Bei der Kunst von Claude Wall empfiehlt es sich, zweimal hinzuschauen. Foto: Ingrid Sachsenmaier

In der Städtischen Galerie am Marktplatz in Fellbach stellt der Stuttgarter Künstler Claude Wall aus. Seine Kunst unter dem Titel „Ich reite und mein Pferd geht zu Fuß“ ist ungewöhnlich – der Besucher ist gefordert, sich darauf einzulassen.

Es kommt immer auf die Betrachtungsweise an, auf die Betonung und den Fokus. Das gilt nicht nur für die Ausstellung von Claude Wall, in der er in der Galerie der Stadt Fellbach Malerei und Skulpturen zeigt.

 

Claude Wall hat als Künstler eine ausgesprochen dezidierte Meinung, in seinem Kopf knistert und rattert es, wenn er von Kunst redet, Vergleiche anstellt, Zusammenhänge knüpft und schnell wieder kappt, Historie und Gegenwart aufeinander treffen lässt, verschleiert und verbindet, aufnimmt und auflöst, Gegensätze hervorhebt und Gegenständliches in den Fokus stellt, Bilderserien aufruft und in zeitliche Kontexte stellt, Verfremdungen vornimmt und dreidimensional Konkretes dagegen setzt. Ungewöhnlich, herausfordernd, verfremdend, eigensinnig und gewöhnungsbedürftig. Wie der Titel der Schau „Ich reite und mein Pferd geht zu Fuß“. Ja, es gibt Pferdeskulpturen in der Ausstellung, und ja, der Besucher wird auf einen Weg geschickt.

Holzleim spielt eine wichtige Rolle

Claude Wall nutzt die ungewöhnliche Architektur der eigenwilligen Galerieräume voll aus und zeigt auf drei Ebenen seine Arbeiten, jede Etage hat ihre spezielle Aura. Er stellt die Kunst sich gegenüber und nutzt die sich gegenüberliegenden Wände, seine Kunstwerke „schauen sich an“. Er arbeitet mit dreidimensionalen Tierfiguren – gemäß dem Titel auch mit Pferdefiguren. Der Titel der Ausstellung macht stutzig, lässt lächeln, verführt zum Schmunzeln und Nachdenken. Aber das sind oberflächliche Reaktionen, denn die Feststellung, dass wir auf dem Rücken des Pferdes reiten, während dieses zu Fuß unterwegs ist, ist ja korrekt.

Ist das auch so in der Kunst, müssen wir genauer hinschauen, müssen wir mehr hinterfragen, oder sollen wir uns unbeschwert einlassen, den ersten Eindruck wirken lasse? Nicht zwingend hinterfragen, sondern Dinge stehen lassen? Im Gespräch formuliert Claude Wall eher als Nebensatz den Gedanken: „Was dargestellt ist, ist gar nicht so wichtig.“ Verschleiert und überzieht er deshalb Motive aus der Kunstgeschichte und von namhaften Künstlern hinter und mit mehreren Schichten Ponal, dem Holzleim?

Durch diese „ponale“, händisch aufgetragene Verfremdung erfahren die Bilder eine distanzierende Eleganz. Claude Walls künstlerisches Vorgehen kann als Aneignung im eigentlichen Sinne bezeichnet werden. Der Künstler bezieht fremde Werke aus anderen Epochen in seine eigenen Bilder ein, lässt neue Serien und Ensembles entstehen. Er schafft neue Bildzusammenhänge unter Einbeziehung der vermeintlichen Originale. „Er verleiht der Ausstellung etwas Aristokratisches, Herr und Diener fallen uns ein, ein Hauch von Adel. Verknüpft wird dies mit einem Rekurs auf die Kunst des beginnenden 20. Jahrhunderts. Über mehrere Schritte führt die Ausstellung gezielt auf einen hoch konzentrierten letzten Raum zur Reflexion über Avantgarden, Träume der Nachhut und gebliebene Wünsche“, heißt es in der Ankündigung.

Der Künstler will oft live dabei sein

Claude Wall ist in Fellbach kein Unbekannter. Der in Stuttgart lebende Künstler hat schon hier ausgestellt, er war Teilnehmer der vierten Triennale und sitzt als Künstler und Vertreter des Vereins der Freunde der Triennale im Kuratorium der Kleinplastikausstellung, die heuer ihre 17. Auflage erfährt. Der damalige Oberbürgermeister Friedrich-Wilhelm Kiel hatte ihn in das Gremium berufen. Man brauche „auch die Stimme eines Künstlers“, argumentierte er.

Claude Wall wird bei der Vernissage an diesem Donnerstag, 30. Januar, von 19 Uhr an anwesend sein und möchte mit dem Publikum ins Gespräch kommen.

Wall will während der Ausstellung immer wieder vor Ort dabei sein und mit Interessierten durch die Räume gehen. Die Termine dafür hinterlässt er rechtzeitig am Infotresen bei der Galerie.

Die Ausstellung in der Galerie der Stadt Fellbach am Marktplatz ist bis 23. März zu sehen, bei freiem Eintritt jeweils dienstags bis sonntags von 14 bis 18 Uhr.