Bernd Hoffmann hätte einfach Freude daran, Bücher an andere zu verleihen. Vielleicht wird aus seinem Traum bald Wirklichkeit. Foto: Judith A. Sägesser

Bernd Hoffmann hat ein Faible für Literatur. Deshalb will er schon seit einiger Zeit eine kostenlose Bücherei in der Alten Schule in Riedenberg aufmachen. Wer ist eigentlich dieser Bernd Hoffmann?

Sillenbuch - Franz Kafkas „Schloss“ ist ein klarer Fall fürs Bücher-Merkbuch. Bernd Hoffmann zieht das Notizheft aus der hinteren Hosentasche und kritzelt den Titel auf eine freie Seite. In seinem Merkbuch mit dem Tango tanzenden Paar vorn drauf notiert sich der Sillenbucher alles rund um Literatur. Und „Das Schloss“ könnte ihn interessieren, hat er gerade erfahren. Zum einen ist die Hauptfigur K. ein Vermesser – wie Bernd Hoffmann auch. Zum anderen verheddert sich dieser K., klassisch kafkaesk, in den Mühlen der Bürokratie.

Über die Bürokratie könnte er selbst ein Buch schreiben

Ja, die liebe Bürokratie. Darüber könnte Bernd Hoffmann bald selbst ein Buch schreiben. Manchmal kann er gar nicht glauben, was ihm widerfährt. Denn eigentlich will er ja nur Gutes tun. Er will in der Alten Schule in Riedenberg eine Bücherei aufmachen. Eine Bücherei, deren Lesestoff er gratis an seine Mitbürger verleihen will. Einfach, weil er Lust darauf hat. Nach langem Hin und Her hat die Stadt ihr Okay gegeben, wobei immer noch nicht alle Steine aus dem Weg geräumt sind. Ein Statiker muss zunächst beweisen, dass die Alte Schule die Last der Bücher aushalten wird.

Wie lange die Sache schon andauert, beweisen die Kartons in seiner Garage. Dort hat Bernd Hoffmann die rund 80 Kisten aufeinandergestapelt, davor parkt der Rasenmäher. Die untersten Kartons sehen schon ziemlich mitgenommen aus, weil das Gewicht von oben arg drückt. Wird Zeit, dass sie in Regale gereiht werden. Fest steht, er kann nicht alles mitnehmen. Es haben sich schlicht zu viele Bücher angesammelt. „Und es heißt: Qualität“, sagt er. Bücher mit Flecken oder nichtssagende Kochbücher bleiben in der Garage. Bernd Hoffmann, der mit seinen 1,90 Metern gerade so in die Garage passt, greift sich ein Buch aus der Heine-Sammlung und blättert darin. Der Text ist in altdeutscher Schrift. „Wer ist dazu noch bereit?“, fragt er. „Die Bücherei soll kein Antiquariat sein.“

Derzeit katalogisiert Bernd Hoffmann alle Bücher

Bis sein Einzug in die Alte Schule endgültig beschlossen ist, nutzt Bernd Hoffmann die Wartezeit. Zusammen mit einer Helferin katalogisiert er die Bücher und sortiert sie nach Themen und Genres. Bernd Hoffmann hat sich in die Materie eingearbeitet, hat sich Tipps geholt, wie Bibliothekare vorgehen. Und seither wird im Hause Hoffmann fachmännisch Literatur geordnet. 116 Bücher hat er schon. „Es geht voran“, sagt er. Was bei 80 Kisten in der Garage nach wenig klingt, bedeutet viel Arbeit. Von manchen Buchrücken lösen sich leider die Aufkleber, zum Beispiel bei Sokrates. „Da haben wir noch Schwächen“, sagt er. Er ist penibel. Denn auch, wenn er eine Gratis-Bücherei eröffnen will, so soll sie doch professionell daherkommen. Wenn Bernd Hoffmann übers Katalogisieren spricht, grinst er wie ein Geburtstagskind. „Ich bin ordnungsliebend, aber nicht ordentlich“, sagt er.

Es gibt sicherlich viele Leute, die denken, Bernd Hoffmanns heimlicher Berufswunsch sei Bibliothekar gewesen. Das stimmt aber nicht. „Ich wollte mal Förster werden“, sagt er. Dass er dann doch Vermessungstechniker geworden ist, kann er gar nicht richtig erklären. War halt so. Nun ist der Vater von drei jungen Frauen 63 Jahre alt – und sucht nach einer Beschäftigung für den Ruhestand. Die Bücherei erscheint ihm als das Richtige. Schließlich liest er selbst gern – zurzeit vertieft er sich in „Die Holzbarone“. „Lesen bringt mir mehr als jäh vorbeihuschende Bilder“, sagt er.

Ins Merkbuch kommt Merkwürdiges

Es gibt immer wieder Leute, die stellen Bernd Hoffmann ihre alten Bücher vor die Tür. „Ich will nicht noch mehr“, sagt er. „Man verliert den Überblick.“ Wenn ihm ein Titel zu Ohren kommt, der ihn persönlich interessiert, oder der sich in seiner Bücherei gut machen würde, zieht er trotzdem sein Merkbuch mit dem Tango tanzenden Paar vorn drauf aus der Hosentasche. Für Romane wie Franz Kafkas „Schloss“ macht er auch mal eine Ausnahme.