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Die Hamburger wollen das nächste Heimspiel gegen Bremen nicht ohne Zuschauer austragen.

Hamburg - Der FC St. Pauli hat nach dem Becherwurf-Skandal die Härte der Fußball-Justiz zu spüren bekommen, will aber mit einem Einspruch das erste „Geisterspiel“ der Bundesliga-Geschichte noch abwenden. Nur wenige Stunde nach dem Urteil des DFB-Sportgerichts legte der Club am Freitag fristgerecht Widerspruch ein. Der Sportgerichtsvorsitzende Hans E. Lorenz hatte zuvor entschieden, dass der Aufsteiger sein Heimspiel am Ostersamstag gegen Werder Bremen unter Ausschluss der Öffentlichkeit bestreiten muss.

„Wir geben die Hoffnung auf eine Änderung des Urteils nicht auf und möchten dem DFB unseren Standpunkt darlegen“, sagte Teammanager Christian Bönig am Freitag. Zuvor hatte sich das Präsidium eingehend mit dem Urteil befasst. Nun kommt es in der kommenden Woche in Frankfurt/Main zur mündlichen Verhandlung.

St. Pauli: "Sehen uns nicht als Schuldige"

„Der Club hat die Verantwortung für alle Zuschauer, trägt an dem Becherwurf aber keine Schuld. Wir verurteilen das, sehen uns aber nicht als Schuldige“, erklärte Bönig. Daher sei es wichtig, in einer mündlichen Verhandlung die Auffassung des Clubs zu erläutern, betonte Präsident Stefan Orth. Am vergangenen Freitag hatte ein Pauli-Fan den Schiedsrichter-Assistenten Thorsten Schiffner mit einem geworfenen Bierbecher verletzt und somit für den Abbruch der Partie gegen den FC Schalke 04 gesorgt. Das Spiel wurde mit 2:0 für Schalke gewertet.

„Die Verursachung eines Spielabbruchs stellt einen schweren Eingriff in das Spielgeschehen und den Wettbewerb dar und kann nur mit einer konsequenten Sanktion geahndet werden“, begründete der Sportgerichts-Vorsitzende Hans E. Lorenz das harte Durchgreifen des Verbandes. Bleibt es bei dem Urteil, das abschreckende Wirkung haben soll, käme es zum ersten „Geisterspiel“ der Erstliga-Geschichte. „Die Sanktion ist auch aus generalpräventiven Gesichtspunkten erforderlich und soll künftigen Rechtsverletzungen vorbeugen“, erklärte Lorenz.

Eine Partie ohne Anhänger-Unterstützung würde den Club empfindlich treffen: Ihn erwarten Einbußen von rund 750 000 Euro. Zudem braucht das auf Abstiegsrang 17 abgestürzte Team in den zwei ausstehenden Heimspielen gegen Bremen und Bayern München jegliche Unterstützung. „Es wäre bedauerlich, wenn wir in so einem wichtigen Spiel ohne unsere Zuschauer auskommen müssten“, sagte Coach Holger Stanislawski.

Stanislawski hofft auf Einlenken des DFB

Auch er hofft noch auf ein Einlenken des DFB, zumal sonst auch die Bremer bestraft werden würden. Dann müssten den Fans - darunter 2000 Werderaner - die Ausgaben für das mit 24.400 Zuschauern ausverkaufte Spiel am Millerntor erstattet werden. Dem Tatverdächtigen droht eine Schadenersatzklage des Vereins, auch wenn dieser darüber noch nicht abschließend entschieden habe, sagte Bönig.

„Erstaunt und enttäuscht“ reagierte St. Paulis Fan-Beauftragter Stefan Schatz auf das vorgesehene Strafmaß: „Die DFB-Begründung ist wirklich schwach. Die Fans zweier Clubs müssen herhalten, um für ein generelles Problem im Fußball zu büßen und für Abschreckung zu sorgen.“ Auch die organisierten Bremer Fan-Clubs sind skeptisch. Die „Hot Spots“ warnten im offenen Brief an den DFB, nicht alles über einen Kamm zu scheren und erinnerten an ähnliche Vorfälle wie den Flaschenwurf von HSV-Spieler Paolo Guerrero auf einen Fan oder den Wurf eines Golfballes auf Bayern-Keeper Oliver Kahn in Freiburg.

„Falls eine Gleichbehandlung bei Fällen von Verstößen Ziel des DFB-Schiedsgerichtes ist, so wurde dies bislang nicht ersichtlich. Vielmehr legt die bisherige Handhabung den Verdacht nahe, dass vor allem die Funktion des Opfers und Täters über das Strafmaß mit entscheidet und nicht die Tat an sich“, argumentierte der Fan-Club und bezweifelt, ob eine Kollektivstrafe das richtige Mittel sei.

Mit dem Vorschlag, sozialen Projekten eine angemessene Geldsumme als Buße zukommen zu lassen, ist der Verein beim DFB bislang nicht durchgekommen. „Dem Sportgericht sind die Initiativen des FC St. Pauli bei der Förderung einer besonderen Fankultur bekannt. Diese werden durch das Urteil nicht infrage gestellt“, sagte Lorenz dazu.