Tatort Hoppenlaufriedhof: Hier soll Tilo Gödecke angeblich gegen das Fütterungsverbot von Tauben verstoßen haben. Foto: Haar/Gödecke (z)

In der kalten Jahreszeit müssen Vögel gefüttert werden. Doch die Stadt hat hier ganz klare Regeln. In diesem Regelwerk haben sich nun Ordnungskräfte und das Ordnungsamt in einem Fall mit einem Stuttgarter Tierfreund verheddert.

Stuttgart - Der Mann ist ein Freund der Vögel.. Mit Mehlwürmern, Nüssen und Körnern im Gepäck marschiert Tilo Gödecke oft auf den Hoppenlaufriedhof, um Kohl- und Blaumeisen zu füttern. Die kleinen Piepmätze danken es ihm – sie fressen ihm sogar aus der Hand. Es macht ihn glücklich. Allerdings kann er dieses Glück nicht mit allen teilen. Vor allem Polizisten, die in ihren Autos auf dem Friedhof patrouillieren, missbilligten Gödeckes Vogelliebe. Sie erwischten den Rentner gewissermaßen in flagranti, als er aus Beamtensicht gegen das Vögel-Fütterungsverbot verstoßen hatte. „Denn just in diesem Moment ist eine Kohlmeise auf meiner ausgestreckten Hand gelandet“, erinnert sich Gödecke. „Der Polizist und drei weitere ausgestiegene Polizisten ermahnten mich dann mit den Worten: ,Vögel füttern ist in Stuttgart nicht erlaubt.’“

Das wollte der frühere Schadensanalytiker des Max-Planck-Instituts freilich nicht so stehen lassen. Er wähnte die Beamten im Unrecht und sich im Recht. So soll sich ein Dialog entsponnen haben, der ungefähr so abgelaufen sein soll: Polizist: „Sie haben eine Ordnungswidrigkeit begangen.“ Gödecke: „Habe ich nicht. Ich füttere Meisen. Tauben zu füttern, ist verboten.“ Polizist: „Eine Taube und eine Meise ist das Gleiche – es ist ein Vogel.“ Gödecke: „Dann haben Sie im Biologieunterricht nicht gut aufgepasst.“

Brief vom Ordnungsamt

Am Ende wird die Sache aktenkundig. Tilo Gödecke bekommt einen Brief vom Ordnungsamt. Eine Sachbearbeiterin schließt den Brief mit folgenden Worten: „Ich bitte Sie um Verständnis, dass das Füttern bestimmter Vögel im Bereich des Hoppenlaufriedhofs nicht erlaubt ist. Verstöße können mit einem Bußgeld geahndet werden, worauf die Kollegen der Polizei zu Recht hingewiesen haben.“

Freilich ist dies nur eine Ermahnung. Und doch fühlt sich Gödecke nicht fair behandelt. Denn im gleichen Schreiben habe die Stadt sehr genau differenziert, was erlaubt und was verboten ist: „Durch die Polizeiverordnung der Landeshauptstadt Stuttgart zur Abwehr von Tauben- und Wasservögeln ausgehenden Gefahren vom 16. März 2017 ist es im gesamten Stadtgebiet verboten, Tauben zu füttern. Für Enten, Schwäne, Wildgänse und Rallen gilt dieses Verbot insbesondere in öffentlichen Grünanalgen, zu denen der Hoppenlaufriedhof zählt.“ Daher bekräftigt Tilo Gödecke noch einmal das, was er schon den Polizeibeamten gesagt hat: „Ich habe weder Tauben, Schwäne, Enten oder Rallen gefüttert. Außerdem kommen diese Vögel im Hoppenlaufriedhof gar nicht vor.“

Im Winter braucht es Zufütterung

Auf den Fall angesprochen, zeigte ein Mitarbeiter Verständnis für Gödeckes Aufregung. Um den Stuttgarter zu beruhigen, versicherte der Mann vom Amt, dass tatsächlich kein Verstoß gegen Recht und Ordnung vorliege. Vielmehr gehe es darum, die Bürger zu sensibilisieren. Hintergrund sei, dass viele Bürger in ihrer Tierliebe so viel Futter auslegen, dass diese Mengen auch für Vögel auf der roten Liste erreichbar sind. „Genau das wollen wir verhindern“, sagt der städtische Ordnungshüter. „Natürlich haben wir gerade jetzt im Winter nichts dagegen, wenn die anderen Vögel gefüttert werden.“

Tatsächlich sind in der kalten Jahreszeit viele Wildvögel auf Zufütterung angewiesen. Vor allem bei Schnee und Frost wird die Suche nach natürlichem Futter schwer. Allerdings kann man bei der Winterfütterung einiges falsch machen, wie der Nabu mitteilt und auf seiner Internetseite (www.nabu.de) Tipps zu richtigen Winterfütterung gibt.

Für Tilo Gödecke, der sich in der Vogelkunde auskennt, sind diese Hinweise nichts Neues. Vielleicht ist er daher nur schwer zu besänftigen. Für ihn steht fest: „Die Stuttgarter Verwaltung ist für mich ein gigantischer bürokratischer Kreisverkehr unter der Führung eines grünen Oberbürgermeisters.“