Der flexible Bus fährt nur noch bis zum 9. Dezember. Foto: Gottfried Stoppel

Das Reallabor wird abgeschlossen, der flexible Busverkehr im Süden Schorndorfs endet demnächst. Der Versuch hat einige Erkenntnisse gebracht.

Schorndorf - Wer noch einmal mit Gottlieb oder Barbara fahren möchte, muss sich sputen. Denn mit dem Fahrplanwechsel endet die Praxisphase des Reallabors Schorndorf: Der letzte Umlauf startet am 9. Dezember um 5.19 Uhr am Bahnhof. Danach wird wieder umgestellt auf den regulären Linienbetrieb, es gilt der Fahrplan der Linien 242 und 247. „Damit endet auch die Zeit der Kleinbusse: Barbara war geleast und Gottlieb gehört der Fachhochschule Esslingen“, sagt Mascha Brost, die Projektleiterin vom deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Damit endet ein in Deutschland und vermutlich sogar Europa einmaliges Experiment.

200 virtuelle Haltepunkte

Seit Anfang März waren die beiden Kleinbusse am Wochenende im Süden Schorndorfs unterwegs. Davor hat eine Projektgruppe zwei Jahre lang an dem Mobilitätskonzept getüftelt: Gottlieb und Barbara halten nicht nach Fahrplan, sondern verkehren je nach Bedarf. Die Routen stellt ein digitales Bestellsystem aus den Fahrtenwünschen der Nutzer zusammen, zusätzlich den vorhandenen Haltestellen wurden 200 virtuelle Haltepunkte definiert, an denen zugestiegen werden kann. Der flexible Bus stellt kein zusätzliches Angebot dar, sondern ersetzt zwei reguläre Linien.

Mehr als 10 000 Personen haben bisher eine Fahrt mit dem Bedarfsbus gebucht. „Zusätzlich gab es immer viele Spontanzustiege am Bahnhof, die aber vom System nicht erfasst sind“, erläutert Mascha Brost. Eine Fahrgastzählung soll über ihren Anteil Aufschluss geben, allerdings ist diese noch nicht ausgewertet. Die allermeisten haben ihre Fahrt über die eigens entwickelte App eingebucht: Der Anteil liegt zwischen 60 und 80 Prozent, das Telefon wurde dafür in 30 Prozent der Fälle genutzt, die Website nur in zwei Prozent.

„Ich hätte nicht gedacht, dass es so einen Siegeszug der mobilen Nutzung gibt“, sagt Manfred Beier. Überraschend findet der zuständige Fachbereichsleiter der Stadt Schorndorf noch eine andere Zahl: Obwohl die flexiblen Busse ein größeres Gebiet als der Linienverkehr abdecken und zusätzlich samstagnachts unterwegs sind, legen sie sehr viel weniger Kilometer zurück. An 30 Wochenenden sind Gottlieb und Barbara 18 749 Kilometer gefahren, der Linienbetrieb kommt auf 20 791 Kilometer. „Das liegt daran, dass es zum Beispiel keine Leerfahrten gibt oder nicht benötigte Haltestellen ausgelassen werden“, erläutert Diana Gallego, eine Projektmitarbeiterin von der Stadt Schorndorf. Das Experiment habe zudem gezeigt, dass kleine Busse ausreichten – die nicht nur leiser seien, sondern auch weniger Kraftstoff benötigten.

Weniger Sprit, mehr Begleitung

Zum Abschluss berichten die Projektmitarbeiter, dass der Bedarfsbus vielleicht weniger Benzin, dafür aber mehr Begleitung benötigt als ein Linienbus: „Es braucht viel Kommunikation, weil ein solches System eine große Umstellung für die Fahrgäste ist“, sagt Mascha Brost. Für manche eine zu große: Um zum Beispiel älteren Marktbesuchern entgegenzukommen, wurde Ende Juli deshalb wieder der Linienverkehr am Samstagvormittag eingeführt. Auch am Freitagnachmittag fuhren die Busse ab diesem Zeitpunkt wieder nach Plan, um die Stoßzeiten der Pendler abzufedern. Solche Veränderungen haben sich nach Workshops und dem regen Austausch mit den Schorndorfern ergeben: „Ein solches Projekt lebt von der Beteiligung der Bürger. Wir sind viel auf die Menschen zugegangen und haben viel gelernt“, sagt Diana Gallego.

Gespannt ist man nun, welche Reaktionen es nach dem Ende des Reallabors von den Fahrgästen gibt: „Es melden sich jetzt schon viele, die das bedauern, weil sie zum Beispiel abends nach dem Konzertbesuch eine bessere Anbindung haben. Andere hingegen freuen sich auf den regulären Fahrplan“, sagt Diana Gallego.

Und wird man irgendwann in der Zukunft wieder einen Bedarfsbus durch Schorndorf fahren sehen? Nicht in den kommenden sechs Jahren, „denn so lange sind die Linien an die Omnibusunternehmen vergeben“, sagt Manfred Beier.

Abschluss mit Ausstellung

Veranstaltung
Am 25. Januar findet von 18 Uhr an im Schorndorfer Rathaus eine öffentliche Abschlussveranstaltung zum Reallabor statt. Gleichzeitig wird eine Ausstellung eröffnet, die Ergebnisse und allgemeine Infos zum Projekt zeigt. Zudem werden Fahrzeugideen der Zukunft präsentiert, in die auch Vorschläge von Schorndorfern eingeflossen sind.