Alkoholkonsum am Strand ist verboten – was diese Touristen aber nicht zu stören scheint. Foto: dpa, Getty

Mit Razzien hat die Polizei ein Zeichen gegen den Sauftourismus am Ballermann gesetzt. Mehr aber auch nicht.

Palma - Deutschland ist raus aus der Fußball-WM – aber von Katerstimmung ist auf Mallorca nichts zu spüren. Für die Touristen an der Playa de Palma geht die Party weiter wie immer, trotz der im vergangenen Jahr eingeführten „Benimmregeln“, die die Alkoholexzesse in diesem Sommer eigentlich drastisch eindämmen sollen. In ihren ausgedienten Deutschlandtrikots und Badehose sitzen sie auf einer kleinen Mauer am wohl bekanntesten Strand der Baleareninsel, trinken Bier aus Dosen oder Sangria aus Eimern. Ein junger Mann verschickt ein Video via Smartphone. Er hält seine Alcopop-Flasche in die Kamera und ruft vergnügt: „Saufen!“ Dabei weisen Warnschilder an Betonpfeilern mehrsprachig auf das Verbot des Alkoholkonsums in der Öffentlichkeit hin. Das Trinken ist nur noch in Lokalen erlaubt, nicht aber am Strand und auf der Straße. Auch das Abspielen lauter Musik an der Playa ist untersagt. Bis zu 3000 Euro Strafe drohen. Die Schilder sind jedoch mit Aufklebern deutscher Fußballvereine übersät, als wollten die Touristen sagen: „Was kümmern uns eure Regeln?“

Tatsächlich stellt sich die Frage: Ist es angesichts der Masse an feierfreudigen Urlaubern überhaupt möglich, die Verbote durchzusetzen? Mitte Juni hatte die Polizei in zwei aufeinanderfolgenden Nächten Razzien veranstaltet. Die Botschaft: Dem Sauftourismus geht es an den Kragen. 182 Anzeigen kamen zustande, 88 davon wegen Alkoholkonsums in der Öffentlichkeit. Eine Woche später legten die Sicherheitskräfte nach und erstatteten Anzeige gegen neun Geschäfte, unter anderem wegen des Verkaufs von Alkohol zwischen Mitternacht und acht Uhr morgens sowie wegen der Bewerbung von Alkohol mit Trinkeimern oder Leuchtreklamen. Denn die Benimmregeln sehen vor, dass Alkohol nachts nur in Gaststätten, Bars und Tanzlokalen verkauft werden darf, aber nicht in Läden und am Kiosk. Medien auf Mallorca sprachen von einer „Knöllchen-Offensive“.

Die Saufgelage finden noch immer statt

Gegen die Saufgelage hat aber bisher nichts geholfen. Die Kontrollen seien lächerlich, empört sich Gabriel Barceló, der Vorsitzende des Nachbarschaftsverbands der Playa de Palma. „Wenn ich morgens aus dem Haus und zur Arbeit gehe, rieche ich eine Mischung aus Alkohol, Erbrochenem und Urin. Zu jeder Tages- und Nachtzeit hört man Gekreische und Gegröle der Touristen“, sagt der 54-Jährige angewidert. „Einmal im Jahr macht die Polizei dann eine Razzia, damit man ein Foto in den Medien hat.“ Sein Verband fordert seit Jahren ein härteres Durchgreifen seitens der Stadt Palma. „Wir brauchen diese Razzien jeden Tag, erst dann würde sich etwas ändern.“ Notfalls müsse die Playa de Palma eine eigene Gemeinde werden, um sich selbst besser zu verwalten, sagen mittlerweile immer mehr Bürger.

In der Verwaltung der Inselhauptstadt will man den Vorwurf der Untätigkeit nicht auf sich sitzen lassen. 120 zusätzliche Polizisten habe man für die Sommermonate eingestellt. „Wir gehen weiterhin unerbittlich gegen den Sauftourismus vor“, betont ein Sprecher. Ziel für den Sommer 2018 sei es, mindestens 2000 Verstöße gegen die neuen Regeln zur Anzeige zu bringen. Zudem werde an einem neuen Gesetz gearbeitet, das die aktuellen Sittenregeln an der Playa noch verschärfen soll. Wie hoch die verhängten Bußgelder gegen die Touristen seien, könne er nicht sagen.

Der Druck auf die Verwaltung wächst, denn die Anwohnerverbände haben einen unerwarteten Alliierten gewonnen: die Hotelbetreiber. José Antonio Fernandez de Alarcón, Vizepräsident des Hoteliersverbandes der Playa de Palma, sprach vor wenigen Tagen vielen seiner Kollegen aus dem Herzen: „Wir würden es sehr begrüßen, wenn Bilder von festgenommenen, betrunkenen Urlaubern zu sehen wären. Verhaftet sie, verhängt Strafen, weist sie aus! Wir wollen sie nicht!“ Die Hotelbetreiber seien es satt, Millionen zu investieren, während auf den Straßen das Chaos tobe. Gerade in den Fünfsternehotels werde das zum Problem. „Da kommt kein Gast wieder.“ Ein Staat, der nicht in der Lage sei, vier Kilometer Strand unter Kontrolle zu bringen, habe versagt. „In Deutschland lachen die sich tot über uns.“