Ein Blick über die Dächer von Zuffenhausen: Vor allem die Vielfalt und die positiven Seiten des Bezirks sollen hervorgehoben werden. Foto: Archiv Bernd Zeyer

Was bedeutet der Begriff Heimat, was bewegt die Menschen, fühlen sie sich hier wohl, was ist gut, was gefällt weniger – diese und andere Fragen stellen Studierende der Hochschule für Kommunikation und Gestaltung Zuffenhäuser Bürgern.

Zuffenhausen - Seit einigen Wochen sind Studierende der privaten Hochschule für Kommunikation und Gestaltung (HfK+G) in Zuffenhausen unterwegs, um Einwohner zu befragen. Was bewegt die Menschen, fühlen sie sich hier wohl, was ist gut, was gefällt weniger, das sind einige der Dinge, die die jungen Leute in Erfahrung bringen möchten. Hintergrund für diese Aktion ist ein Projekt der HfK+G und dem Verein „Aktive Stuttgarter“, dem Dachverband der 23 Stuttgarter Handels- und Gewerbevereine. Profitieren sollen die Bezirke (Im Idealfall liefert das Projekt neben Meinungen und Anregungen auch Lösungsansätze bei bestimmten Problemen) als auch die Hochschule, die auf diese Weise ein innovatives Lernkonzept umsetzen kann. Als Pilotbezirk wurde Zuffenhausen ausgewählt, vertreten durch die Fachgruppe „Zuffenhausen Zuhause“ (ZuZu) des Bundes der Selbständigen (wir berichteten).

Eine der Studentinnen ist Alina Draeger. Die 20-Jährige beschäftigt sich mit dem Thema „Heimat“. Sie hat bereits einige Zuffenhäuser befragt, das Spektrum reicht dabei von Ladeninhabern über Restaurantbetreiber bis hin zu Vertretern aus Kirche, Verwaltung und Kunst. Da die Kommunikationsdesign-Studentin bislang nichts mit Zuffenhausen zu tun hatte, konnte sie unvoreingenommen an ihre Arbeit gehen. Auch wenn es seitens einiger Kommilitonen durchaus Fingerzeige gab: „Ich hörte, dass sich die Leute in Zuffenhausen oft beschweren und meinte, es ist ein ziemlich schlimmer Stadtteil“, erzählt die junge Frau. Als sie dann aber das erste Mal im Bezirk unterwegs gewesen sei, habe sie gedacht: „Wo ist eigentlich das Schlimme?“ Dass es relativ viele Menschen mit Migrationshintergrund gebe und die Zahl der Einzelhändler sehr überschaubar sei, so etwas wäre sie durchaus von anderswo gewohnt.

Heimat erkennt man oft erst aus der Distanz

Besonders interessant sind handschriftliche Zitate, auf denen die Befragten sich zum Thema „Heimat“ äußern. „Was Heimat ist, erkennt man oft erst aus der Distanz“, lautet beispielsweise ein Satz. Für jemand anderen beginnt Heimat dann, wenn sich die Tür zur Wohnung der Oma öffnet. „Heimat bedeutet für mich das Zusammenleben und das Wohlgefühl der Mitmenschen in meinem Wohnviertel“, so ein weiteres Zitat. Oder: „Heimat ist für mich Zuffenhausen mit all seinen Facetten und seiner bunten Bevölkerungsstruktur und dem vielfältigen Sport- und Kulturangebot.“

Gerade diese Vielfalt hat auch Draeger beeindruckt. Junge und alte Bürger sowie Menschen aus vielen verschiedenen Kulturen würden hier leben, auch sonst habe Zuffenhausen viele Facetten: Naherholungsgebiete wie den Stadtpark, Industrieansiedlungen wie die Firma Porsche, den historischen alten Flecken, eine lebendige Vereinskultur, ein Ärztehaus, mit der Unterländer Straße eine echte Einkaufsmeile, zudem sei der Bezirk gut per Bahn an die City angebunden.

„Wir wollen die positiven Seiten zeigen“

„Wir wollen die positiven Seiten zeigen“, sagt Draeger. Natürlich gebe es auch Negatives, aber Probleme wie Lärm, Luftverschmutzung, Ladensterben, soziale Konflikte und eine schlechte Wohnsituation seien nicht Zuffenhausen-spezifisch. „Wir wollen mit dem Projekt aufmerksam machen, Probleme lösen können wir nicht“, sagt die junge Frau.

Was Draegers Thema „Heimat“ angeht, so möchte sie als Abschlussarbeit im Januar ein kleines Buch mit kurzen Porträts der Befragten zusammenstellen. Ihre Kommilitonen werden ebenfalls Abschlussarbeiten anfertigen, unter anderem ist ein Comic geplant, in dem sich ein Superheld um die Zuffenhäuser Probleme kümmert. Wenn man sie nach ihrer eigenen Meinung zum Thema von „Heimat“ fragt, dann bekommt man eine sehr differenzierte Antwort: Rein örtlich gesehen liege ihre Heimat dort, wo sie aufgewachsen sei. „Heimat ist aber auch ein Gefühl, das bestimmte Personen bei mir auslösen – egal, wo ich gerade unterwegs bin.“