Der Verein Garnisonsschützenhaus eröffnet die Saison. Foto: Verein Garnisonsschützenhaus

Literarische und künstlerische Veranstaltungen locken zum Besuch im Garnisonsschützenhaus. Bereits am Wochenende eröffnet eine Ausstellung, ferner gibt es Lesungen mit Stuttgarter Schriftstellern und einen Spaziergang mit Friedrich Schiller.

S-Süd/Degerloch - Es gibt dieses Jahr wieder ein Sommerprogramm im Garnisonsschützenhaus auf der Dornhalde. Der Verein Raum für Stille, der sich seit Jahren für den Erhalt des Gebäudeensembles beim Dornhaldenfriedhof und dessen konzeptionelle Bespielung engagiert, ist dafür zwei vielversprechende Kooperationen eingegangen: Der Verein gestaltet das diesjährige Programm gemeinsam mit dem Stuttgarter Schriftstellerhaus und dem sozialpsychiatrischen Zentrum der evangelischen Gesellschaft (Eva) in Sillenbuch. Bereits Ende dieser Woche, am Sonntag, 30. Mai, eröffnet unter dem Titel „Ins Blaue“ im Schuppen des Garnisonsschützenhauses eine Ausstellung der Eva, und auch der Garten ist wieder öffentlich zugänglich. „Blau ist nicht nur eine Farbe. Es ist auch die Metapher für eine Stimmung und einen Zustand. Blau steht für Himmel und das Urelement Wasser. Blau steht für Tiefe, Grenzenlosigkeit und Sehnsucht. Es ist Ausdruck für Spielerisches und Lebendigkeit, aber auch der Melancholie“, so Nadja Schmidt von der Eva über die Schau im Schuppen.

Gezeigt werden Arbeiten von Brunhilde Terp, Esther Schickle, Margarete Lederer und Winfried Gehrke, die ihre jeweils eigene Deutung von blau preisgeben. Die Ausstellung ist ein Resultat aus „ARTefaktum“, einem Kunst- und Kulturprojekt von und für Menschen mit einer psychischen Erkrankung und Interessierte aus dem Gemeinwesen. Seit 2019 finden im Gemeindepsychiatrischen Zentrum Sillenbuch offene Ateliers, Schreibwerkstätten, Trommelgruppen und andere musikalische Projekte statt. Die Teilnehmer haben die Möglichkeit, sich kreativ auszuprobieren und erhalten die nötigen Materialien dafür kostenlos.

Blau: Metapher für Gemütszustände

Der Auftakt des Veranstaltungsreigens ist dann am Samstag, 5. Juni. Im Literaturhaus freut man sich auf den Ausflug ins Grüne: „Dank der Kooperation mit dem Garnisonsschützenhaus können wir endlich wieder Literatur vor Publikum vorstellen und zum Gespräch einladen.“ Das Schriftstellerhaus wird am 5. Juni seine Lesungsreihe „Ins Blaue“ mit dem Stuttgarter Schriftsteller Fabian Neidhardt eröffnen, der um 19 Uhr beim Garnisonsschützenhaus aus seinem Buch „Immer noch wach“ liest. Es folgen weitere Lesungen des Schrifstellerhauses mit Anna Katharina Hahn am 2. Juli (19 Uhr), mit Moritz Heger am 31. Juli (19 Uhr) sowie mit Christine Lehmann am 8. September, um 18 Uhr. Jeweils aktuelle Hinweise zu den Lesungen finden sich auf der Internetseite www.stuttgarter-schriftstellerhaus.de/ins-blaue/. Einen vorläufigen Höhepunkt im Programm kann man bereits am Sonntag, 6. Juni, miterleben: den Schillerspaziergang mit dem Titel „Unterwerfung und Auflehnung“, den Frank Ackermann, Dorothea Baltzer und Reinhard Schmidhäuser gestalten. Man trifft sich am Sonntag um 15 Uhr beim Santiago-de-Chile-Platz an der Haigstkirche und unternimmt von dort einen unterhaltsamen Spaziergang, der schließlich am Garnisonsschützenhaus endet.

Man erinnere sich: Schiller hatte bis zu seiner Flucht am 22. September 1782 sieben Jahre lang in Stuttgart gelebt. An der Militärakademie, der Carlsschule, wurde er zum Mediziner ausgebildet. Das entsprach so gar nicht seiner Neigung. Und so verfasste er heimlich nebenher seine „Räuber“. Das Drama machte Schiller zwar über Nacht berühmt, brachte ihn aber zugleich in Konflikt mit Herzog Carl Eugen. Schiller selbst hat diese widrige Zeit der Entstehung der „Räuber“ bissig als „naturwidrigen Beischlaf der Subordination und des Genius“ bezeichnet.

„Damals war Schiller mindestens dreimal im Schloss Hohenheim und kam dabei über die Alte Weinsteige auch durch Degerlocher Markung“, berichtet Reinhard Schmidhäuser vom Verein. Daran erinnere der Schiller-Spaziergang ebenso wie an die anderen Stationen von Schillers Stuttgarter Jahren: von der ersten Begegnung mit Goethe und der „Räuber“-Lesung im Bopserwäldchen bis hin zur Flucht, zu der Schiller gewissermaßen genötigt wurde: Herzog Carl Eugen hatte ihm das Dichten verboten, bei Zuwiderhandeln mit Festungshaft auf dem Asperg gedroht.

Innere Zerrissenheit

Das Thema innere Zerrissenheit schwingt in anderer Weise bei der szenischen Lesung mit Texten der Stuttgarter Schriftstellerin Isolde Kurz (1853-1944) mit, die am Donnerstag, 17. Juni, um 19 Uhr zu hören ist. Kurz blieb noch während der Nazidiktatur eine anerkannte Schriftstellerin, doch hatte sie sowohl das französische Manifest gegen „Auswüchse des Nationalismus, für Europa und für die Verständigung zwischen Frankreich und Deutschland“ unterzeichnet als auch die Aufrufe „Gegen den Antisemitismus“ und „Für die Ächtung der Kriegsmittel“.

Auf der Internetseite https://garnisonsschuetzenhaus.wordpress.com/ wird demnächst eine Programmübersicht veröffentlicht. Aufgrund der bestehenden Corona-Verordnung und der begrenzten Teilnehmerzahlen ist eine Anmeldung zu den Veranstaltungen per E-Mail an info@garnisonsschuetzenhaus.de oder telefonisch unter 0711/763863 nötig.