Foto: dpa

Kleopatras Beziehungen zu Marcus Antonius und Cäsar: Mit Romantik hatten sie wenig zu tun.

Kairo/Rom - Als betörende Schönheit verehrt, als skrupellose Herrscherin gefürchtet, als Hure geschmäht: Kleopatra und ihre Beziehungen zu Marcus Antonius und Cäsar, zwei der mächtigsten Männer ihrer Zeit, faszinieren seit Jahrhunderten Schriftsteller und Historiker. Mit Romantik hatten sie indes wenig zu tun.

"Sie ist ja nett, aber sie gerät leicht in Zorn - dabei hat sie so eine hübsche Nase." Mit verzücktem Blick schaut Cäsar Kleopatra hinterher. Asterix, Obelix und Miraculix wird es wegen "dieser Nase" wenige Comicseiten später ähnlich ergehen. Kleopatras Schönheit ist legendär, nicht erst seit René Goscinny und Albert Uderzo ihr eine bleistiftspitze Nase verpasst haben.

Seit mehr als 2000 Jahren erregt die Königin vom Nil die Fantasien von Schriftstellern wie Historikern. Meist wird sie dabei auf ihr Äußeres reduziert und wegen ihrer Wirkung auf Männer von Plinius dem Älteren bereits 77 nach Christus als "Königin Hure" abgestempelt. Dabei hat sie die Männer keineswegs reihenweise um den Finger gewickelt - und erst recht nicht ohne Hintergedanken. Schließlich regiert Kleopatra im 1. Jahrhundert vor Christus über Ägypten, damals das reichste Land der Welt. Obendrein gilt sie als äußerst ehrgeizig und intelligent, beherrscht angeblich neun Sprachen fließend und beschäftigt sich gern mit mathematischen und philosophischen Fragen. "All das macht sie attraktiver als ihr Aussehen, das wegen ihrer Nase und ihrer geringen Körpergröße eher durchschnittlich war", sagt Christoph Schäfer, Althistoriker und Kleopatra-Biograf. Er schwärmt von der "versierten Politikerin", die bei der Wahl ihrer Liebschaften vor allem auf eins achtete: auf ihre politische Karriere.

So wirkt es auf den ersten Blick zwar höchst romantisch, dass sie sich 48 vor Christus dem römischen Feldherrn Julius Caesar bei der ersten Begegnung vor die Füße gelegt haben soll, bevor sie Marcus Antonius für sich gewinnen wird. Der Legende nach lässt sie sich in einen Teppich verpacken, um überhaupt in den Palast zu gelangen. Aus dem Treffen mit Cäsar wird eine Affäre und daraus ein Kind. Die ausgeklügelte Strategie: Kleopatra lässt sich von Caesar wieder auf Ägyptens Thron heben, und sie sieht Sohn Cäsarion bereits als Herrscher über ein römisch-ägyptisches Großreich.

Auch Caesar denkt wenig romantisch

Und auch Caesar denkt wenig romantisch, wenn er sich in seiner Sänfte zur Geliebten tragen lässt: Um seine Macht in Rom zu behalten, will er sich nicht von seiner Ehefrau Calpurnia scheiden lassen, weil diese die Tochter eines einflussreichen Senators ist. Und in Kleopatra sieht er vor allem eine gute Gelegenheit, sein Reich zu vergrößern. "Zu dieser Zeit hatten Ehen in Rom selten etwas mit Liebe zu tun", sagt Historiker Schäfer. So verwundert es auch nicht, dass sich Kleopatra kurz nach Caesars grausamer Ermordung durch 23 Messerstiche wieder einem Rendezvous hingibt, bei dem die Liebe erneut eine untergeordnete Rolle spielt. Sie hat es auf Cäsars Nachfolger, Marcus Antonius, abgesehen.

Mit nicht mehr als einer goldenen Krone, einer Perlenkette und - vielleicht noch - einem Perlentanga bekleidet, liegt Kleopatra 41 vor Christus in Tarsus - im Süden der heutigen Türkei - auf ihrer vergoldeten Prachtgaleere. Sie verkörpert keine Geringere als die Göttin Isis, die Göttin der Liebe. Wieder verknüpft Kleopatra eine Liebesbeziehung mit der Sicherung ihrer politischen Macht. Wieder werden - aus dynastischen Überlegungen - Kinder geboren, dieses Mal gleich drei. Wieder hatte auch ihr Geliebter politisch motivierte Ziele: Marcus Antonius brauchte Ägyptens Getreide für sein Heer. "Zumindest gegen Ende dieser Beziehung merkt man aber, dass die beiden nicht nur strategisch handeln, sondern auch Emotionen im Spiel sind", sagt Schäfer.

So berichtet der griechische Schriftsteller Plutarch von opulenten Banketten und anderen Schwelgereien des Paares. An einem dieser feuchtfröhlichen Abende soll Kleopatra auch die teuerste Perle der Welt in einem Glas Essig aufgelöst und hinuntergekippt haben - nur um eine Wette gegen ihren Geliebten zu gewinnen. Zehn Millionen Sesterzen könne sie bei einem einzigen Mahl verspeisen, hatte die Königin geprahlt - und mal wieder ihren klugen Kopf bewiesen.

Marcus Antonius hat sie inzwischen ebenjenen so weit verdreht, dass er - obwohl wie Caesar anderweitig verheiratet - Kleopatra und die drei Kinder als Erben des römischen Reichs in sein Testament schreibt. Hinzu kommt der Wunsch, neben der ägyptischen Königin in Alexandria bestattet zu werden. Politisch gesehen hätte das Paar besser auf eine zu emotionale Beziehung verzichtet. Denn kaum erfährt Octavian, der Rivale Marcus Antonius', von diesem Testament, erklärt er den beiden den Krieg. Im September 31 vor Christus verlieren sie die entscheidende Seeschlacht bei Actium.

Um nicht als Kriegsbeute in Rom vorgeführt zu werden, stürzt Marcus Antonius sich ins Schwert. Und Kleopatra? Beweist selbst bei ihrem Selbstmord noch Köpfchen und inszeniert den Biss durch eine Kobra, das heilige Tier der Göttin Isis. Gestorben ist sie wohl eher an einem Giftcocktail, der ihr einen weniger qualvollen Tod bescherte. "Durch den Schlangenbiss aber hat sie bereits für die Zeit nach ihrem Tod an ihrem Mythos gestrickt", sagt Schäfer. Eine wahre Schlange vom Nil eben.