Hat der Beamtenbund tatsächlich gegen den Kinderzuschlag von fast 1000 Euro protestiert? Dokumente belegen genau das Gegenteil, der Vorsitzende gerät in Erklärungsnot.
Kai Rosenberger sah offensichtlich Erklärungsbedarf. Per Webseite und Newsletter wandte sich der Landesvorsitzende des Beamtenbundes an die Mitglieder. Zum „Unmut in der Bevölkerung“, der sich am Monatszuschlag von fast 1000 Euro vom dritten Kind an entzündet habe, gebe es einiges klarzustellen.
„Diesen Vorschlag haben wir nie mitgetragen“, betonte Rosenberger, wie zuvor schon gegenüber unserer Zeitung. Im Gegenteil, man habe „gesellschaftspolitisch vor einer schwer erklärbaren, finanziellen Besserstellung von Beamtenkindern gewarnt“. Dadurch entstehe „ein falsches Bild, das die ohnehin unsachlich geführte Neiddebatte über den Beamtenstatus weiter anheizt“. Besser wäre es gewesen, gemäß den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts die Grundbesoldung für alle Staatsdiener so zu erhöhen, dass auch kinderreiche Familien angemessen alimentiert würden.
Landespolitik über Beamtenbund gelinde erstaunt
Nie mitgetragen? Gewarnt? Falscher Weg? In der Landespolitik stieß das auf gelindes Erstaunen. Als die Besoldung im Jahr 2022 nach einem Karlsruher Urteil geändert wurde, habe man dergleichen nicht gehört, wunderten sich gleich mehrere Akteure. Ihm sei eine solche Warnung „aus dem Stegreif nicht erinnerlich“, bekundete der CDU-Fraktionschef Manuel Hagel nach der Herbstklausur. Sein Grünen-Kollege Andreas Schwarz zeigte sich „etwas irritiert“: Aus den damaligen Stellungnahmen ergebe sich, dass der Beamtenbund die Pläne „eher sehr positiv beschieden“ habe.
Auch das Finanzministerium fand auf Anfrage keinen Beleg für den angeblichen Widerstand. „Der vom BBW behauptete Widerspruch . . . ist uns nicht bekannt“, so ein Sprecher. Tatsächlich habe sich der Verband für eine durchgehend höhere Grundbesoldung stark gemacht. Doch die sei aus finanziellen Gründen illusorisch gewesen: Statt der etwa 200 Millionen Euro, die der erhöhte Kinderzuschlag das Land jährlich kostet, wären fast zwei Milliarden angefallen. Bestens dokumentiert ist hingegen, wie sich der Beamtenbund offiziell äußerte. „Der BBW begrüßt, dass … der kinderbezogene Familienzuschlag ab dem dritten Kind erhöht werden soll“, heißt es in der Stellungnahme zum damaligen Gesetzesvorschlag. „Gut und richtig“ sei die Anhebung, stand in Erklärungen für Mitglieder und Öffentlichkeit, diese Konsequenz aus dem Karlsruher Urteil werde „positiv bewertet“. Damals ging es noch um etwa 750 Euro, die aktuelle Höhe von 989,17 Euro erreichte der Zuschlag erst durch spätere Anpassungen.
Kinderzuschlag für Beamte als „gut und richtig“ gelobt
Hat der Beamtenbund in Wahrheit also gelobt statt gewarnt? Den Widerspruch kann der Vorsitzende Rosenberger nur bedingt auflösen. „Grundsätzlich positiv“ habe man das Bemühen der Landesregierung bewertet, bei der Besoldung „einen verfassungskonformen Zustand herzustellen“. Über den Weg dorthin „hatten wir unterschiedliche Vorstellungen“. Der Kinderzuschlag sei damals nicht im Fokus gestanden, erst später habe man „in mündlichen Gesprächen“ auf die problematische Außenwirkung hingewiesen. Schon länger hatten Beamtenlobbyisten erwartet, dass die fast 1000 Euro eines Tages öffentlich kritisch debattiert würden. Doch es dauerte, bis der Betrag breiter bekannt wurde – und der Steuerzahlerbund ihn als „kaum nachvollziehbar“ rügte.
Beamtenprivilegien: SPD beklagt „völliges Ungerechtigkeitsgefühl“
In die Kritik stimmte inzwischen auch der SPD-Vormann Andreas Stoch ein. Er gönne den Beamten eine gute Alimentation, und Kinder seien wichtig für die Zukunft des Landes, betonte der Spitzenkandidat. Man müsse allerdings aufpassen, dass man „nicht Entscheidungen trifft, die zu einem völligen Ungerechtigkeitsgefühl, zu einer Schieflage führen“. Fast 1000 Euro pro Kind – das sei eine „am Ende wahrscheinlich falsche“ Entscheidung. Vor drei Jahren hatte Stoch das laut Beamtenbund noch anders gesehen: er könne dem Paket, zu dem auch die Zuschläge gehörten, „viel abgewinnen“.
Deutlich vorsichtiger äußerte sich der CDU-Landeschef und Spitzenkandidat Manuel Hagel. Man müsse sehen, dass das Land damals Vorgaben des Verfassungsgerichts umsetzte. Aber natürlich stelle sich die Frage: „Was sagen da d’Leut?“
Dieser Artikel erschien erstmals am 22. September 2025 und wurde am 23. September aktualisiert.