Peter Beer Foto: factum/Bach

Ferienzeit ist Schwimmbadzeit. Trotz des schlechten Wetters. Wegen des schlechten Wetters. Peter Beer ist seit mehr als zehn Jahren Bademeister im Freizeitband Münchingen. Ein Einblick in eine ganz eigene Welt.

Korntal-Münchingen Das Freizeitbad Münchingen ist gut voll an diesem Ferientag. Trotz des Regenwetters, wegen des Regenwetters? Da ist der Bademeister Peter Beer unschlüssig. In jedem Fall wegen der Schulferien. Damit es während des Interviews nicht zu laut ist, schaltet Beer die Nackendusche im Becken nebenan kurzerhand aus. Allerdings nicht einfach so. Der Fachangestellte für Bäderbetriebe, so die korrekte Berufsbezeichnung, geht zu der Schwimmerin hin, die gerade unter dem Wasserstrahl steht. Beer erklärt ihr, warum er den Hahn außerplanmäßig abdreht. Man müsse auf die Gäste zugehen, sagt der Anfangssechziger, die Zeiten herrschsüchtiger Bademeister seien passé.
Herr Beer, muss man den Gästen heute schon erklären, warum man die Brause abdreht?
Wir sind Dienstleister und Ansprechpartner für unsere Badegäste. Da gehört es dazu, dass man freundlich mit ihnen umgeht und erklärt, warum man was macht. Ich weiß, dass die Dame, die gerade unter der Nackendusche stand, immer nach ihrem Schwimmtraining Lockerungsübungen dort macht. Das tut ihrem Rücken gut. Warum sollte ich nicht zu ihr hingehen und sagen, warum das jetzt nicht möglich ist?

Früher thronten die Bademeister doch vor allem in ihrer Kabine oder auf ihrem Stuhl unter dem Sonnenschirm.
Das stimmt. Die Bademeister, die ich aus meiner Kindheit kenne, waren deswegen auch recht beleibt. Wir dagegen sind eigentlich kaum in der Kabine, sondern ständig unterwegs, um die Becken zu kontrollieren. Es gibt tote Winkel, die ich nur einsehen kann, wenn ich direkt darüber stehe, etwa am Einmeterbrett.

Gerade haben zwei Jungs gefragt, ob sie „bitte einen Wasserball ausleihen“ dürfen. Geht es hier immer so höflich zu?
Ja. Aber da achten wir auch drauf. Wenn jemand nicht „bitte“ sagt, dann erinnern wir ihn daran, dass es dieses Zauberwort gibt.

In manchen Bädern in Stuttgart geht es nicht so harmonisch zu. Dort muss die Badeleitung des Öfteren die Polizei rufen. Gibt es auch hier Ärger?
Eigentlich nicht. Wenn wir einen Badverweis pro Jahr aussprechen, ist das viel. Aber das liegt vielleicht auch an unserem Angebot. Wir sind kein großes Freibad, sondern ein gemütliches Familienbad mit Außenbecken. Zu uns kommen vor allem Familien, Kinder, Schwimmer und Senioren – Gruppen von Jugendlichen eher weniger. Die Jugendlichen, die kommen, stammen aus der direkten Umgebung, aus Korntal und Münchingen, wir kennen sie.

Es müssen nicht immer Jugendgruppen sein, die in einem Schwimmbad Ärger machen.
Das stimmt. Natürlich gibt es auch Badegäste, die manchmal, ich möchte mal sagen, sehr hohe Ansprüche stellen. Da gibt es Stammgäste, die seit 25 Jahren auf ein- und derselben Bahn schwimmen und sich nun gestört fühlen, weil sie ein anderer Schwimmer nutzt.

Das ist doch offensichtlich kein Verstoß gegen die Badeordnung . . .
Nein, darüber beschweren sich die Leute dann auch nicht. Sie beklagen sich, dass der andere Schwimmer auf der Bahn zu nahe heranschwimmt oder zu stark spritzt. Aber da muss ich sagen: wer ins Schwimmbad geht, muss eben damit rechnen, dass die Haare nass werden. Und im Schwimmbad halten wir es mit der Straßenverkehrsordnung: Jeder ist zur Rücksicht verpflichtet. Wer vorwärts schwimmt, sieht denjenigen, der rückwärts schwimmt, besser und kann ausweichen.

Ein Bademeister hat eine Trillerpfeife – wo ist denn Ihre?
Wir haben keine. Ich habe auch in all den Jahren nie eine benutzt. Man löst die meisten Situationen viel besser, wenn man zu den Leuten hingeht und erklärt. Statt zu sagen „Sie müssen mit Ihrem Kind hier aus dem Becken heraus“ ist es besser, etwa einem Vater zu vermitteln, dass ins Schwimmerbecken eben nur Schwimmer dürfen – und keine Kinder mit Schwimmflügeln. Außerdem wollen wir unseren Badegästen schlicht nicht den Lärm einer Trillerpfeife zumuten.

Sie haben die Übersicht über die Becken und die Badegäste. Sieht man da auch, wenn sich im Laufe eines Sommers etwas anbahnt?
Unsere Aufgabe ist es, die Badegäste zu beobachten. Da bekommt man natürlich auch mit, wenn sich im Laufe der Zeit personell etwas verändert. Wir sind natürlich diskret – aber in so einem Bad kann man sich schon kennenlernen. Ich selbst habe meine Partnerin hier kennengelernt.