Bis zu 17 000 Euro können Berufseinsteiger nach dem Studium mehr pro Jahr verdienen, wenn sie die richtige Branche wählen. Auch Studienfach und Arbeitsort machen einen jährlichen Unterschied von Tausenden Euro aus.
Stuttgart - Trotz Coronakrise – in vielen Branchen geht es wieder aufwärts. Das lässt sich auch an der Zahl der ausgeschriebenen Stellen ablesen. Bei der Online-Jobplattform Stepstone etwa liegt diese derzeit mehr als ein Viertel über dem Vor-Krisen-Niveau, sagt Gehaltsexpertin Lea Schröder. „Gerade wer in den Beruf einsteigt, hat aktuell herausragende Jobchancen.“
Wie groß die Auswahl ist, hängt stark von der Branche ab. Das trifft auch auf das Gehalt zu. Hier gilt: Noch mehr als die aktuelle Nachfrage bestimmen der gewählte Beruf und die Branche, wie viel ein Berufseinsteiger nach seinem Studium verdient. Wer sich für mehr als einen Beruf begeistern kann oder hinsichtlich der Branche flexibel ist, für den lohnt es sich, genau hinzuschauen. Denn die finanziell richtige Wahl kann schon beim Berufsstart jährlich einen Unterschied im Wert eines günstigen Mittelklassewagens ausmachen.
Das Jahresbruttogehalt beträgt im Schnitt 45 400 Euro
Stepstone hat hierfür 2020 die Daten von rund 13 000 Einsteigern mit akademischer Ausbildung und maximal zwei Jahren Berufserfahrung ausgewertet. Da seitdem die Gehälter stagnierten beziehungsweise nur leicht stiegen, haben sich die Daten kaum verändert.
Im Jahresschnitt können Berufseinsteiger mit einem Studium mit einem Bruttojahresgehalt von rund 45 400 Euro rechnen. Hier sind Boni, Provisionen und Prämien eingerechnet, sie wirken sich vor allem zu Berufsanfang in der Regel nur geringfügig aus. Wobei Studium nicht gleich Studium ist. Mit einem Master lässt sich am ersten Arbeitsplatz im Schnitt rund 5000 Euro mehr als mit einem Bachelor pro Jahr verdienen. Wer promoviert, bekommt statistisch 9000 Euro auf den Master obendrauf.
So wirkt sich das Studium auf das Gehalt aus
Und dennoch verdient ein promovierter Designer in der Regel weniger als ein Ingenieur. Denn bereits die Wahl des Studiums bestimmt maßgeblich die Höhe des Gehalts. Beispiel Master und vergleichbare Abschlüsse: Hier stehen jene Berufseinsteiger finanziell auf der Sonnenseite, die Medizin studiert haben – das Jahresgehalt beträgt im Schnitt 59 486 Euro.
Studierte Wirtschaftsingenieure (52 832 Euro) und Juristen (52 329 Euro) komplettieren die Top 3. Ähnlich gut schneiden Informatiker (50 978 Euro) und Ingenieurwissenschaftler (50 774 Euro) ab.
Mit etwas Abstand folgen Wirtschaftswissenschaftler (46 931 Euro), Psychologen (46 357 Euro), Naturwissenschaftler (43 745 Euro) und Erziehungswissenschaftler (41 934 Euro).
Das geringste Gehalt können Studenten der Philosophie und Geisteswissenschaften (36 531 Euro) und Geschichts- und Kulturwissenschaftler (36 946 Euro) erwarten. P olitik- und Sozialwissenschaftler (40 652 Euro), Designer (40 470 Euro), Architekten (39 580 Euro) und Geowissenschaftler (39 816 Euro) liegen im Mittelfeld.
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Es fällt auf, dass Absolventen von eher technisch, naturwissenschaftlich oder wirtschaftlich orientierten Studiengängen schon früh gut verdienen. Bei Juristen wiederum ist Rechtswissen gerade in der freien Wirtschaft gefragt. Wer beispielsweise Philosophie studiert hat, kann nur hoffen, dass Wissen und Methodik in gut bezahlten Branchen gefragt sind. Hier unterscheiden sich Einstiegsgehälter um bis zu 17 000 Euro.
So wirkt sich die Branche auf das Gehalt aus
Wer im Süden wohnt, den überrascht es nicht, dass studierte Berufseinsteiger im Automobilbau mit im Schnitt 51 664 Euro im Jahr am meisten verdienen – wobei hier die Beschäftigungen bei den Zulieferern den Schnitt noch drücken. Ähnlich erfolgversprechend ist der Start in der Luft- und Raumfahrt (51 132 Euro) sowie in der Chemie- und erdölverarbeitenden Industrie (49 874 Euro).
Noch immer gut bezahlt sind auch Jobs bei Banken (49 827 Euro Jahresgehalt), in der Pharmaindustrie (49 794 Euro), im Maschinen- und Anlagenbau (49 164 Euro) sowie in Unternehmensberatungen (48 934 Euro) – und damit in umsatzstarken Wirtschaftszweigen im Land.
Am wenigsten verdienen Einsteiger ausgerechnet in jenen Branchen, die in der Coronakrise am stärksten gelitten haben. In Hotel, Gastronomie und Catering beträgt auch nach einem Studium das Jahressalär im Schnitt nur 34 048 Euro. Nur geringfügig besser sieht es für Absolventen in den Branchen Freizeit, Touristik, Kultur & Sport (36 086 Euro) und Agentur, Werbung und Marketing (36 593 Euro) aus. Medienschaffende kommen am Anfang im Schnitt auf 38 044 Euro im Jahr.
Dazwischen gibt es ein breites Mittelfeld, das von Elektrotechnik, Feinmechanik und Optik (48 724 Euro) bis zur Bildungsbranche (40 493 Euro) reicht.
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Das Gehalt hängt auch vom Bundesland ab
Mobile Gehaltsfüchse können ihren Verdienst auch steigern, wenn sie die Region oder das Bundesland wechseln. Vereinfacht gesagt hängt die Höhe des Gehalts auch vom Firmensitz ab. Hier gibt es tendenziell ein West-Ost und ein Süd-Nord-Gefälle. Im Schnitt ist das durchschnittliche Jahressalär von studierten Berufseinsteigern in Baden-Württemberg (47 800 Euro), Bayern (47 400) und Hessen (46 400 Euro) am höchsten. Hier spielt vor allem der starke Automobil- und Maschinenbau eine große Rolle. Am wenigsten verdient man in Sachsen (38 400 Euro) und Sachsen-Anhalt (39 400 Euro).
Auch auf die Lebenshaltungskosten kommt es an
Allerdings sollte man genau rechnen, in welchem Bundesland der unterschiedlichen Lebenshaltungskosten wegen tatsächlich mehr vom Gehalt übrig bleibt. Zieht man durchschnittliche Ausgabe für Miete, Verkehr, Lebensmittel und Freizeit ab, dann zeigt sich ein anderes Bild. In Stuttgart etwa bleibt nach Stepstone-Berechnungen im Schnitt noch 16 Prozent des Nettoeinkommens übrig, in Freiburg 18 Prozent und in Karlsruhe 30 Prozent. In Leipzig und Dresden hat man am Monatsende noch 34 bzw. 21 Prozent des Nettoverdiensts.
Je größer das Unternehmen, desto höher das Gehalt
Deshalb ist es für Gehaltsjäger schlauer, beim Berufseinstieg auf die Größe des Unternehmens zu schauen. Während der Start in einer Firma mit bis zu zehn Mitarbeitern ein durchschnittliches Jahressalär von rund 40 000 Euro garantiert, erhält man bei einem Konzern mit mindestens 10 000 Beschäftigten im Schnitt über 10 000 Euro mehr.
Auch hier sollte man sich aber überlegen, ob man zum Start seiner Karriere nicht vor allem viele Erfahrungen sammeln und Verantwortung übernehmen will. Das fällt in mittelständischen Unternehmen in der Regel leichter. Auch ist die Arbeitsatmosphäre in der Regel familiärer und die Hierarchie flacher.
Wie wohl man sich fühlt, bestimmt nicht das Gehalt
Überhaupt empfehlen Berufsberater, nicht nur beim Berufseinstieg sondern auch schon beim Studium auf das eigene Bauchgefühl zu hören. Denn Geld als Motivation macht auf die Dauer niemanden glücklich. Und wenn die tägliche Arbeit zur Last wird, kann der Weg sogar in die Depression führen – und der Weg auf der Karriereleiter schon früh zu Ende sein. Was nicht heißt, dass man seinen Wert nicht kennen dürfe – deshalb sollte man aber nicht mit einer fixen Gehaltsvorstellung in ein Vorstellungsgespräch gehen, raten die Experten – vor allem nicht als Berufseinsteiger.
Auch Stepstone-Gehaltsexpertin Schröder sieht das ähnlich. „Häufig weiß man beim Berufseinstieg gar nicht, welches Gehalt realistisch ist – und man ist sich unsicher, was man bei der Bewerbung fordern kann. Das Thema ist nach wie vor ein Tabu in Deutschland.“
Wer studiert, steigt höher ein
Verdienst
Zum Berufsstart verdienen Beschäftigte mit akademischem Abschluss rund 16 500 Euro mehr als Beschäftigte ohne Studium. Eine abgeschlossene Hochschulausbildung hat damit schon zu Beginn der Karriere einen hohen Einfluss“, sagt Korbinian Nagel, Arbeitsmarktökonom bei Onlineportal Gehalt.de. „Stellen, die einen akademischen Abschluss erfordern, werden grundsätzlich höher vergütet, da sie komplexer sind und häufig Personal- und Umsatzverantwortung beinhalten.“
Gerechtigkeit
Die Berufswelt ist nicht gerecht, was das Gehalt angeht. Gleich gute oder gleich fähige Absolventinnen und Absolventen werden nicht nur aufgrund von Studium, Beruf und Branche unterschiedlich bezahlt. Auch Frauen verdienen beim Berufseinstieg noch immer im Schnitt rund 5000 Euro im Jahr weniger als Männer. Das wiederum hat maßgeblich – aber nicht nur – damit zu tun hat, dass Frauen in schlechter bezahlten Berufen und Branchen arbeiten.