Millionen mit dem Insektizid Fipronil belastete Eier sind unter anderem nach Baden-Württemberg gelangt und wurden inzwischen aus dem Handel genommen. Foto: dpa

Auch in Baden-Württemberg tauchen belastete Eier aus den Niederlanden auf. Wie gefährlich sind sie?

Stuttgart - Mehr als 2,9 Millionen mit dem Insektizid Fipronil belastete Eier sind nach Deutschland importiert worden. In mindestens elf Bundesländer wurden die Eier geliefert – darunter auch Baden-Württemberg, wie das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz mitteilte. Vor einigen Tagen wurde Fipronil zunächst in den Niederlanden in den Eiern von diversen Geflügelbetrieben nachgewiesen. Inzwischen wurden jedoch auch Eier aus einem Betrieb in Niedersachsen positiv getestet.

Was ist Fipronil?

Das Insektenvernichtungsmittel wird zur Bekämpfung von Flöhen, Läusen, Schaben, Zecken und Milben eingesetzt. Es kommt als Pflanzenschutzmittel oder in der Tiermedizin zum Schutz von Hunden vor Flöhen und Zecken zum Einsatz. Da der Wirkstoff auch für Honigbienen hochgiftig ist, hat die EU den Einsatz des Mittels in der Landwirtschaft 2013 begrenzt. Als Arzneimittel bei Nutztieren wie Legehennen ist Fipronil laut dem Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) ebenfalls verboten.

Wie schädlich ist das Mittel?

Beim Menschen kann Fipronil in hohen Dosen Haut und Augen reizen, Übelkeit, Erbrechen und Kopfschmerzen verursachen. In der Langzeitwirkung besteht der Verdacht, dass Organe wie Leber, Schilddrüse oder Niere geschädigt werden. Im konkreten Fall sind Experten uneinig, ob die belasteten Eier gesundheitsschädlich sind. Da die Fipronil-Werte nicht sehr hoch sind, seien sie für Erwachsene ungefährlich, so das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Kinder sollten die Eier dem BfR zufolge aber besser nicht essen. Heike Goll, Amtsleiterin des Untersuchungsamts für Lebensmittelüberwachung und Tiergesundheit in Freiburg, rät auch Erwachsenen von den Eiern ab: „Ich würde auf Nummer sicher gehen und die Eier nicht essen, solange nichts über die Höhe der Belastungswerte bekannt ist.“ Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer warnt ebenfalls vor den Eiern. „Wenn ein Kind mehr Eier isst als angenommen, ist die tägliche Aufnahmedosis dieses Giftes bereits überschritten.“ Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt ein bis zwei Eier pro Woche für Kleinkinder bis drei Jahre.

 

Wie werden die Grenzwerte ermittelt?

Das BfR bewertet das gesundheitliche Risiko von Fipronil-Rückständen in Eiern und Hühnerfleisch auf Basis der akuten Referenzdosis. Diese wurde aus Studien bei Ratten abgeleitet und definiert die Menge pro Kilogramm Körpergewicht, die über die Nahrung ohne Risiko aufgenommen werden kann. Der bei Ratten ermittelte Wert wird für die Festlegung des für Menschen tolerierbaren Wertes sicherheitshalber durch 100 geteilt. Bei Kindern könne dieser Grenzwert aufgrund des geringeren Körpergewichts überschritten werden. „Dies bedeutet nicht zwangsläufig eine konkrete Gesundheitsgefährdung durch den Verzehr von Hühnereiern“, heißt es bei dem Amt.

Woran erkennt man die Ei-Herkunft?

In der EU trägt jedes Ei einen Code. Er setzt sich aus Ziffern und Buchstaben zusammen, die unter anderem für die Haltungsart (Bio-, Freiland-, Boden-, Käfighaltung), das Herkunftsland und den Produktionsbetrieb stehen. Auf der Internetseite lebensmittelwarnung.de, dem Portal des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit kann man sich informieren, welche Stempelaufdrucke die belasteten Eier tragen. Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Stuttgart rät, derzeit auf den Verzehr von Eiern mit dem Stempel „NL“ zu verzichten. Einige Discounter wie Lidl, Aldi Süd und Penny sowie die Supermarktkette Rewe haben den Verkauf von Eiern aus Betrieben unter Fipronil-Verdacht gestoppt. Kunden könnten die Ware zurückgeben. Christian Meyer weist darauf hin, dass der Schadstoff bereits in verarbeiteten Lebensmitteln enthalten sein könnte: „Mangels Kennzeichnungspflicht bei verarbeiteten Eiern ist ihre Herkunft nicht zu erkennen.“

Wie kam das Mittel in die Eier?

Ein belgischer Händler steht im Verdacht, dem Desinfektionsmittel Dega-16 Fipronil beigemischt zu haben. Mit Dega-16 sollen Blutläuse bei Geflügel bekämpft werden. Fiprinol darf in der Geflügelzucht nicht verwendet werden. Bei der Desinfektion von Ställen wurde die illegale Mischung auch in mindestens fünf deutschen Geflügelbetrieben verwendet, wie das niedersächsische Landwirtschaftsministerium mitteilte. Die Landwirte seien davon ausgegangen, mit Dega-16 ein zugelassenes Reinigungsmittel zu kaufen, erklärt Christian Meyer: „Nach derzeitigem Kenntnisstand sind sie unverschuldet in diese Lage geraten.“ Inzwischen wurden Betriebe, die Dega-16 erhalten hatten, gesperrt. Niedersachsen untersucht nun flächendeckend Eier auf Fipronil. Auch in anderen Bundesländern wird weiter ermittelt.

Sind auch Bio-Eier verunreinigt?

Unter den belasteten Chargen sind auch Eier aus Biohaltung. Zwar gelten für sie strengere Produktions – und Haltungsbedingungen – so dürfen die Legehennen nur ökologisch erzeugtes Futter bekommen, sie müssen auf einer Auslauffläche scharren und picken können. Für die Reinigung und Desinfektion der Ställe von Bio-Höfen ist das Mittel Dega-16, das auf der Basis ätherischer Öle produziert wird, aber zugelassen.