Ein Blumenmeer für die Verstorbenen auf den Gräbern. Foto: Andreas Essig

An die 2000 Menschen aus ganz Deutschland, aber auch aus der Schweiz und Holland haben am Freitag von Merve und Selin in Ludwigsburg Abschied genommen und den Familien ihre Anteilnahme gezeigt. Auch OB Matthias Knecht war unter den Rednern.

Die Autokennzeichen spiegeln die riesige Anteilnahme am Tod von Merve und Selin, den beiden jungen Frauen, die am Donnerstagabend vor einer Woche bei einem schrecklichen Unfall getötet wurden, weil zwei Männer sich ein illegales Autorennen in der Innenstadt von Ludwigsburg lieferten. Die Menschen sind an diesem Freitagmorgen aus ganz Baden-Württemberg und weit darüber hinaus angereist. Auch aus der Schweiz und den Niederlanden, wo Verwandte der Verstorbenen leben.

 

Die Autos säumen kilometerweit die Straßen und Feldwege rund um den Ostfriedhof im Stadtteil Oßweil. Rund 50 Polizeibeamte sind vor Ort. In erster Linie, um den Verkehr zu regeln, erklärt der Leiter der Stabstelle Öffentlichkeit des Polizeipräsidiums Ludwigsburg, Steffen Grabenstein. Rund um die Beisetzung, aber auch gegebenenfalls rund um die Unfallstelle. „Es könnte sein, dass viele dort danach noch hinfahren.“

Aufkleber mit den Gesichtern der Toten

Schon lange vor 10.30 Uhr strömen die Menschen auf den Friedhof. Viele Hundert stehen an den beiden Grabfeldern. Die meisten Trauergäste sammeln sich auf dem Platz vor dem Hauptgebäude, wo Lautsprecher und ein Mikrofon aufgebaut sind. Einige haben Aufkleber mit Schwarz-Weiß-Porträts der Verstorbenen auf ihrer Kleidung. Der schöne Frühlingstag erscheint da wie ein Kontrast. Die Sonne schickt ihre wärmenden Strahlen auf die Trauergemeinde. Respektvolle, andächtige Stille liegt über dem Friedhof. Zwischendurch bahnt sich der Schmerz in lautem Schluchzen und Rufen den Weg.

Es bleibt die Frage nach dem Warum

Die Verstorbenen werden an ihre letzte Ruhestätte getragen. Foto: Andreas Essig

Oberbürgermeister Matthias Knecht redet als Erster. Eine zentrale Rolle in seinem Wortbeitrag spielt die Frage nach dem Warum. Eine Frage, auf die es keine Antwort gibt, die sich aber dennoch immer wieder stellt. „Wir alle fragen uns, warum musste dieses fürchterliche Unglück passieren? Warum mussten zwei junge Frauen, die unbeschwert, fröhlich durch ihr Leben gingen, so fürchterlich aus diesen Leben gerissen werden? Wir alle sind wütend traurig, verzweifelt und wir allen wollen heute den Angehörigen zurufen: Wir sind an eurer Seite. Wir lassen euch nicht allein. Wir stehen in diesen schlimmen Stunden bei euch.“

Der Strom reißt auch nach Beginn des Gebets nicht ab. Foto: Andreas Essig

Die, die das furchtbare Unglück verursacht hätten, würden in Gott, in der Staatsanwaltschaft, in Gerichten ihre Richter finden, sagt Knecht. „Menschen dürfen nie so jäh, so sinnlos das Leben anderer beenden.“ Er hoffe, dass man gemeinsam als Gesellschaft Lehren daraus ziehe und weiter alle zusammenhielten. „Ludwigsburg ist stark durch den Zusammenhalt der Religionen, der Menschen über Grenzen hinweg. Ich bin Ihnen so dankbar, dass wir das in Ludwigsburg miteinander erleben dürfen.“ Den Familien bot der Stadtchef eine stets offene Tür im Rathaus an.

Beistand spricht auch die Stuttgarter Generalkonsulin Makbule Koçak Kaçar den Angehörigen zu. „Wir werden als Gesellschaft an ihrer Seite sein.“ Es sei ein schmerzhafter Grund für sie, in Ludwigsburg zu sein. Die Verstorbenen seien zu früh von dieser Welt gegangen. Doch der Tod sei ein Teil der Realität und niemand wisse, wann er einem bevorstehe. Er sei aber nicht das Ende, sondern eine Pforte ins Jenseits. „Möge Allah ihnen einen Platz im Paradies bescheren.“

Regeln und Gesetze respektieren

OB Matthias Knecht (rechts) war einer der Redner beim Gebet vor der Beisetzung. Foto: Andreas Essig

Religionsattache Fatih Burak Mermer richtet auch mahnende Worte an die Trauergäste. „Wir können uns glücklich schätzen, in Deutschland und Europa zu leben. Wir können hier unsere Kultur und unseren Glauben ausleben und ihn auch nach Außen repräsentieren. Deswegen sollten wir uns immer daran erinnern, wie wichtig es ist, das Leben hier zu schätzen und die Regeln und Gesetze zu respektieren.“

Nach etwa einer halben Stunde werden die beiden Verstorbenen von Angehörigen auf einer Bahre zu ihren letzten Stätten getragen. Bei islamischen Bestattungen werden die Verstorbenen ins Grab gehoben und dort rechtsseitig in der Gebetsrichtung nach Mekka niedergelegt. Die Grabstätten liegen direkt nebeneinander. Merve und Selin wurden Seite an Seite getötet. Und sie bleiben Seite an Seite über den Tod hinaus.

Anmerkung der Redaktion: Wir berichten in Übereinstimmung mit den Angehörigen.