Der Autoverkehr auf der Abflugebene vor den Terminals soll neu organisiert werden. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Die Betreibergesellschaft des Stuttgarter Flughafens will die Autoflut vor den Terminals in bessere Bahnen lenken. Ankommende Fluggäste sollen nun versuchsweise Tickets für Busse und Bahnen erhalten. Dafür gibt es ein Vorbild. Die Passagierzahl ist zuletzt stark gestiegen.

Stuttgart - Trotz Klimaschutzdebatten und Flugscham in Teilen der Bevölkerung: Die Flughafen Stuttgart GmbH (FSG) steuert auf einen weiteren Passagierrekord zu. Noch deutlich vor den Weihnachtstagen dürfte erstmals die Zahl von 12 Millionen Fluggästen pro Jahr geknackt werden. Bis Silvesterabend könnte sich die Passagierzahl auf rund 12,6 Millionen erhöhen – ein Plus von rund acht Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für das kommende Jahr ahnen Walter Schoefer, Sprecher der Geschäftsführung, und seine Kollegin Arina Freitag zwar einen geringfügigen Rückgang; das liegt jedoch weniger am Klimaschutz oder an ersten Hiobsbotschaften aus Unternehmen über Stellenabbau.

Diese wirtschaftliche Entwicklung werde „nicht ohne Folgen für uns bleiben“, sagt Schoefer zwar, doch in erster Linie werden die Erwartungen etwas getrübt durch die unvermeidliche Teilsanierung der Start-und-Landbahn. An 56 Tagen zwischen 23. April und 17. Juni wird der Betrieb mehr oder weniger eingeschränkt sein. Das könne den Flughafen rund 400 000 Fluggäste kosten. Im Endeffekt rechne man für 2020 mit einem leichten Minus und noch rund 12,2 oder 12,3 Millionen Passagieren, aber mit mehr Flugreisenden als 2018 (11,83 Millionen).

Gleich zwei Interimsprojekte im Frühjahr 2020

Ebenfalls im Frühjahr wird es eine weitere Interimsphase geben: Zwei oder drei Monate lang wollen die Flughafenchefs den ankommenden Fluggästen im Bereich Gepäckausgabe Freifahrkarten für öffentliche Verkehrsmittel spendieren. Das ist als „flankierende Maßnahme“ zur Einführung einer neuen Zufahrtsregelung für Autofahrer auf der Abflugebene der Terminals geplant. Diese Regelung wird irgendwann zwischen März und Mai in Kraft treten. Dann sollen eine Ticketausgabe an Schranken und das Verkehrsleitsystem bewirken, dass sich maximal etwa 700 Autos vor den Zugängen zur Abflugebene befinden. Dabei gibt es einen Zusammenhang mit der Ankunft von Passagieren: Autofahrer halten oft unerlaubt lang gratis auf der Abflugebene, um auf Reisende zu warten, weil sie unten auf dem Parkplatz vor der Ankunftsebene Gebühren bezahlen müssten. Nun will man testen, ob die Freifahrscheine für ankommende Fluggäste eine Entspannung bringen. Auszubildende der FSG hätten schon begonnen, Kassenautomaten herzurichten, an denen man seine Bordkarte einscannen und im Gegenzug ein Ticket für den Zeitraum der folgenden zwei Stunden erhalten könne, heißt es. Der Flughafen Genf habe ein derartiges System sogar dauerhaft eingeführt.

Die Verwendung der Steuermittel wurmt den Flughafenchef

Einen besonderen Wunsch hat Schoefer für 2020 auch noch: dass die Bemühungen der Luftfahrtbranche um Umweltfreundlichkeit sowie die Anstrengungen des Flughafens für Nachhaltigkeit am Boden besser geschätzt werden. Schoefer wurmt es auch unverkennbar, dass der Bund Einnahmen von rund 750 Millionen Euro aus der erhöhten Luftverkehrssteuer „bahnseitig“ ausgebe, anstatt damit die „großtechnische Markteinführung“ von umweltfreundlicheren Kraftstoffen im Luftverkehr zu fördern. Als Folge der höheren Steuer seien vom Fluggast bei 97 Prozent der Flüge ab Stuttgart nun jeweils 13,03 statt 7,50 Euro aufzubringen, sagten die Geschäftsführer. Für längere Flüge ist die Gebühr höher.

Die Kasse der FSG dagegen stimmt. Da sie ihre Jahresraten für das Bahnprojekt Stuttgart 21 – bisher etwa 30 bis 40 Millionen Euro – abgearbeitet hat, ist 2019 vielleicht sogar ein Rekord beim Jahresergebnis drin. Jeden Euro wird man aber noch brauchen, denn man habe im Zeitraum bis 2040 „ein richtig großes Bauprogramm vor der Brust“ mit einem Volumen von gut und gern zwei Milliarden Euro, sagte Schoefer. Der Aufsichtsrat hat dem Programm – darunter der Neubau von Terminal 4 und Anpassungen in bestehenden Terminals – im Grundsatz grünes Licht gegeben, doch dafür werde kein Geld von den Gesellschaftern Land und Stadt Stuttgart kommen. Und zusätzliches Baugelände werde auch nicht genehmigt.