Ein Stromanbieterwechsel kann viel Geld sparen. Genaues Hinsehen lohnt dabei, sonst geht man leicht den Preisportalen auf den Leim. Foto: Adobe Stock

Online-Preisportale stehen immer wieder in der Kritik, weil sie über Provisionen von der Vermittlung mitprofitieren. Außerdem kann ihr Geschäftsmodell windige Versorger unterstützen. Dennoch sind sie bei der Suche nach einem neuen Stromversorger hilfreich.

Stuttgart - Seinen Stromanbieter zu wechseln – das steht bei vielen Verbrauchern regelmäßig auf der Agenda. Viele nutzen dazu Preisportale wie Verivox oder Check24, die allerdings nicht unumstritten sind. Erst im Dezember hat das Bundeskartellamt im Rahmen von ersten Ergebnissen der Sektoruntersuchung Vergleichsportale Kritik an den Suchmaschinen geübt.

Und auch, als im Januar der Billigstromanbieter BEV Insolvenz anmelden musste, nannten Verbraucherschützer Verivox, Check24 und Co. als Mitschuldige: BEV hatte lange Zeit unter anderem durch hohe Bonuszahlungen in den Vergleichen vorne rangiert. Der Fall zeige erneut, „dass Vergleichsportale dringend gesetzlich reguliert werden sollten. Wer vermittelt und damit finanziell profitiert, trägt auch Verantwortung“, sagte etwa Cornelia Tausch, Vorstand der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

Probe aufs Exempel

Auf der anderen Seite kommt man an den Portalen nicht vorbei, wenn man sich einen Überblick über den Markt verschaffen will. In Deutschland gibt es mehr als 1000 Stromversorger mit mehr als 13.000 Tarifen. Viele von ihnen sind bundesweit verfügbar, etliche sind es nicht. Und in aller Regel sind die Preise nicht bundesweit einheitlich: Sie schwanken abhängig von regional unterschiedlichen Abgaben oder Netzentgelten und hängen von der Wettbewerbssituation und der Attraktivität des örtlichen Kundenumfelds ab.

Wir haben einmal die Probe aufs Exempel gemacht und mithilfe von Verivox und Check24 nach einem neuen Stromversorger für eine Postleitzahl in der Region gesucht. Beide Portale machen es dem Nutzer sehr einfach. Man muss nur Postleitzahl und Jahresverbrauch in Kilowattstunden (aus der letzten Rechnung) eingeben und schon werden die Ergebnisse angezeigt. Allerdings sind die ersten ein bis zwei Treffer eigentlich keine Ergebnisse, sondern Werbeanzeigen, was zumindest Verivox auch so kenntlich macht. Erst unter diesen farblich unterlegten sogenannten Nullplatzierungen stehen die berechneten Alternativtarife, nach Preisen aufsteigend sortiert. Doch wer sich auf dem Strommarkt auskennt, merkt schnell, dass etliche Anbieter fehlen.

Schneller Wechsel kann sich lohnen

Die Erklärung findet sich in den Sucheinstellungen. Denn sowohl Verivox als auch Check24 stellen die Filter automatisch ein. Lässt man das unverändert, werden etwa einmalige Bonuszahlungen automatisch einberechnet, und es werden nur solche Tarife angezeigt, die direkt über die Portale abgeschlossen werden können.

Beides ist problematisch, denn einen Tarif unter Einberechnung der Bonushöhe abzuschließen lohnt in der Regel nur, wenn man schnell wieder wechselt. Viele Versorger nutzen die Prämienzahlungen, um Kunden anzulocken, und zahlen dafür zumindest im ersten Jahr drauf. Das müssen sie in den Folgejahren mit höheren Einnahmen ausgleichen. Und wenn nur Tarife angezeigt werden, die direkt über die Portale abschließbar sind, verengt sich die Auswahl unnötig. Denn viele Versorger wollen den Portalen keine Provision bezahlen und tauchen in einer Suche nach den voreingestellten Kriterien überhaupt nicht auf.

Achtung bei Voreinstellungen

Hinzu kommen etliche Voreinstellungen, die sich erst beim genauen Durchklicken offenbaren und die teilweise durchaus im Sinne der Verbraucher sind, wie beispielsweise eine eher kurze Kündigungsfrist oder eine moderate Vertragserstlaufzeit von zwölf Monaten. In unserem Test bot uns Verivox mit allen Voreinstellungen, die das Portal setzt, 37 Tarife an, die bei 3700 Kilowattstunden jährlich unter 1100 Euro lagen. Ohne jeglichen Filter waren es 72 Tarife. Unter den neu Hinzugekommenen sind – auf den ersten Plätzen – natürlich Angebote, die man genau überprüfen sollte – beispielsweise, indem man Erfahrungen bestehender Kunden unter die Lupe nimmt und Foren durchforstet, etwa beim Bund der Energieverbraucher. Wer billig ist, ist nicht immer auch seriös.

Ohne Filter tauchen aber plötzlich auch auffallend viele Stadtwerke in den Ergebnissen auf. Ganz offenbar sind unter ihnen zahlreiche Unternehmen, die die Suchmaschinen nicht für ihre Dienste bezahlen wollen, die ihre Tarife aber trotzdem an die Vergleichsportale übermitteln.

Andere Interessen

„Die Branche pflegt eine Hassliebe zu den Vergleichsportalen“, berichtet ein Vertreter eines Stadtwerks, der namentlich nicht genannt werden möchte. „Wir Versorger sind auf Sichtbarkeit angewiesen.“ Dennoch hat sich sein Arbeitgeber im vergangenen Jahr entschieden, den Portalen nur noch die Tarifdetails zu übermitteln, aber auf eine Vermittlung durch die Seiten zu verzichten. 50 bis 100 Euro Provision pro Kunde lohnten sich nicht. Außerdem widerspreche am Schluss das Geschäftsmodell der Portale dem der Versorger: „Die Portale wollen Verträge vermitteln und fordern ihre Kunden dazu auf, regelmäßig zu wechseln. Aber wir wollen ja keine Kunden, die dauernd wechseln. Unser Interesse sind langfristige Geschäftsbeziehungen.“

Udo Sieverding, Energieexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, bestätigt das: „Die Portale leben von unzufriedenen Kunden“, sagt er, „es liegt nicht in ihrem Interesse, dass ein Kunde einen Tarif findet, mit dem er langfristig zufrieden ist.“ Das sei „eine Absurdität im System“. Darüber hinaus hat Sieverding aber nur im Detail Kritik an den Portalen. Er wünscht sich beispielsweise transparente Hinweise auf Provisionen und die deutliche Kennzeichnung von Anzeigen. Auf diesem Weg ist zumindest Verivox mittlerweile. Das Unternehmen, das zur Pro-Sieben- Sat-1-Gruppe gehört, hat auf die Kritik nach der BEV-Pleite mit einer Selbstverpflichtung zu mehr Transparenz reagiert.