Charlotte Stanke macht ein Parktkum in einem Stuttgarter Steinmetzbetrieb. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Beim Handwerk-Roadtrip durch Deutschland machen Charlotte Stanke und Marvin Möller 44 Praktika in 150 Tagen. Zwei Tage waren sie nun in Stuttgart.

Stuttgart - Fotograf, Mechatroniker, Sattler, Bootsbauer, Schreiner, Friseur: In diese und zahlreiche andere Handwerksberufe hat Charlotte Stanke bisher hineingeschnuppert. Nun war sie für zwei Tage in Stuttgart: Im Betrieb Schönfeld lernte sie die Berufe des Steinmetzen und Steinbildhauers kennen. Die Flensburgerin ist mit dem Hamburger Marvin Möller auf einem Roadtrip kreuz und quer durch Deutschland unterwegs, 5800 Kilometer von Ost nach West, Nord nach Süd mit einem kleinen Bus, um in 150 Tagen 44 Praktika zu absolvieren. In Hamburg ging es am 1. August in einem Dachdeckerbetrieb los, am 22. Dezember wird die Tour in Bayern enden. Station 36 und 37 lagen im Bezirk der Stuttgarter Handwerkskammer: Während die 20-jährige Charlotte in Stuttgart Steine glättete und eine Schrift hineinhaute, sammelte der 19-jährige Marvin in Weil der Stadt beim Bauunternehmen Gottlob Stäbler GmbH & Co. KG Eindrücke im Berufsbild „Beton- und Stahlbetonbauer/-in“. Damit auch andere Jugendliche von ihren Erfahrungen profitieren, geben die beiden auf ihrem Facebook- und Instagram-Kanal täglich Einblicke in die Welt des Handwerks

Sattler und Fotografen stehen hoch im Kurs

Der Roadtrip der Rekordpraktikanten wird organisiert vom Zentralverband des Deutschen Handwerks und ist Teil der Kampagne #einfachmachen. „Junge Menschen sollen mit diesen zwei, drei Tage dauernden Praktika in die verschiedenen Handwerksberufe auf unkomplizierte Weise hineinschnuppern können und einen Einblick in die Aufgaben und Abläufe bekommen“, sagt Gerd Kistenfeger, Pressesprecher der Handwerkskammer Region Stuttgart. Der Vorteil: „So können sie feststellen, ob ein Handwerksberuf etwas für sie ist und welcher ihnen gefallen könnte.“Was ihr liegt, weiß Charlotte: „Nicht nur am Schreibtisch vor dem Computer sitzen und telefonieren. Lieber etwas, bei dem ich etwas Kreatives mache und konzentriert vor mich hin arbeiten kann – wie an diesem Stein.“ Besonders gefallen habe es ihr auch beim Fotografen oder beim Sattler. „Wenn man sieht, wie viele Stunden Arbeit, Material und Details da drinstecken, versteht man den Preis.“ Sie habe dort gar etwas für ihr Pferd gefertigt: „Einen Stirnriemen“, erzählt sie. Auch im Steinmetz-Betrieb Schönfeld gefällt es ihr. „Man hat in allen Berufen das Gefühl, etwas fertig zu machen, was man gleich sieht und anfassen kann. Das ist das Schöne am Handwerk.“ Ihr Chef für zwei Tage, Steinmetz- und Bildhauermeister Christian Schulz, billigt ihr viel Talent zu. „Ich könnte sie mir durchaus als Azubi bei uns vorstellen“, sagt er. Geht es doch in seinem Betrieb nicht nur um Maschinen, sondern viel um Handwerklichkeit: Sein Betrieb führt auch allerlei Aufträge im Bereich Denkmalschutz aus. Vom Handwerksverband angesprochen, war Schulz gleich bei der Kampagne dabei. Obwohl es nur wenige Tage seien, könne man während der Schnupperlehre erkennen, ob ein junger Mensch zu ihnen passe, so Schulz. „Und er weiß dann gleich, was in der Ausbildungszeit und später im Beruf auf ihn zukommt.“ Das beuge Ausbildungsabbrüchen vor. Auch die Restauratorin Sarah Larisch, eine seiner 14 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, findet die Tour gut – weil sie jungen Menschen Orientierung biete: „Bei uns gab es das nicht“, so Larisch. „Ich hätte so eine Möglichkeit – während oder gleich nach meiner Schulzeit – auch gerne gehabt, um mich auszuprobieren.“