Georg Lenz (li.) und Felix Walz grillen ihre selbst entwickelten Kuchenröllchen. Foto: Peter-Michael Petsch

Die ersten Rauchschwaden aus Nachbars Garten signalisieren: Die Grillfreunde fangen wieder Feuer. Wer etwas Neues für den Rost sucht: Die Studenten Georg Lenz und Felix Walz haben mit dem BBQuchen kleine Kuchenrollen zum Grillen kreiert – und dafür gleich einen Preis gewonnen.

Stuttgart - Ein verwildertes Stück Grün und mittendrin ein riesiger Grill, Marke Eigenbau. Hier trifft sich an vielen Sommerabenden eine Plieninger Hausgemeinschaft aus lauter jungen Leuten, um zu brutzeln, was der Metzger hergibt: Deftiges, gern vom Schwein, und vor allem Würstchen jeder Art. Aber was gibt’s zum Nachtisch? Vielleicht Kuchen? Genau: BBQuchen, übersetzt Barbecue-Kuchen, die grillfähige Variante. Das Ganze sieht aus wie eine Bratwurst und wird auch in Därme gefüllt, die aber aus Zellulose bestehen. Hergestellt wird der Kuchen nicht aus Fleisch, sondern aus Nüssen, Eiern, Zucker, geriebenen Früchten oder Gemüse. Wie er schmeckt? Süß und köstlich.

„Wir haben lange daran herumgetüftelt“, erzählen Georg Lenz (23) und Felix Walz (24), deren wissenschaftlichem Forscherdrang ein herkömmliches Dessert nicht mehr genügte. Denn die beiden haben professionell stets Appetit auf Neues, weil sie einmal zu jenen Akademikern gehören wollen, die in den Küchen und Labors der großen Lebensmittelhersteller neue Produkte und Geschmäcker austüfteln.

An der Uni Hohenheim haben sie bereits ihren Bachelor in Lebensmittelwissenschaft und Biotechnologie absolviert und im Herbst den Masterstudiengang in Lebensmittelwissenschaft und -technologie begonnen. Unter der Moderation ihres Professors Jörg Hinrichs erweiterten die beiden das kulinarische Angebot für den Rost um den Grillkuchen. Dafür haben Lenz und Walz beim Forschungskreis der Ernährungsindustrie in Bonn ihre ersten Lorbeeren als Produktentwickler und obendrein ein Preisgeld von 1500 Euro eingeheimst.

Schon alles Mögliche in Därme gefüllt

„Ursprünglich wollten wir eine Art Karottenkuchen herstellen“, schildern Walz und Lenz die Entstehungsgeschichte ihrer Innovation. Die Idee, die Masse aus geriebenen Karotten mit Haselnüssen und Zimt in eine Hülle zu füllen, lag nahe. Denn den angehenden Lebensmittel-Experten steht in Hohenheim eine eigene Metzgerei samt Metzger zur Verfügung. „Wir haben auch schon Wurst selbst gemacht und alles Mögliche in Därme gefüllt: Pfannkuchenteig zum Beispiel. Und Eier.“ Die beiden verziehen den Mund. War wohl kein Knüller. Ganz im Gegensatz zum ersten Karotten-BBQuchen. „Dazu könnte man doch noch eine Soße zubereiten“, war die nächste Idee, die mit einer Orangen-Ingwer-Soße verwirklicht wurde. Und tatsächlich: Sie rundete den Genuss ab.

Neben dieser Kreation überzeugten zwei weitere die Juroren in Bonn: Die Kombination Mohn-Mango, begleitet von einer Himbeer-Limetten-Soße und die Variation Zucchini-Mohn mit Ananas-Minz-Soße. „Unser Professor hat uns animiert, mit diesem Produkt am Wettbewerb des Forschungskreises teilzunehmen“, erzählen die beiden. Nachdem dort schon im vergangenen Jahr vier Studentinnen aus Hinrichs Institut den zweiten Platz mit dem Fleisch-Snack „Meat me“ errungen hatten, erfüllten Walz und Lenz die Hoffnung auf eine Erfolgsserie: Sie setzten sich als eines von drei Hohenheimer Teams unter sechs Teams mit Platz eins an die Spitze.

Vor dem Finale in Bonn waren zwei Hürden zu bewältigen: „Man sendet zuerst nur die Idee ein, die dann im zweiten Durchgang ausführlich mit Kosten, Marketing-Konzept und ökologischen Aspekten ausgearbeitet werden muss. Das entscheidet über die Einladung zum Finale.“

Konservativer Verbraucher

Es war aber nicht nur der Geschmack, der die Jury begeisterte, sondern auch die Tatsache, dass dieses Produkt ohne Mehl und Milch gluten- und laktosefrei ist. Auch bei den ökologischen Kriterien konnten die Kandidaten mit ihrer Verpackung punkten: einer Aluform, ursprünglich für Leberkäse gedacht und beim Metzger Kurt Hermann erbettelt. „Felix hat sich ständig in den Finger geschnitten“, verrät Georg Lenz die Mühsal der endgültigen Formgebung. Eine farbig gestaltete Banderole enthält Informationen über Zutaten und Zubereitung.

Mittlerweile sind in der Plieninger Küche schon weitere BBQuchen-Desserts entstanden: Zucchini mit Kokos und Rhabarber mit Cashew-Nüssen samt einer Joghurt-Erdbeer-Soße, kreiert zum Geburtstag der Mitbewohnerin Johanna. Die Hausgemeinschaft ist begeistert.

Und wann kommt der Normalverbraucher in diesen Genuss? Für schätzungsweise 2,20 Euro pro Packung mit fünf Stück, jedes 80 Gramm schwer und zwölf Zentimeter lang? „Da müsste man erst einen Produzenten finden“, sagen die Erfinder. Einen Metzger, der die süßen Würstchen neben seinen Bratwürsten offeriert? Oder lieber einen Bäcker? Schwierig, sagen die beiden. Denn der deutsche Verbraucher sei bei Lebensmitteln ziemlich konservativ. Von zehn Innovationen auf diesem Sektor kämen sieben gar nicht auf den Markt – und von den drei übrigen überlebten zwei das nächste Weihnachten nicht. Dennoch werden sie weiter am BBQuchen tüfteln, denn im Oktober treten sie auf der Lebensmittelmesse Anuga in Köln zum europäischen Finale an. Doch erst mal haben Studium und die anstehenden Prüfungen Priorität.