Einen besseren öffentlichen Nahverkehr wünschen sich viele, um das Auto nicht mehr zu benötigen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Wie wichtig ist bei der Wohnortwahl eine gute Verkehrsanbindung? Und welche Verkehrsmittel wünschen sich die Menschen in der Region? Eine Studie bringt einige Erkenntnisse darüber – von denen nicht alle schmeichelhaft für die Befragten sind.

Stuttgart - Manchmal gehen Wunsch und Wirklichkeit auseinander. Das ist auch bei der Fortbewegung so. Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass das Auto dass allein selig machende Verkehrsmittel in Stuttgart ist. Jedem sein heiligs Blechle, wie man es in der Autostadt trotz aller Luft- und Stauprobleme vermutet. Die Wüstenrot & Württembergische wollte als Bausparkasse wissen, welche Rolle die Verkehrsanbindung bei der Wahl des Wohnorts spielt und hat das Institut Kantar TNS mit einer Studie beauftragt. 500 Menschen aus Stuttgart und der Umgebung haben geantwortet. Und für ein zunächst klares Ergebnis gesorgt: 61 Prozent von ihnen nennen zuerst das Auto als hauptsächlich genutztes Fortbewegungsmittel für den Alltag. Alles andere von Bus und Bahn bis hin zum Fahrrad landet weit abgeschlagen dahinter. Alles klar also?

Nicht ganz. Denn viele Befragte nutzen den Pkw offenbar nur, weil es nicht anders geht, und nicht aus Begeisterung. Auf die Frage, welches Fortbewegungsmittel sie am liebsten nutzen würden, wenn sie es sich frei aussuchen könnten, sehen die Antworten ganz anders aus. Hier liegen die öffentlichen Verkehrsmittel mit 39 Prozent knapp vor dem Auto mit 38 Prozent.

Noch deutlicher wird das Bild bei Menschen, die jünger als 40 Jahre sind. Hier verliert das Auto massiv an Bedeutung. Fast 40 Prozent von ihnen nutzen schon heute vor allem die Öffentlichen, in Stuttgart selbst noch mehr als im Umland. Wenn sie frei wählen könnten, würden gar 46 Prozent von ihnen den Nahverkehr vorziehen, das eigene Auto nur noch 28 Prozent.

Eher geringes Potenzial für das Fahrrad

Deutlich wird aber auch, dass dem Fahrrad keine so große Bedeutung zukommt, wie die Politik manchmal glauben machen will. Nur jeder zehnte Befragte nutzt es als hauptsächliches Verkehrsmittel – und das Potenzial hält sich in Grenzen. Selbst wenn alle Bedingungen und Wege für sie optimal wären, würden nur 18 Prozent dauerhaft auf den Drahtesel umsteigen. Die Lücke zum Ist-Zustand ist also relativ klein.

Unterm Strich haben die Befragten fast durch die Bank angegeben, dass die Verkehrsinfrastruktur ein wesentliches Kriterium für die Wahl des Wohnorts ist. Am wichtigsten sind dabei trotz der eher geringen Nutzung gute Fuß- und Radwege, gefolgt von Bahnen und Bus. Die Anbindung an Schnellstraßen spielt für sehr viel weniger Menschen eine herausragende Rolle.

Und was folgt aus all dem? Für Bernd Hertweck, den Vorstandsvorsitzenden der Wüstenrot Bausparkasse AG, leitet sich daraus ein klarer Auftrag an die Kommunen ab. „Es scheint einen Generationenwandel zu geben. Bei jungen Leuten nimmt die Bedeutung des eigenen Autos offensichtlich ab“, sagt er. Wenn Städte und Gemeinden diese Gruppe als Einwohner halten oder neu gewinnen wollten, brauche es also „verstärkte Investitionen in eine gute Infrastruktur beim öffentlichen Nahverkehr“.

Klare Ablehnung von Fahrverboten

Im Hinblick auf die Ergebnisse beim Thema Fahrrad folgert er: „Wenn man sich die öffentliche Diskussion anschaut, erhält man manchmal den Eindruck, das Fahrrad sei das Allheilmittel gegen den viel zitierten Verkehrsinfarkt. Doch nur mit dem Ausbau von Fahrradwegen werden Städte und Gemeinden als potenzieller Wohnort für einen Großteil der Bevölkerung nicht attraktiv.“ Stattdessen brauche es mehr ganzheitliche Konzepte, die Fahrrad und öffentliche Verkehrsmittel intelligent miteinander vernetzen, so Hertweck.

Viele Leute würden also ihr Auto weniger nutzen oder abschaffen, wenn sie einen besseren öffentlichen Nahverkehr hätten. Das klingt zunächst hoffnungsvoll für staugeplagte Städte. Doch wie gesagt: Wunsch und Wirklichkeit gehen manchmal auseinander.

Auch in diesem Punkt. Denn die Bereitschaft, für den Umstieg selbst persönliche Einbußen in Kauf zu nehmen, fällt ziemlich gering aus. In der Studie wurde auch gefragt, was für die Leute akzeptabel wäre, um eine bessere Verkehrssituation am Wohnort zu schaffen. Das Ergebnis: Am ehesten noch können sich die Leute Fahrverbote vorstellen – doch auch hierfür gibt es keine Mehrheit, sondern nur eine Zustimmung von 41 Prozent. Noch weniger akzeptieren würden sie höhere Fahrscheinpreise für den Ausbau des Nahverkehrs (37 Prozent). Und nur ein Viertel der Befragten wäre bereit, zusätzliche Gebühren für die Nutzung von Straßen, etwa in Form einer City-Maut, zu bezahlen.

Es gibt also etwas zu tun für die Stadt Stuttgart und die umliegenden Kommunen – und glaubt man der Studie, ist es die Verbesserung der öffentlichen Verkehrsmittel.