Alles Brauchbare aus dem Seniorenwohnheim Haus Ahorn in Beilstein wird an diesem Wochenende verkauft – vom Fernseher über Küchenutensilien bis hin zu Dekoartikeln.
Selbst wer schon mal einen Haushalt aufgelöst hat, kann sich nur ein ganz grobes Bild davon machen, was derzeit im Haus Ahorn in Beilstein los ist. Das ehemalige Seniorenwohnheim ist zu einem riesigen Flohmarkt geworden. Und das, was dabei an Gastroartikeln, Kleinmöbeln, Gemälden, Bastelmaterialien und Dekoartikeln, aber auch an Unterhaltungselektronik, Werkzeug, Bürobedarf und Pflegeutensilien verkauft wird, entspricht grob geschätzt zehn Haushaltsauflösungen. Mindestens. Auch ganze Einbauküchen sind dabei. Denn das Haus muss der Eigentümergemeinschaft, von der es der Heimbetreiber, die Wohnintern gGmbH, gemietet hatte, besenrein übergeben werden.
„Wir haben mehrere Tage lang ausgeräumt und sortiert“, sagt Jutta Künzel, eine der Hauswirtschafts-Mitarbeiterinnen, die hinter einem Berg von Glastellern und -schüsseln steht, mit einem kleinen Schmunzeln. Das Schmunzeln ist nicht bei allen selbstverständlich. Denn obwohl sich alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus Pflege, Hauswirtschaft und Verwaltung erkennbar über die schon am Freitag zahlreich erschienenen Besucher freuen, ist das Bedauern darüber zu spüren, dass das Haus Ahorn am 31. März endgültig Geschichte sein wird. Auch einige Besucher sagen, wie schade das sei. Doch das Haus entspricht nicht den modernen Anforderungen, man müsste zu viel in die Bäder, den Brandschutz und die Energieeffizienz investieren – „ein Seniorenheim wird das nicht mehr“, ist sich die Pflegemitarbeiterin Veronika Kanzler sicher.
Die Senioren haben alle einen anderes Zuhause gefunden
Die bislang rund 70 Bewohnerinnen und Bewohner haben glücklicherweise „und viel schneller als erwartet“ ein neues Zuhause gefunden – und sogar im näheren Umfeld, sagt die Heimleiterin und Geschäftsführerin Andrea Stoll. „Es hat sich herausgestellt, dass es einige freie Plätze gab, die nur wegen Personalmangels nicht belegt werden konnten.“ Da mit dem Ende von Haus Ahorn aber auch rund 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich einen neuen Job suchen müssen und zum größten Teil schon gefunden haben, konnte das Personalproblem gelöst werden. Für Stoll ist die Schließung der Seniorenwohnanlage ein harter Einschnitt. Sie war von Anfang an, seit Februar 1993, mit dabei. Jetzt sind nur noch wenige Gäste zur Kurzzeitpflege da.
Auch für Sabine Schmid, die seit 18 Jahren in der Hauswirtschaft im Haus Ahorn arbeitet, schwingt Wehmut im bunten Flohmarkttreiben mit. „Beim Ausräumen sind viele Erinnerungen hochgekommen“, sagt sie. Auf dem Tisch, der vor ihr steht, sind ungeöffnete Lebensmittel wie Zucker, verschiedene Gewürze oder auch Honig in bunt gemischten Grüppchen aufgestellt, im Regal daneben stehen saubere Putzeimer samt Lappen, Schwamm und Putzmittel.
Überhaupt ist alles sauber und nach Gruppen sortiert. Was angesichts der schieren Menge auch nötig ist. „So viele Sachen, man sieht gar nicht alles auf einmal“, staunt eine Besucherin. Kurz nach dem Eingangsbereich locken Gemälde, die Frühjahrsdeko wird getrennt von der Weihnachtsdeko angeboten, Kleinmöbel und Lampen sind in einem Raum aufgestellt, Stühle im nächsten. In einem weiteren Zimmer findet sich alles Mögliche aus der Haustechnik – Bohrmaschinen, Ventilatoren und Fernsehgeräte, Energiesparlampen, Radiorekorder und, und, und. Nur ein einsamer Kleintierstall steht etwas verloren an der Wand.
Auch Antiquitäten und Stilmöbel sind zu haben
Auch Antiquitätenliebhaber kommen auf ihre Kosten. Es gibt alte Tretnähmaschinen samt Ständer, historische Skier und Wanderstiefel, auch ein Waschbrett und ein uraltes Radio sind zu haben – alles Dinge, die die älteren Bewohner noch aus ihrer Jugend kannten. Bei den Möbeln sind vor allem die Stilmöbel gefragt. Auf einigen klebt schon am Freitagvormittag, wenige Stunden nach Öffnung des Flohmarkts, ein Zettel mit dem Hinweis „verkauft“.
Überraschend gut gehen auch Pflegeartikel wie Inkontinenzeinlagen oder Einmalhandschuhe weg, eine Beratung durch die Fachkräfte gibt es kostenlos mit dazu. Eine junge Frau nimmt von den Handschuhen gleich zwei Päckchen mit. Sie arbeite zwar selbst in der Betreuung, erzählt sie, aber die brauche sie privat „für Oma und Opa“. Lediglich die Betten und anderes, das man in einem Privathaushalt eher nicht oder zumindest nicht in so großer Zahl braucht, seien mit einem Lastwagen des Gustav-Adolf-Werks nach Slowenien transportiert worden. Anderes, wie Lifter oder Wagen, seien an umliegende Einrichtungen gegangen, berichtet Andrea Stoll. Doch noch sind nicht alle Schränke leer geräumt. Deren Inhalt und das, was an diesem Wochenende übrig bleibt, gibt es dann bei einem zweiten Flohmarkt in vier Wochen.
Wo und wann ist der Flohmarkt zu finden?
Adresse
Die Seniorenwohnanlage Haus Ahorn befindet sich in Beilstein im Ilsfelder Weg 2.
Öffnungszeiten
Der Flohmarkt kann noch am Samstag und Sonntag zwischen 10 und 17 Uhr besucht werden. Ein zweiter Flohmarkt ist exakt vier Wochen später geplant.