Die Teilnehmerin Nadine Kappel (links) lässt sich von Leonie Seidel (Mitte) und Tanja Auer die Arbeit erklären. Foto: Julia Schuster

Vor einem Jahr ist die externe berufliche Bildung des Behindertenzentrums in das Industriegebiet Vaihingen-Möhringen gezogen. Jetzt zieht die Einrichtung Bilanz.

Möhringen - Zwölftausend Einzelteile liegen in blauen Kisten verpackt und warten auf ihren Einsatz: Felix Karolczak und Nadine Kappel kümmern sich um die Metallteile, die später in Fenstern verbaut werden sollen. Sie legen das Metall in die Presse ein, eine Klammer kommt dazu, der Hebel wird nach unten gedrückt, et voilà, fertig. Die bearbeiteten Stücke kommen in die große, blaue Kiste zurück, Fehlexemplare in eine kleine rote. Der Auftrag kommt von einem benachbarten Unternehmen; eine Woche haben Karolczak und Kappel für ihn Zeit.

Die beiden jungen Leute sind Teilnehmer der externen beruflichen Bildung des Behindertenzentrums (BHZ). Das Programm soll Menschen mit Behinderung auf das Arbeitsleben vorbereiten – ob später in der Werkstatt oder auf einem externen Arbeitsplatz. Über einen Zeitraum von zwei Jahren werden sie im BHZ betreut.

Basics für den Arbeitsmarkt

„Unsere Einrichtung ist nicht nur berufs- sondern auch persönlichkeitsbildend“, sagt Leonie Seidel. Sie ist Mitarbeiterin des BHZ. Gerade junge Menschen müssten lernen, sich auf die Arbeit zu konzentrieren. Die Leiterin Tanja Auer ergänzt: „Die Rahmenbedingungen müssen stimmen: Begrüße ich morgens die Kollegen? Wie gehe ich mit Konflikten um? Das sind die Basics für den Arbeitsmarkt.“

In zwei großen Räumen arbeiten die Menschen mit Behinderung die Aufträge der Industrie ab; hinzu kommen regelmäßige Praktika. „Aber hier ist die Basis; hier lernen wir die Teilnehmer kennen, und sie steigen ins Programm ein“, sagt Auer. Das geht gut am Einsatzort Möhringen. Vor einem Jahr ist die externe berufliche Bildung des BHZ an die Breitwiesenstraße gezogen. Zwölf Teilnehmer können dort gleichzeitig betreut werden.

Der Standort birgt Vorteile. „Wir spüren die Nähe zur Industrie. Wir arbeiten Tür an Tür mit normalen Firmen“, sagt Seidel. Auch Auer fällt eine Veränderung auf. „Innerhalb der Werkstatt herrscht ein ganz anderer Umgang.“ Hier seien die Teilnehmer viel selbstständiger. Sie würden sehen, dass auch in den benachbarten Firmen gearbeitet wird. Umgekehrt zeigen auch die Unternehmen Interesse. Gemeinsam nutzen alle die öffentliche Betriebskantine. Auch das sei manchen Teilnehmern erst einmal unangenehm. „Sie merken aber dann, dass sie gar nicht blöd angeguckt werden“, sagt Auer.

Der Wunsch auf einen externen Arbeitsplatz

Das Projekt der externen beruflichen Bildung hat drei Standorte in Stuttgart. Insgesamt werden knapp 40 Menschen mit Einschränkungen betreut. Seidel und Auer achten darauf, ihre Schützlinge möglichst realistisch an das Arbeitsleben heranzuführen. Die Arbeitstage sind strikt getaktet: Um 8 Uhr fängt die Gruppe an; Feierabend ist um 16 Uhr. „Nur Überstunden gibt es nicht“, sagt Teilnehmer Karolczak. Ihm und seiner Kollegin Kappel gefällt die Arbeit. „Es macht Spaß“, sagt Kappel.

Viele der Teilnehmer haben den Wunsch, später in einer Firma zu arbeiten. Nicht jeder erreicht das Ziel. Derzeit arbeiten 45 Menschen mit Behinderung auf sogenannten betriebsintegrierten Arbeitsplätzen des BHZ. Doch in erster Linie geht es Leiterin Auer gar nicht darum. „Wir wollen die Menschen motivieren, etwas Neues auszuprobieren, damit sie sich später nicht fremdbestimmt, sondern bewusst für die Werkstatt oder einen externen Arbeitsplatz entscheiden können.“