Bei Ministerpräsident Winfried Kretschmann (rechts) ist Landesbund-Chef Kai Rosenberger offenbar auf Verständnis gestoßen mit seinem Vorstoß zur Arbeitszeit. Foto: Eppler

Die Beamten in Baden-Württemberg müssen 41 Wochenstunden arbeiten – die Tarifkräfte 39,5 Stunden. Nun strebt der Beamtenbund eine zügige Angleichung an. Die Begeisterung der Landesregierung ist gedämpft. Der Ministerpräsident zeigt sich aber aufgeschlossen.

Stuttgart - Schon der Tarifkonflikt bei den Metallern hat es gezeigt: Diese Gesellschaft ist auf einem neuen Weg im Umgang mit den Arbeitszeiten. Dies wünschen sich auch die Beamten im Land. Seit September 2003 müssen sie 41 Stunden in der Woche arbeiten – die Tarifbeschäftigten des Landes hingegen 39,5 Stunden. Im Herbst ist das Verlangen nach einer Verkürzung so mächtig geworden, dass es auf der Prioritätenliste des Beamtenbundes Baden-Württemberg an die zweite Stelle gerückt ist – gleich nach der Einkommensanhebung für die unteren Besoldungsstufen, deren Verfassungsmäßigkeit gefährdet sei.

Einen ersten Vorstoß für eine „zügige Angleichung“ an die Tarifkräfte hat der neue Landesbund-Chef Kai Rosenberger bei seiner Wahl Anfang Dezember gemacht. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) äußerte sich Wochen später aufgeschlossen für dieses Anliegen. „Wir werden weiterverhandeln und schauen, ob die Haushaltslage mehr hergibt“, sagte er. Rosenberger war – ähnlich wie Grüne oder Christdemokraten – positiv überrascht von Kretschmanns Signal. „Was konkret dahintersteckt, müssen wir schauen.“ Gelegenheit zur Nachfrage gibt es am 15. Februar. Dann trifft er bei seinem Antrittsbesuch im Staatsministerium auf Staatsminister Klaus-Peter Murawski.

Eine Frage der Wettbewerbsfähigkeit

Die meisten Bundesländer lassen ihre Beamten lediglich 40 Stunden arbeiten. „Wir wollen die Angleichung so schnell als möglich“, mahnt Rosenberger. Baden-Württemberg müsse im Vergleich der Bundesländer bei der Suche nach Arbeitskräften wettbewerbsfähig bleiben. „Die Zeit ist einfach reif dafür.“

Früher hätten Besoldung und Karriereperspektiven im Vordergrund der Bewerber gestanden – heute spiele gerade für die jüngeren Menschen die Arbeitszeit eine immer größere Rolle. Dabei gehe es ihnen weniger um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Vielmehr sei ihnen die Vereinbarkeit von Beruf und Freizeit enorm wichtig. „Viele würden am liebsten nach der Ausbildung sofort in Teilzeit beginnen“, meint Rosenberger – was damit zusammenhängen mag, dass da eine Generation ins Arbeitsleben hineinwächst, der es materiell gut geht und die Wert darauf lege, nicht zu viel zu arbeiten. Allerdings, so hat es der Landesvorstand des Beamtenbundes beschlossen, „sind wir nicht bereit, uns die Arbeitszeitverkürzung in irgendeiner Form zu erkaufen“, betont der Vorsitzende.

Es solle nicht so laufen wie früher einmal, als dafür eine reduzierte Übernahme des Tarifergebnisses hingenommen werden musste. Später wurde die Arbeitszeit wieder angehoben, ohne den vorherigen Besoldungsverzicht zu kompensieren. „So was ist bei den Mitgliedern hängen geblieben“, sagt Rosenberger. „Das passiert uns nicht noch einmal.“ Mit dem Vorstoß einher geht nach Vorstellung des Beamtenbundes ein Personalaufbau. Es könne nicht sein, dass die Beschäftigten nach einer Arbeitszeitverkürzung das gleiche Pensum zu verrichten hätten. Vielmehr müsste das Minus von eineinhalb Stunden in Mehrstellen umgerechnet werden. „Wenn nicht jetzt, wann dann?“

Keine Arbeitszeit-Pläne der Landesregierung

Die Begeisterung von Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) für derlei Vorhaben ist freilich gedämpft. „Es gibt keine Pläne der Landesregierung, die Arbeitszeit für Beamte zu verringern“, stellt ein Sprecher des Ministeriums gegenüber unserer Zeitung fest. „Was mögliche Verhandlungen für die nächste Tarifrunde angeht, müssen wir abwarten, was überhaupt auf den Tisch kommt.“ Die Vertreter der Tarifgemeinschaft der Länder für die 2019 anstehenden Verhandlungen seien ja erst kürzlich gewählt worden. Und die Übertragung des Tarifergebnisses auf die Beamten „wird erst diskutiert, wenn es ein Ergebnis gibt“.

Hat Kretschmann somit zu hohe Erwartungen bei den Staatsbediensteten geweckt? Er habe die Forderung nicht gleich in Bausch und Bogen abgelehnt – daraus lasse sich weder Offenheit noch Zustimmung ableiten, wird erläutert.

Rosenberger will mit Murawski sowie den Staatssekretären des Finanz- und des Innenministeriums künftig auch die vertraulichen Kaminrunden fortsetzen, die sein Vorgänger Volker Stich wiederbelebt hatte. Demzufolge muss er dort noch reichlich gute Argumente nachlegen, um die Diskussion zu befeuern.