Die Stahlpreise steigen, insgesamt wird das Bauen aber nur wenig teurer. Foto: dpa

Wer momentan bauen will, braucht viel Geduld. Volle Auftragsbücher und fehlende Fachkräfte in der Baubranche sorgen für Verzögerungen.

Stuttgart - Die Botschaft von Markus Böll ist eindeutig: Jeder, der gerade ein Haus bauen möchte, kann das auf jeden Fall tun. Nur dauert es eben länger, bis Leben auf die Baustelle kommt. „Momentan brauchen die Betriebe einen Vorlauf von mindestens drei Monaten“, sagt Böll, der Präsident der Bauwirtschaft Baden-Württemberg. Denn die Baubranche im Land wächst weiter. Es gibt viel zu tun und gleichzeitig zu wenige Fachkräfte. Das führt zu Verzögerungen.

Die „Jahre des Niedergangs“, sagt Markus Böll, seien vorüber. Das spiegelt sich in den Zahlen: Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2017 hat die Bauwirtschaft 13 Prozent mehr Umsatz gemacht, die Anzahl der Aufträge in den Büchern ist ebenfalls um 13,5 Prozent gestiegen. Um das bewältigen zu können, hat die Branche rund fünf Prozent mehr Beschäftigte eingestellt.

Baukosten steigen nur langsam

Die Baukosten dagegen seien laut Böll in derselben Zeit nur leicht teurer geworden. Er beziffert die Kostensteigerung auf rund fünf Prozent. Darunter fielen vor allem die Stahl- und Betonpreise ins Gewicht. Die Maut auf Bundesstraßen würde zudem rund zehn Euro an Mehrkosten pro Quadratmeter verursachen. „Wir brauchen, was das angeht, weniger Vorgaben vom Staat“, fordert Böll.

In der Sanitär- und Heizungsbranche sei die Auftragslage ebenfalls „relativ gut“, sagt Dietmar Zahn, der Geschäftsführer des Fachverbandes Sanitär-Heizung-Klima. Das führt wie in der Bauwirtschaft zu längeren Wartezeiten. „Momentan haben wir eine Auftragsreichweite von durchschnittlich acht Wochen“, sagt Zahn. Neubauten sind davon in aller Regel ausgenommen: „Wenn der Bauträger und der Architekt das vorher gut planen, kommt es zu keiner Verzögerung.“

In den Großstädten fehlt Wohnraum

Zahn betont: Obwohl in seiner Branche mehr Fachkräfte benötigt würden, erledigten die Betriebe das Tagesgeschäft trotzdem zuverlässig. „Das ist zwar viel Stress, aber man muss dann eben noch besser planen und Prozesse gegebenenfalls umstellen“, sagt Zahn. Und Notfälle wie kaputte Heizkessel würden gegenüber planbaren Aufträgen wie auf dem Bau ohnehin immer bevorzugt behandelt.

Trotz der guten Auftragslage sorgt sich Markus Böll vom Verband der Bauwirtschaft im Land um den Immobilienmarkt – vor allem in den Großstädten wie Stuttgart, Heidelberg oder Mannheim. „Wir brauchen dort mehr Wohnraum in allen Preisklassen“, sagt Böll. Gleichzeitig sei man, was die Ausbreitung der Städte angeht, an der absoluten Grenze angelangt.

Altbauten könnten die Lösung sein

Die Bauwirtschaft hat deshalb als Problem und Lösung gleichermaßen die Altbauten ausgemacht. „Von denen müssen wir uns langfristig verabschieden“, glaubt Böll. Viele von ihnen kämen wirtschaftlich nicht für eine Sanierung infrage. Doch auch ein Abriss ist teuer. Deshalb schlägt der Verband vor, Immobilienbesitzer oder Investoren finanziell zu entlasten, wenn sie sich für einen Neubau mit mehr Wohnraum und aktueller Technik entscheiden. Eine „Abwrackprämie für Altbauten“ nennt das der Verband. Wie viele Gebäude genau das betreffen könnte, ist jedoch unklar.

„Wir glauben, dass es eine Möglichkeit ist, Investoren zu einem Neubau zu bewegen“, sagt Thomas Möller, Hauptgeschäftsführer der Bauwirtschaft im Land. Denn von Diskussionen über mehr Wohngeld sei noch keine einzige bezahlbare Wohnung gebaut worden. Laut Möller könnte die Abwrackprämie verhindern, dass Bauträger am Ende draufzahlen, wenn sie einen Altbau abreißen lassen.

Der Staat soll die Abwrackprämie bezahlen

Finanzieren soll diese Abwrackprämie nach Ansicht der Bauwirtschaft der Staat. „Durch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer von 3,5 auf fünf Prozent haben Land und Gemeinden nach unserer Rechnung drei Milliarden Euro mehr eingenommen“, sagt Markus Böll. Der Betrag könne so zurückfließen. Die Prämie könne entweder gestaffelt oder anteilig an den Abrisskosten gezahlt werden. Wer über die Vergabe der Förderung entscheiden soll, konnte Böll nicht sagen.