Die Gaisburger Kirche wird wegen Rissen messtechnisch überwacht. Foto: Jürgen Brand

Sie gilt als die Akropolis von Gaisburg und als einer der schönsten Kirchen Stuttgarts. Doch die Gaisburger Kirche bereitet der Stadt und der Gemeinde einige Sorgen.

S-Ost - Akropolis von Gaisburg, die eleganteste Kirche der Stadt, eine der schönsten Kirchen Stuttgarts – viele Freunde und Kenner von Architektur ganz allgemein und Kirchenarchitektur ganz speziell geraten beim Anblick der Gaisburger Kirche ins Schwärmen. Auf ihrem kleinen Bergvorsprung ragt sie schräg gegenüber vom Gaskessel majestätisch in die Höhe, von ihrem – leider seit Jahren geschlossenen – Kirchturm hat man einen wunderbaren Panorama-Blick über das Neckartal. Aber die vermeintliche Kirchen-Idylle hat Risse bekommen. Und das bereitet der Stadt und der Kirchengemeinde doch so einige Sorgen.

Stützmauern aus Stein und Beton

Die Kirche wurde von 1911 bis 1913 nach den Plänen von Martin Elsässer (von dem beispielsweise auch die Markthalle stammt) auf dem steil aufragenden Berg namens „Brandwache“ errichtet und „sollte als monumentales Zeugnis des Protestantismus von allen Seiten sichtbar sein und das ,Licht des Evangeliums‘ im politisch roten und damit überwiegend antikirchlichen und durch die Industrialisierung städtebaulich schwer in Mitleidenschaft gezogenen Stuttgarter Osten leuchten lassen“, heißt es auf der Webseite der Kirchengemeinde. Der steile Abhang wurde mit Stützmauern zum Teil aus Steinen, zum Teil aus Beton gesichert.

Im Laufe der Jahre bildeten sich in diesen Stützmauern zum einen Risse, zum anderen auch Ausbuchtungen. Auch in dem denkmalgeschützten Kirchengebäude selbst wurden zum Teil durchaus große Risse entdeckt. Im Frühjahr 2019 wandte sich der Bauausschuss der Gesamtkirchengemeinde deswegen an die Stadt. Sowohl im Bauausschuss als auch im Gaisburger Kirchengemeinderat sitzen Bauexperten, denen – salopp ausgedrückt – der Hang nicht ganz geheuer ist und schon gar nicht wirklich stabil erscheint. „Der Hang bewegt sich, das wissen alle“, sagt auch der Gaisburger Pfarrer Wolfgang Marquardt. Und der Hang gehört nun einmal der Stadt, nicht der Kirche.

Experten haben keine Sicherheitsbedenken

Im Mai 2019 trafen sich nach Angaben der Stadt Kirchenvertreter, ein Geologe und ein Vermessungsingenieur in Gaisburg und schauten sich die Risse in und an der Kirche sowie Verformungen an den Stützmauern genauer an. „Die Experten stellten fest, dass die Risse an der Stützmauer schon sehr alt sind und es keinen Hinweis auf aktuelle Bewegungen gibt“, teilte die Pressestelle der Stadt auf Anfrage der Redaktion mit. „Außerdem konnte kein Zusammenhang zwischen den Rissen an der Stützmauer und denen an der Kirche festgestellt werden.“ Für Pfarrer Marquardt ist vor allem wichtig, dass die Experten die Risse in der Kirche als nicht sicherheitsrelevant eingestuft haben, er sich also keine Gedanken machen muss.

In den vergangenen Wochen wurde ein Teil der Fassade der Gaisburger Kirche saniert, deswegen war dieser Teil der Kirche direkt am Abhang über geraume Zeit eingerüstet. Inzwischen ist das Gerüst abgebaut. Dafür sollen jetzt Messinstrumente installiert werden. „Um die Verformungen und möglichen Ursachen bewerten, beziehungsweise ermitteln zu können, haben wir mit den Vertretern der Kirche vereinbart, das Kirchenbauwerk und die Stützmauer vermessungstechnisch zu überwachen“, sagt eine Pressesprecherin der Stadt. In der Kirche selbst wird die Entwicklung der Risse bereits kontrolliert, spätestens ab Anfang 2020 will die Stadt auch ein – technisches – Auge auf den Hang haben und feststellen, ob er sich wirklich bewegt.