Noch beleuchtet: Waiblinger Michaelskirche und NikolauskircheFoto: Gottfried Stoppel Foto:  

Bei aller Rücksicht auf Insekten: die Inszenierung bedeutsamer Gebäude mittels Beleuchtung sei wertvoll, sagt der Touristiker Armin Dellnitz. Auch ein weiterer wichtiger Grund spricht für Illumination.

Waiblingen - Mit dem Nachtwächter unterwegs“, heißt eine der Führungen in Waiblingen, mit der Touristen in die Stadt gelockt und auf die Vorzüge und das historische Ambiente hingewiesen werden sollen. Neben den Aufgaben, denen der Wächter einst nachgehen musste, den Geschichten und Anekdoten dazu, spielt natürlich auch das Ambiente im nicht ganz stockfinsteren innerstädtischen Dunkel eine entscheidende Rolle. Unter anderem mit den in den Abendstunden beleuchteten baulichen Attraktionen wie Michaelskirche, Hochwachturm, Beinsteiner Tor oder dem ohne künstliches Licht kaum zumutbaren Mauergang. Doch dem Nachwächter könnte wegen des Naturschutzgesetzes diese Kulisse abhanden kommen.

Beleuchtungskonzepte können Gebäude hervorheben

Die kunstvolle Inszenierung von historisch bedeutsamen Gebäuden mit Hilfe einer ansprechenden Beleuchtung sei aus touristischer Sicht extrem wertvoll, sagt Armin Dellnitz, der Geschäftsführer von Stuttgart-Marketing. Mit einem durchdachten Beleuchtungskonzept könnten Gebäude in ihrer Bedeutung hervorgehoben werden. Sein klares Statement: „Ich bewerte professionelle Beleuchtungskonzepte sehr positiv.“

Natürlich verstehe er die Anliegen hinsichtlich der sogenannten Lichtverschmutzung, die allerdings lokal und global betrachtet ein weit über die Illumination historischer Bauten hinausgehendes Problem darstelle. Ein „maßvolles Miteinander“, sagt der professionelle Touristiker, der eben auch Attraktionen wie das romantisch erhellte und inszenierte Grabmal der Württemberger am Rotenberg für die Zwecke der Stadt nutzen will, „sollte auch hier der gangbare Weg sein“.

Lichtkunst nicht nur im publikumsarmen Winter

Beleuchtungen dürften – auch das ist Teil seiner Meinung zum durch die neuen Regelungen des Naturschutzgesetzes noch aktueller gewordenen Thema – nicht inflationär und an jedem beliebigen Bau installiert werden. „Aber an dem einen oder anderen Gebäude sollte es weiterhin möglich sein, mit Hilfe einer Lichtinstallation die Besonderheiten des Bauwerks hervorzuheben.“ Und dies, so ergänzen rundum andere Vertreter der Fremdenverkehrsvereinigungen in der Region, dürfe eben nicht nur beschränkt sein auf die späten Abendstunden im Herbst und Winter, wenn das Publikum für derlei Attraktionen ohnehin überschaubar ist.

Das Thema Lichtverschmutzung durch Gebäude-Illumination hat kürzlich auch im Waiblinger Gemeinderat einen Rolle gespielt. Volker Escher (Freie Wähler/Demokratische Freie Bürger) hat es zur Sprache gebracht. Er kritisierte, dass trotz der vermeintlich eindeutigen neuen Bestimmungen in der Stadt Waiblingen nach wie vor Gebäude beleuchtet würden. Das stimmt, bestätigt zum einen der aktuelle Augenschein in der Hauptstadt des Kreises, aber auch der Oberbürgermeister Andreas Hesky. Mit einem Großteil der Beleuchtung wird aber womöglich demnächst Schluss sein. Dann nämlich, wenn Waiblingen die eigentlich bereits seit dem 1. April geltenden Bestimmungen des neu gefassten Naturschutzgesetzes so umsetzt, wie es in einem Briefwechsel zwischen Hesky und den betroffenen Gebäudeverantwortlichen bei Kirche und Stadtwerken abgesprochen wurde. Bis Ende September könnte es dann auch in Waiblingen abends deutlich dusterer werden.

Und was ist mit den Menschen?

Er habe durchaus Verständnis für den Wunsch auf ein höheres Maß an Rücksicht gegenüber den durch derlei Lichtquellen irritierten Insekten, sagt dazu der Waiblinger Oberbürgermeister. Beim jahreszeitlich gestaffelten Naturschutzgebot „Scheinwerfer aus“ schlagen allerdings mindestens zwei Herzen in seiner Brust. Grenzen seien zum Beispiel gerade dann erreicht, wenn durch Dunkelheit in bestimmten Bereichen der Stadt die Sicherheit gefährdet werde.

Entlang der Stadtmauern und am überdachten Mauergang sei beispielsweise in Waiblingen die Illumination wie in manch anderer finsteren Ecke kaum von der gerade nachts dringend notwendigen Wegebeleuchtung zu trennen. Wie überall gelte es, einvernehmlich alle Interessen unter einen Hut zu bekommen – das Bedürfnis nach nächtlicher Dunkelheit und die erhellende Sicherheit.

Ähnliches gelte auch für die festgelegten Uhrzeiten von September bis März. Hesky: „Ich glaube, dass niemand verlangen wird, am 24. Dezember den Weihnachtsbaum auf dem Marktplatz um 22 Uhr auszumachen, wenn erst um 23.30 Uhr die Mitternachtsmesse beginnt“. Und eines muss der Waiblinger OB zum Thema des Erhellenden hinter dunkler Finsternis auch noch los werden: „Für den Menschen sollte auf dem Planeten auch noch etwas Platz bleiben.“