Diana Haller, hier als Rosina in „Der Barbier von Sevilla“ an der Staatsoper Stuttgart. Foto: A.T.Schaefer

Interview mit der Mezzosopranistin Diana Haller, die zusammen mit Matthias Klink und Natalie Karl, mit Großen Arien nach Fellbach kommt.

Fellbach - Als Synchronschwimmerin hat sie einst die richtige Atemtechnik für ihre Gesangskarriere gelernt. Im Interview blickt Diana Haller zurück auf ihre Kindheit in Kroatien, beschreibt die intensiven Proben vor den Aufführungen und erläutert, warum sich die Zuhörer auf die zwei Belcanto-Abende im Hölderlinsaal freuen können.

Frau Haller, der Fellbacher Kultursommer hat Europa im Blick und Griechenland wie Italien zu Gast. Das passt auch für Sie – Ihre Mutter ist doch Italienerin, oder?
Das stimmt nicht ganz. Ich bin geboren in Rijeka in Kroatien. Wir sind insofern eine kroatisch-italienische Familie, da von meines Vaters Seite her die Vorfahren aus Sizilien stammen. Andere Vorfahren sind bereits im 19. Jahrhundert von Österreich nach Kroatien gekommen – vielleicht weil es ihnen im Norden zu kalt war? Daher kommt auch der Nachname Haller. Viele sagen zurecht, dass ich aussehe wie eine Italienerin. Diese Abstammung hört man auch an meiner Stimme. Das ist keine slawische Stimme, sondern eher eine italienische. Slawische Stimmen sind schärfer, fast ein bisschen russisch. Italienische Stimmen sind weicher.
Eine Italienerin ist auch Cecilia Bartoli. „Diana Haller ähnelt nicht nur äußerlich der großen Cecilia Bartoli“, hieß es 2015 in der Südwestpresse.
Sie ist tatsächlich ein großes Idol für mich gewesen. Besonders als ich anfing mit dem Gesang, habe ich sehr viele Aufnahmen mit ihr gehört. Aber ich will sie natürlich nicht kopieren. Zudem singe ich auf Deutsch – das macht Cecilia Bartoli gar nicht. Sie hat einmal gesagt: „Wenn ich in der Sprache nicht träume, dann will ich sie auch nicht singen.“ Das stimmt. Auch wenn die Aussprache nicht perfekt sein muss, so sollte man die Seele der Sprache schon gut beherrschen.
Träumen Sie denn auch auf Deutsch?
Immer mal wieder träume ich auf Deutsch, aber zumeist auf Kroatisch, dann noch auf Englisch und natürlich Italienisch.
Dabei mussten Sie die deutsche Sprache erst von Grund auf lernen.
Das stimmt. Als ich 2009 hierher zum Studium gekommen bin, dachte ich: Oh Gott, die deutsche Sprache ist so schwer. Aber jetzt lebe ich ja schon seit acht Jahren hier in Stuttgart und liebe diese Sprache.
Und Sie scheinen sich wohl zu fühlen?
Stuttgart hat die perfekte Größe, nicht zu groß und nicht zu klein. Es gibt auch genügend ruhige Ecken; als Sängerin, die viel reist, braucht man Ruhe – die gibt’s selbst im Zentrum von Stuttgart, wo ich wohne.
Aber die Luft dort ist nicht immer toll, gerade für eine Stimme, die gepflegt werden will.
Richtig, das einzige Problem hier ist der Feinstaub. Aber ich muss mich da mit der Klage ein bisschen zurückhalten, ich habe zwei Fahrzeuge.
Wofür brauchen Sie denn zwei Autos?
Nein, keine zwei Autos, sondern ein Auto und einen Motorroller, eine echte Vespa. Und mit dieser „Wespe“ flitze ich dann gerne durch die Stadt.
Die Badewelten in Stuttgart kennen sie auch ganz gut, wie man hört?
Mein Vater ist Arzt und hat mich als Kind zum Schwimmen gebracht, Rijeka liegt ja am wunderbaren Meer, das ist herrlich, da schwimmen alle. Und so bin ich oft in den Stuttgarter Schwimmbädern, um auch mal Sonne zu tanken.
Und um ein bisschen rumzuplanschen?
Aber nein, ich strenge mich am Anfang richtig an und treibe den Puls hoch. Erst später schalte ich einen Gang zurück, um die Muskeln zu entspannen.
Haben Sie nicht vor einiger Zeit im Wasser gerne eine Klammer an der Nase gehabt?
Das stimmt, ich war in meiner Jugend tatsächlich Synchronschwimmerin. Das war anstrengend, aber sehr gut, um die Atemtechnik zu üben. Das nützt mir bis heute.
Fit sein, das ist bestimmt eine Voraussetzung für den Einsatz auf der Bühne?
Ich sage immer, man muss gut vorbereitet sein und man muss sehen, dass man gesund bleibt. So wie sich ein Sportler auf seinen Lauf oder ein Spiel vorbereitet – und manchmal ist es wirklich richtiger Sport auf der Bühne. In „Ariodante“ in Stuttgart schwinge ich in einer Szene wie ein Turner an Ringen, halte mich mit den Händen fest. Davor war ich zwei Monate im FitnessStudio, weil ich ja bisher nicht so viele Muskeln in den Armen hatte – nun klappt’s. Das ist schon anstrengend, aber ich bin eine Sängerin, die auf der Bühne gerne die Grenzen ausprobieren möchte.
Das bedeutet, Sie bereiten sich auch am Aufführungstag intensiv vor?
Da hat jeder seine eigene Methode. Natürlich kann ich mich nicht tagsüber im Fitnessstudio austoben, wenn ich abends vier Stunden singe. Da muss man schon ein bisschen ausschlafen und relaxen. Aber generell geht bei mir das Umschalten recht schnell. Ich bin oft eine der Letzten in der Maske, sodass die manchmal schon ungeduldig auf mich warten. Aber klar, auf der Bühne muss man absolut fokussiert sein.
Derzeit fliegen Ihnen die Herzen ja nur so zu.
Erfolg ist schon schön. Es gibt doch nichts Furchtbareres, als wenn man so viel arbeitet, seine ganze Energie reinsteckt – und dann vor leeren Stühlen singen muss. Ich kann natürlich nicht klagen, wie es jetzt gerade läuft, Aber eine Karriere kann man nicht planen, auch bei mir hat sich alles eher zufällig entwickelt. Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort und bin sehr froh, wie es sich entwickelt. Schneller muss es gar nicht werden, sonst wird man auch zu schnell gehypt oder verheizt. Hier in Stuttgart ist es ein wunderbares Publikum und in der Oper ein tolles Team, und ich bleibe auch die nächste Spielzeit hier. Sie versuchen, mir so viele Gastauftritte anderswo wie möglich zu erlauben. Das klappt nicht immer. Einmal hatte ich ein Angebot Mailänder Scala, das ging dann eben nicht. Aber was soll ich mich grämen, eine ähnliche Gelegenheit kommt bestimmt noch mal.
Der Kalender auf Ihrer Homepage weist Auftritte bis weit ins nächste Jahr aus.
Man muss gut vorausplanen, mein Terminplan geht bis 2019. Manche Sänger wissen sogar schon, was sie in fünf Jahren machen. Aber wer weiß denn, wie sich die Stimme dann anhört, die entwickelt sich ja immer weiter. Ich hoffe, meine Stimme wird noch fülliger. Und 500 Vorstellungen des „Barbier“ in den nächsten 30 Jahren, das wäre doch langweilig.
Trotz Ihrer gerade mal 30 Jahre haben Sie doch schon eine Menge Erfahrungen und sind damit nahe an der Perfektion?
Das gibt’s gar nicht. Es gibt immer noch etwas zu verbessern. Manchmal stimmt genau der eine schwierige hohe Ton nicht. Aber das ist nicht der Ton selbst. Sondern es hängt davon ab, wie man vorher gesungen hat, meist zeichnet sich das in den zehn Phasen davor schon ab.
Und nun bieten Sie den „schönen Gesang“.
Ja, zusammen mit Matthias Klink und Natalie Karl bin ich am Montag und Dienstag in der Schwabenlandhalle. Da gibt’s das ganze Belcanto-Programm, Arien, Duette, Koloraturen, viele Noten. Manchmal muss man so hoch wie ein Sopran und dann so tief wie ein Alt singen, das erfordert ganz schön viel Flexibilität in der Stimme. Dahinter steckt große Arbeit, aber es soll natürlich alles ganz einfach und leicht aussehen. Ich hoffe und denke, dass uns das auch in Fellbach gelingt und die Zuhörer einen sehr schönen Sommerabend erleben werden.