Um den Wettbewerb anzuheizen, sollen künftig auch Discounter Zapfsäulen aufstellen.

Stuttgart - Manche Politiker versuchen regelmäßig mit mehr oder weniger Erfolg, publikumswirksame Ideen unters Volk zu streuen. Meist steht eine Wahl an, oder man will von anderen Problemen ablenken, beispielsweise nach unten zeigenden Popularitätskurven. Beliebt sind die Themen Sicherheit und Geld. Die Vorschläge kommen vorzugsweise von den Freien Demokraten ("Steuer senken!") und haben ihre Wirkung nicht verfehlt, aber auch nichts bewirkt.

Den Aufmerksamkeitseffekt nutzt auch der liberale Bundeswirtschaftsminister, und geschickt hat er das Thema Geld und Auto gewählt. Die Spritpreise sind binnen eines Jahres um mehr als elf Prozent gestiegen und haben bei Super die 1,50 Euro pro Liter überschritten. Davon schluckt allein der Staat 65 Cent an Steuern. Doch als Regierungsmitglied darf Rainer Brüderle (FDP) nicht an den Steuern rühren, und so lenkt er die Aufmerksamkeit auf die Parkplätze der Discounter: Aldi und Lidl könnten doch Tankstellen einrichten und dadurch den Öl-Multis Konkurrenz machen. "Preise bilden sich am besten immer noch durch Wettbewerb", sagt der Minister. "Wenn das Angebot steigt, sinkt der Preis."

Ein Vorbild dafür macht Brüderle in Österreich aus. Dort hat die Aldi-Süd-Tochter Hofer in den zurückliegenden 18 Monaten rund 30 Tankautomaten eingerichtet - minimalistisch ausgestattet, ohne Personal und Shops. Die Kunden zahlen mit Giro- oder Kreditkarte, bei Problemen hilft eine Service-Hotline. Mancher erinnert sich noch an die kilometerlangen Autoschlangen zur Eröffnung der ersten Hofer-Tankstellen in Salzburg im Juli 2009, als Autobesitzer ihre Tanks mit Diesel für 50 Cent füllen konnten. Ansonsten lohnt eine Extra-Tour zu Hofer kaum. Die Literpreise bewegen sich ein paar Cent unter denen der Mineralölkonzerne, abgesehen von Sonderaktionen wie unlängst in Osttirol, als der Liter Super für 99 Cent angeboten wurde. Kein Wunder, dass Brüderles Vorstoß die Fachwelt nicht entbrennt. "Man muss Aldi und Lidl nicht zu solchen Aktionen ermuntern", konstatiert ADAC-Sprecher Andreas Hölzer. "Wäre das Geschäft lukrativ, hätten sie es längst getan." Das Grundproblem liege hier: "Insgesamt ist der Kraftstoff zu teuer."Der Geschäftsführer des Bundes der Energieverbraucher hält es gar für "lebensfern, wenn von kurzfristigen Dumpingaktionen an Aldi-Tankstellen wesentliche Impulse auf mehr Wettbewerb erwartet werden", sagt Heribert Peters. "Auch Discounter haben kein Geld zu verschenken."

Verbraucher müssen Preise vergleichen

Heino Elfers, Herausgeber des Energie Informationsdienstes (Eid), legt noch einen drauf: "Brüderle hat schon immer daneben gelegen, wenn er sich zu Tankstellen und Preisen geäußert hat", lästert er. Die Steuern einmal rausgerechnet, liege Deutschland bei Preisen und Margen an unteren Ende der 27 EU-Länder. Da bleibe wenig Luft nach unten. Tankstellen könnten höhere Margen nur deshalb erzielen, weil sie effizienter arbeiteten als im Ausland. "Wenn Brüderle niedrigere Preise haben will, soll er mal die Steuern senken", fordert er.

Auch die Adressaten sind nicht spontan auf Brüderles Zug aufgesprungen. "Als Unternehmen mit dem Kerngeschäft Lebensmitteleinzelhandel stellen wir derzeit keine konkreten Überlegungen an, Benzin anzubieten", ließ Lidl schlicht vermelden. Aldi, wie immer kryptisch: "Wir bitten Sie um Verständnis, dass wir aus grundsätzlichen Erwägungen zu diesem Thema keine Auskunft geben möchten."Und so verdunstet Brüderles Idee nach wenigen Stunden. Wollen Autofahrer bei Sprit sparen, sollten sie Elfers' Tipp beherzigen: "Das preisliche Auf und Ab an den Tankstellen nutzen", rät er. "Der Verbraucher muss sich allerdings ein wenig bemühen."