An dieser Krake krallen sich die Frühchen im Inkubator fest. Die Ärmchen fühlen sich für sie an wie eine Nabelschnur Foto: Eileen Breuer

Sarita Karle aus Neuhausen auf den Fildern möchte Eltern von zu früh Geborenen zumindest eine Last in einer sehr schweren Zeit abnehmen und näht den Babys winzige Kleider. Dafür braucht sie Hilfe.

Filder - Auf dem Esstisch von Sarita Karle stapeln sich Mützen, Schuhe, Hosen und allerlei bunt bedruckte Stoffe. Neben einer orangefarbenen Krake liegt ein Tuch, der Druck ähnelt Legosteinen. Dieses dient aber nicht als Stofftaschentuch – es ist ein Dufttuch. Nach der Geburt können die Mütter dieses Tuch an der Brust tragen, damit es ihren Geruch annimmt. Nach einem Tag wird es in den gläsernen Kasten auf der Frühchenstation gelegt. So soll das Frühchen den Duft der Mutter immer bei sich tragen können, wenn es nicht selbst auf dem Bauch der Mutter liegen kann.

Sarita Karle, eine Tagesmutter aus Neuhausen auf den Fildern, näht nicht nur zum reinen Vergnügen. Sie möchte mit ihrer Arbeit den Eltern von zu früh geborenen Kindern eine Last von den Schultern nehmen.

Es gibt so gut wie keine Kleider für Frühchen

Jedes Jahr kommen laut dem Verein Bundesverband „Das frühgeborene Kind“ 60 000 Kinder zu früh zur Welt. Die Frühchen sind leichter und kleiner als andere Kinder. Für sie gebe es kaum Auswahl an Kleidung, erzählt Karle: „Selbst die Krankenhäuser wissen sich nicht zu helfen und schicken die Eltern teilweise in Spielwarenläden, um Puppenklamotten zu kaufen.“ Eine Bekannte von Karle war für ihr Frühchen auf der Suche nach einer Mütze. Im Umkreis von 50 Kilometern habe sie jeden Laden abgefahren und schlussendlich nur eine weiße Mütze gefunden. Das zerre an den Nerven der Eltern, sagt die Mutter von zwei Töchtern. Normalerweise haben Eltern Zeit, sich auf die Zeit nach der Geburt vorzubereiten. Wenn das Kind zur Welt kommt, liegen die Strampler meist sortiert im Kleiderschrank. „Bei einem Frühchen ist das nicht so“, sagt sie. „Man kann dann ja auch nicht ständig die Station verlassen, um für das Kind einkaufen zu gehen.“

Sarita Karle Foto: Eileen Breuer

Dabei ist die passende Kleidung ihres Kindes in dem Moment nicht das größte Problem von Frühchen-Eltern: „Sie können sich darüber keine Gedanken machen. Die sehen nur ihr Kind mit Schläuchen bedeckt im Krankenhaus liegen und fragen sich: Schafft mein Kind es oder nicht? Da ist es schön, wenn man sie mit etwas Buntem zudecken kann“, sagt Karle. Damit sie eine Sorge weniger quält, setzt sie sich deshalb für die Eltern von Frühchen fast jeden Abend an die Nähmaschine. Vor acht Jahren entdeckte Karle ihre Lust am Nähen. Die Ärmel der Pullover aus den Läden waren ihr oft zu kurz, weshalb sie schließlich selbst zu Nadel und Faden griff. Nach getaner Arbeit blieben viele Stoffreste übrig: „Um daraus etwas für meine Kinder zu nähen, war es zu wenig Stoff, zum Wegschmeißen aber zu schade.“ Also suchte sie nach Wegen, die Reste zu verwerten. Irgendwann wurde es ihr zu langweilig, immer Decken daraus zu nähen. Karle stieß im Internet auf die Möglichkeit, die Reste für Frühchen-Kleider zu verwenden.

Sarita Karle beliefert Krankenhäuser in der Umgebung

Als sie dann eine Hebamme kennenlernte, nahm ihr diese die Kleidchen mit großer Freude ab und verteilte sie an Frühchen im Krankenhaus. Inzwischen liefert Karle Kleidung an die Krankenhäuser in Esslingen und Tübingen, auch Mütter aus der Filderklinik gehören zu den Abnehmern. Um das Pensum zu schaffen, halfen ihr vor Kurzem Flüchtlinge aus Bernhausen.

Karle näht nicht nur Kleider für zu früh geborene Kinder. Auch für Sternenkinder, die tot zur Welt kommen oder kurz nach ihrer Geburt gestorben sind, schneidert Karle ein Gewand. Die Kleinen dürfen nach ihrem Tod nicht mehr getauft werden, erhalten jedoch einen Segen. Weil man ihnen aufgrund ihrer Gebrechlichkeit oft nichts überstreifen kann, näht Karle einen sogenannten Aufleger. Dafür benutzt sie den Stoff alter Hochzeitskleider.

Sie bekommt für die Kleider übrigens keinen Cent – sie näht das alles ehrenamtlich. Das Lächeln der Eltern ist ihr Bezahlung genug: „Die Eltern haben es so schwer. Aber wenn sie dann etwas für ihr Kind bekommen, und wenn nur zum Festhalten, haben sie ein Strahlen in den Augen.“

Bitte um Stoffspenden

Die Stoffe für Strampler, Mützen und Schuhe kosten Geld. Alleine kann Sarita Karle das nicht stemmen. Zwar bekommt sie Stoffreste von Läden geschenkt. Trotzdem ist sie auf Stoffspenden angewiesen. Wer noch alte Kleider, Stoffreste oder gar ein altes Brautkleid zu Hause hat, kann ihr dies zukommen lassen. Auch Helfer werden immer gebraucht. Interessierte können sich bei Sarita Karle melden, Telefon 0152/8801053 oder per Mail an sarita.karle@web.de.