Spezialeinsatz im Schatten der Münchner Frauenkirche Foto: dpa

Beamte einer Spezialtruppe teilen im Chat antisemitische Videos und protzige Sex-Fotos. Anders als in Frankfurt handelt es sich aber nach heutigem Ermittlungsstand nicht um ein rechtsextremes Netz.

München - „Völlig inakzeptabel, bestürzend, unsäglich, im Widerspruch zu allen Werten, für die die bayerische Polizei steht.“ So hat sich Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) über den Skandal geäußert, der bei einer Spezialeinheit der Münchner Polizei aufgeflogen ist. Demnach müssen die Vorwürfe gewaltig sein, und nach den jüngsten Enthüllungen über ein rechtsextremes Netzwerk bei der Polizei in Frankfurt konnte man Ähnliches nun auch für München vermuten. Danach sieht es bisher allerdings nicht aus – auch wenn es schon drastische Disziplinarstrafen gehagelt hat. Ferner sind die Ermittlungen noch nicht ganz abgeschlossen.

Im Fokus stehen Beamte des sogenannten „Unterstützungskommandos“. Das sind kasernierte Hundertschaften, die bei „schwierigen Lagen“ zum Einsatz kommen, also etwa bei Demonstrationen mit Gewaltpotenzial oder beim Aufeinandertreffen gegnerischer Fußballfans. Von der Münchner Hundertschaft sind nach Angaben des örtlichen Polizeipräsidiums inzwischen sechs Beamte suspendiert; weitere neun Polizisten wurden fürs erste strafversetzt.

„Keiner hat gesagt: Lasst das!“

Den Beamten wird folgendes vorgeworfen: Sie sollen in einem Gruppenchat zwei antisemitische Videos geteilt haben, die ansonsten frei bei Youtube zugänglich sind. Daneben waren wohl auch geschmacklose sexuelle Protzfotos im Umlauf. Gewaltvideos seien nicht dabeigewesen, erklärt die Polizei. Die versetzten Beamten seien „wegen ihrer Äußerungen im Kommunikationsverlauf“ des WhatsApp-Chats aus der Spezialeinheit genommen worden; diese Äußerungen liegen laut Polizeipräsidium jedoch alle „unterhalb einer Strafbarkeit“.

Ferner sollen einige Polizisten bei der Ausbildung am „Taser“ andere Kollegen absichtlich mit diesem Elektroschocker verletzt haben, „entgegen der klaren dienstlichen Weisung, (mit diesem Gerät) keine Selbstversuche durchzuführen“, wie das Polizeipräsidium München schreibt. Auch sei auf einem Handy – offenbar nicht im Chat verbreitet – ein Foto gefunden worden, das Hakenkreuzschmierereien in einem Münchner Park zeigt. Polizeipräsident Hubertus Andrä erklärte, das Verhalten der Beamten sei „völlig inakzeptabel und ansehensschädigend.“ Er hätte sich gewünscht, „dass ein Kollege mal in den Chatverlauf hineingeschrieben hätte: ,Lasst das, löscht das und nie wieder.‘“ Das sei aber nicht erfolgt.

Ob Andrä den Fall damit für bearbeitet hält, war aus seinen Worten nicht ganz klar zu erschließen. Die internen polizeilichen Ermittlungen seien „vorerst abgeschlossen“, teilt er mit. Könnte also noch mehr herauskommen?

Keine Aktivität nach außen

Der große Unterschied zum Skandal bei der Frankfurter Polizei besteht – nach aktuellem Stand der Ermittlungen – darin, dass sich alles innerhalb der Hundertschaft selbst abgespielt hat. Und während in Frankfurt rechtsextremistische Drohbriefe an eine türkischstämmige Anwältin verschickt worden sind, ist in München nichts dergleichen nach außen gedrungen. So wurde es bei einer Pressekonferenz mit Minister Herrmann am Montag bestätigt. Dort hieß es aber auch, die Auswertung der Daten sei noch nicht abgeschlossen.

In der fraglichen WhatsApp-Gruppe waren nach Informationen des Bayerischen Rundfunks etwa vierzig Beamte zusammengeschlossen. Herrmann schloss am Montag nicht aus, dass die Organisation und die Ausbildung geschlossener Einheiten reformiert werden könnte. „Man muss beispielsweise fragen, ob in solchen geschlossenen Einheiten eventuell ein Geist herrscht, dass jemand, der gewisse Dinge nicht gut findet, sich dies nicht zu sagen traut“, sagte Herrmann.

Auf den fragwürdigen Münchner Gruppenchat war die Polizei aufgrund der anders gelagerten Anzeige einer jungen Frau gestoßen. Diese hatte sich nach einer privaten Disko-Party von einem Beamten sexuell belästigt oder missbraucht gefühlt. Daraufhin stiegen die Ermittler in die Chat-Verläufe des Beschuldigten ein.

Das bayerische „Unterstützungskommando“ besteht aus knapp 500 Polizisten, die bei der Einstellung (eigentlich) auf besondere charakterliche Stärke und körperliche Fähigkeiten geprüft werden. Es gliedert sich in vier Hundertschaften und – in Würzburg - einen „Zug“. Eine Hundertschaft gehört zum Polizeipräsidium München.