Geschäftsführerin Karin Woyta im Stall auf dem Jebenhäuser Waldeckhof, den die Staufen Arbeits- und Beschäftigungsförderung seit dem Jahr 2000 gepachtet hat. Foto: Martin Paule

Am Sonntag wird die gemeinnützige Staufen Arbeits- und Beschäftigungsförderung 25 Jahre alt. Geschäftsführerin Karin Woyta über wachsende Bürokratie und das Missverhältnis zwischen lobenden Worten und finanzieller Ausstattung.

Göppingen - Vor 25 Jahren hat Karin Woyta die gemeinnützige Staufen Arbeits- und Beschäftigungsförderung (SAB) gegründet, die seither Projekte vor allem für Langzeitarbeitslose auf den Weg gebracht hat. Was treibt die Geschäftsführerin an?

Frau Woyta, Sie feiern am Sonntag auf dem Waldeckhof 25 Jahre SAB. Ist Ihnen überhaupt zum Feiern zumute nach den vergangenen Monaten?

Die Monate der Pandemie waren auch für uns nicht einfach – im Bereich der Gastronomie und auch anderen Projekten sind uns die Einnahmen weggebrochen. Aber: Wir wollen dennoch am Wochenende auf die vergangenen 25 Jahre zurückblicken und unsere Arbeit vorstellen, die in dieser Zeit immer wichtiger geworden ist. Die Coronazeit hat auch gezeigt, wie wichtig Arbeit und Unterstützung für unsere Teilnehmenden sind.

Was waren und sind für Sie die größten Herausforderungen?

Es stand ja immer wieder in der Zeitung: Die Finanzierung unserer Arbeit bewegt mich am meisten. Die Projekte und damit auch die Gelder, die von EU, Bund und Ländern kommen, sind in der Regel zeitlich befristet. Das bedeutet für mich und für uns: Anträge schreiben, Anträge schreiben, Anträge schreiben. Diese Bürokratie hat in den vergangenen Jahren immer mehr zugenommen und frisst viel Zeit, die wir eigentlich in die Arbeit mit den Menschen investieren wollen. Und uns bewegt die Sorge, ob nach der Coronapandemie unsere Leute überhaupt noch bei der Politik einen Stellenwert haben. Auf der anderen Seite – das will ich betonen – gibt es viel Unterstützung aus der Region.

Wie sieht die Unterstützung für Ihre Arbeit denn aus?

Es gibt viele Unterstützer, die unsere Arbeit mit Spenden fördern. Das ist unheimlich wichtig – sei es der einzelne Privatspender, oder Firmen und Institutionen, die uns mit Geld oder Sachleistungen fördern. Wir bekommen auch Mittel vom Landkreis und vom Europäischen Sozialfonds, mit denen wir die unterschiedlichen Projekte finanzieren. Wir sind sehr dankbar für die immer wieder große Welle der Hilfsbereitschaft. Jeder Cent kommt bei uns direkt an. Und: Die Zusammenarbeit im Landkreis ist absolut prima. Unser Hauptkooperationspartner oder „Auftraggeber“ ist ja das Jobcenter. Ich kann mich auf alle Absprachen verlassen, wie auch ich ein verlässlicher Partner sein will.

Welchen Personenkreise unterstützen Sie?

Die Projekte sind unterschiedlich. Unsere Hauptklientel sind Langzeitarbeitslose, aber auch für andere Gruppen – wie zum Beispiel Geflüchtete – sind sie gedacht. Die Vielfalt der Projekte liegt an den unterschiedlichen Bedürfnissen unserer Teilnehmer. So gibt es Angebote mit den verschiedensten physischen und psychischen Anforderungen. Man kann draußen und drinnen arbeiten, für Frauen aus unserem Personenkreis haben wir ein Projekt geschaffen, in dem sie unter sich sein können. Es müssen immer Bereiche dabei sein, in denen man niederschwellig Zugang zur Arbeit hat, die ich aber auch dann immer weiterentwickeln kann. Im Optimalfall bis hin zur Ausbildung oder Vermittlung.

Wie ist die Erfolgsquote bei den Vermittlungen?

Wir vermitteln regelmäßig Teilnehmer in den „ersten“ Arbeitsmarkt. Da gibt es viele positive Beispiele, die zeigen, dass unsere Maßnahmen Sinn machen. Natürlich können wir nicht jedem helfen – aber im Allgemeinen klappt es ganz gut. Insgesamt geht es in allen Projekten und unserer gesamten Arbeit um das Thema „soziale Inklusion“, also gesellschaftliche Teilhabe und das Erarbeiten von Perspektiven im Leben.

Worauf sind Sie besonders stolz?

Auf die ganze SAB – das ganze Team, unsere Teilnehmer und unsere Partner. Dass es uns bei allen Herausforderungen nach wie vor gibt, macht mich schon stolz. Und auch, dass wir immer wieder als positives Beispiel genannt werden: Wir haben den Waldeckhof in Brüssel vorstellen dürfen und spüren auch ein großes Interesse der Politik. Die Anerkennung ist da – wenn wir aber so viel Geld hätten wie Urkunden, Auszeichnungen und lobende Worte über uns, wären unsere Sorgen geringer.

Warum liegen Ihnen die Nöte der Langzeitarbeitslosen so am Herzen?

Ich kenne die Problematik wie „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ und „alleinerziehend“ aus meinem eigenen Lebensweg, der auch nicht immer den geraden Weg genommen hat. Das Thema Arbeitslosigkeit ist mir nicht fremd – darum weiß ich aus eigener Erfahrung, wie wichtig Unterstützung sein kann.

Projekt zur Integration benachteiligter Menschen

Persönliches
 Als Geschäftsführerin trägt Karin Woyta seit 1996 Verantwortung für die SAB und seit 2000 für den Waldeckhof. Sie ist Gartenbauingenieurin und hat schon früh im sozialen Bereich gearbeitet. Für ihr Engagement bekam sie das Bundesverdienstkreuz.

Projekt
 Der Waldeckhof liegt im Stadtteil Jebenhausen. Der Hof ist ein Projekt zur Integration benachteiligter Menschen, die in diesem und noch weiteren zehn Projekten wie zum Beispiel im Gartenbau, im Hofladen und im Hofcafé, oder im Göppinger Lokal Suppentöpfle beschäftigt und qualifiziert werden. Der Waldeckhof wird landwirtschaftlich genutzt. Er umfasst 19 Hektar Acker- und Grünland. Daneben erfolgt eine extensive Tierhaltung mit Milchschafen, Ziegen, Schweinen, Rindern, Hühnern, Gänsen, Puten und Hasen.