Seit 30 Jahren fährt Gerhard Wolf für die Göppinger Spedition Wackler. Foto: Horst Rudel

Manche Arbeitgeber verzweifeln fast: Sie haben Stellen zu vergeben, aber keiner bewirbt sich. Der Lastwagenfahrer Gerhard Wolf, der für die Göppinger Spedition Wackler unterwegs ist, kann seinem Beruf auch viel Positives .

Göppingen - Sachte drückt Gerhard Wolf auf das Gaspedal, langsam setzt sich sein Lastwagen auf dem Gelände der Firma Wackler in Holzheim im Kreis Göppingen in Bewegung. Die letzte Tour kann beginnen. Seit sechs Uhr ist der 56-Jährige in seinem 40-Tonner unterwegs. Es war ein harter Tag, zu Ende ist er noch nicht. Gerhard Wolf muss noch eine leere Wechselbrücke, so heißen die auswechselbaren Container auf den Lastwagen, nach Uhingen bringen. Dafür nimmt er eine andere auf, die mit Bäckereiartikeln gefüllt ist, die von der Spedition aus weiter auf die Reise gehen. „Ich fahre jeden Abend zu diesem Kunden, das ist der Abschluss meines Arbeitstages“, erzählt er und rollt auf die Straße zu, die am Firmengelände vorbeiführt.

Nichts geht. Nur wenige Meter von der Spedition entfernt, staut sich der Verkehr. Ab und zu schiebt sich die Fahrzeugschlange zäh weiter, dann leuchten bereits wieder die Bremslichter auf. Wolf kennt das schon. Sein Feierabend wird länger auf sich warten lassen. Er zuckt mit den Schultern und wirft einen prüfenden Blick in die Spiegel an den Front- und Seitenscheiben des Führerhauses, bevor er erneut anfährt und zur Kolonne vor ihm aufschließt. „Bei Stau oder Vollsperrung musst du warten, da kannst du nichts machen“, sagt er. Ein Zwölf-Stunden-Tag ist für den Lastwagenfahrer keine Ausnahme.

Seit 25 Jahren ist Gerhard Wolf unfallfrei unterwegs

Seit 30 Jahren sitzt Wolf für das Göppinger Unternehmen Wackler Spedition & Logistik am Steuer. „Ich gehöre schon zum Inventar“, scherzt er. Vor fünf Jahren erhielt er eine Auszeichnung für 25 Jahre unfallfreies Fahren. Eine Million Kilometer hatte er da bereits im Auftrag von Wackler heruntergespult. Dazu gehöre vor allem sehr viel Glück, sagt er bescheiden.

Nach vielleicht sieben Kilometern und einer gefühlten Ewigkeit, tatsächlich sind es 20 Minuten, nimmt der Lastwagen in Göppingen Kurs auf die B 10. Vor dem Möbelhaus Rieger klemmt es noch einmal, bis sich die Schlange am Kreisverkehr eingefädelt hat. Jetzt geht es flotter voran. Im Raum Tübingen war Wolf den Tag über unterwegs. Er hat Maschinenteile ausgeliefert, Leergut abgeholt, und ein Koppelgatter zu einem Aussiedlerhof gebracht. Obwohl er nur 270 Kilometer gefahren ist, war die Tour anstrengend. „Ich musste viel ausladen“, erzählt er. Bei den Gütern, die er bewegt, handelt es sich um Schwergewichte. Manche Paletten wiegen 100 Kilogramm, wenn nicht gar eine Tonne.

Die langen Schichten schrecken potenzielle Bewerber ab

Die schwere Arbeit, die langen Schichten und die Geringschätzung, die Berufskraftfahrern häufig entgegengebracht werde, seien die Gründe, warum kaum noch jemand diesen Beruf ergreifen wolle, bedauert Wolf, der immer noch gerne fährt. Er sei am Lenkrad seines Lastwagens sein eigener Herr, komme viel herum und habe viel mit den Kunden zu tun. „Bei manchen Firmen gehört man fast schon dazu.“

Der knapp 19 Meter lange Lastwagen ist rund um die Uhr im Einsatz. Wolf teilt ihn mit einem Kollegen, der nachts fährt. Nach etwa drei Jahren wird das geleaste Fahrzeug ausgemustert – mit rund 700 000 Kilometern auf dem Buckel. Eine Abzweigung noch, dann ist das Ziel in Uhingen erreicht. In dem Gewerbegebiet ist es um diese Uhrzeit ruhig. Prasselnder Regen setzt ein. Wolf schimpft leise, ausgerechnet jetzt, wo er raus muss, um die schweren Metallstützen der Brücke auszuklappen. So viel Kraft dies erfordert, bei ihm sieht das kinderleicht aus. Es rumpelt viermal kurz, und schon sind die Stützen befestigt. Wolf klettert wieder ins Führerhaus und gibt vorsichtig Gas. Der Container bleibt am Straßenrand zurück. Später nimmt er ihn noch einmal auf, um ihn an den Platz zu bugsieren, an dem jetzt noch der volle Container steht. Dazu muss er die beiden Wechselbrücken mehrfach auf- und absetzen – jedes Mal ein heikles Unterfangen. Käme der Lastwagen auch nur ein wenig zu schräg darunter, wäre das das Ende der Fahrt. „Denn dann geht gar nichts mehr“, sagt Wolf.

Gegen 18 Uhr biegt der Lastwagen auf das Speditionsgelände ein. Der Nachtschicht-Kollege wartet schon. Wolf setzt den Container ab und steuert das Fahrzeug auf den Hof. „Bis ich zu Hause bin, wird es halb sieben“, sagt er. In elfeinhalb Stunden beginnt seine nächste Schicht.