Hessens CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier (li) empfängt den neuen US-Botschafter Richard Grenell und dessen Mutter am Rande des Gedenkens an 70 Jahre Beginn der Berliner Luftbrücke. Foto: dpa

Bei den Gedenkfeierlichkeiten zum Beginn der Berliner Luftbrücke vor 70 Jahren ist der neue US-Botschafter Richard Grenell erkennbar um freundlichere deutsch-amerikanische Töne bemüht. Doch viele deutsche und amerikanische Gäste bezweifeln Sinneswandel.

Frankfurt - Sein Amtsantritt in Deutschland Anfang Mai ist explosiv gewesen: Erst fordert Richard Grenell deutsche Unternehmen per Twitter ultimativ dazu auf, ihr Iran-Geschäft herunterzufahren, weil US-Präsident Donald Trump den Atomdeal mit den Mullahs aufgekündigt hat. Kurze Zeit später sagt der neue US-Botschafter in Berlin der rechten Plattform Breitbart, er wolle die populistischen Kräfte in Europa stärken. Das provoziert viel Empörung. Es zeigt sich: Trump hat einen würdigen Provokateur für den engen Verbündeten gefunden. Die „New York Times“ schreibt im Leitartikel, Grenell vertrete nicht die USA und sollte nicht als ihr Botschafter fungieren.

Gemessen daran fällt Grenells Auftritt bei den Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag des Beginns der Berliner Luftbrücke im US-Generalkonsulat in Frankfurt „ein wenig gedämpft“ und „weniger marktschreierisch“ aus, wie ein US-Gast trefflich kommentiert. „Seinen Gastgeber zu beleidigen, bringt einen ja nicht weiter“, fügt der Republikaner hinzu. Ein anderer US-Bürger mutmaßt, Grenells gemäßigteres Auftreten könnte die Folge von Ermahnungen bei einem Krisengespräch im Auswärtigen Amt sein.

Macht der Geschichte

Vielleicht ist es ja die Macht der Geschichte, die den 51-Jährigen Kalifornier mit dem Zahnpasta-Lächeln zu mehr Demut anhält: Menschen wie der Rosinenbomber Gail Halvorsen, der beim Landeanflug auf Berlin Süßigkeiten für die Kinder abwarf, seien „ein Held für uns alle“, meint Grenell. Er lobt die „Großzügigkeit der Amerikaner“ ebenso wie den Durchhaltewillen der Berliner, von denen einige Zeitzeugen als Ehrengäste im Publikum sitzen. „Was wäre geschehen, wenn die USA und ihre Verbündeten damals zurückgewichen wären“, fragt er rhetorisch und lädt damit, unbeabsichtigt vielleicht, zum Vergleich zwischen dem Führungspersonal damals – Präsident Harry S. Truman, Militärgouverneur Lucius D. Clay – und dem heutigen ein: Trump und Grenell. Mit wenig schmeichelhaftem Ergebnis: Die Verzwergung ist nicht zu übersehen.

Und die Nostalgie wächst weiter, wenn sich der Oberst a. D. Gail Halvorsen per Video-Botschaft aus Utah an die versammelte Festgemeinde wendet, mit seinen 97 Jahren, in der Originaluniform und dem Bundesverdienstkreuz rot und stolz auf seiner Brust. „Das Herz der deutsch-amerikanischen Freundschaft ist der Wunsch, das Leben für andere besser zu machen“, sagt die Halvorsen-Tochter Denise Halvorsen Williams, die anstelle ihres erkrankten Vaters nach Frankfurt gereist war. „Deutschland ist meine zweite Heimat“, zitiert sie ihren Vater.

„Deutschland als zweite Heimat“

Das kann der neue US-Botschafter nicht von sich behaupten. Immerhin, im politischen Teil seiner kurzen Rede sagt er: „Die USA wollen eine stärkere Europäische Union.“ Ob ihm das jemand in der Bürokratie aufgeschrieben hat? Denn die Politik seines Präsidenten verfolgt in Handelsfragen, aber nicht nur da, das genaue Gegenteil. Schließlich lobt Grenell auch noch die Bemühungen der Bundesregierung, ihre Verteidigungsausgaben Richtung längst vereinbartem Nato-Ziel von zwei Prozent der nationalen Wirtschaftskraft zu bewegen.

Zweifel an der Person Grenell und seinen Worten aber bleiben. Auch bei den Gästen in der Wartehalle des Frankfurter US-Generalkonsulats. „Er ist nicht lange geblieben und hat sich kaum mit den Menschen unterhalten“, sagt ein Gast, der schon andere US-Botschafter erlebt hat. Für Deutsche und Amerikaner, die im Schatten des transatlantischen Bündnisses groß geworden sind, für die das westliche Bündnis stets ein historisch gewachsener Garant für Sicherheit und Wohlstand war, sind dies seltsame Zeiten: Trump und seine Abriss-Abgesandten gehen auf dieses Bündnis los. Und der Bundesaußenminister Heiko Maas spricht schon von „angemessenen Gegenmaßnahmen“.