekularküche. Bei der Lieblingssuppe der Schwaben schwimmen die Flädle in einer kräftig-würzigen Rinderbrühe (4,50 Euro). Die Ziegenkäseravioli mit weißem Tomatenschaum (13Euro) zergehen genauso auf der Zunge wie der Zwiebelrostbraten (17 Euro).

Wem das zu viel Chichi ist, wenn er verschwitzt vom Wandern oder verstaubt vom Oldtimerfahren kommt, kann es seit Sommer auch einen Tick einfacher haben: In der angeschlossenen Wiesenschenke Fritz gibt es auf einfachen Holzmöbeln Wurstsalat, Maultaschen und Radler statt Carpaccio und edle Weine. Spitzendeckchen sind auch hier nicht zu sehen.

Waldcafé, Vorm Urselberg 1, 72793 Pfullingen, Telefon: 07121/3016861, www.waldcafe-pfullingen.de, geöffnet Samstag und Sonntag 12 bis 22.30Uhr, Montag und Mittwoch bis Freitag 12 bis 14 und 17.30 bis 22 Uhr, Wiesenschenke Fritz durchgehend 12 bis 22 Uhr, Dienstag Ruhetag