Die verkürzte Schulzeit kostet Sportvereine Tausende Mitglieder Foto: dpa

Das Turbo-Abi war und ist ein Zankapfel. Nach elf Jahren ziehen Eltern, Schulen, Wirtschaftsvertreter und Vereine eine ernüchternde Bilanz: mehr Stress, weniger Sport – und trotzdem nicht früher im Beruf.

Der Schulleiter

Schulzeit verkürzen, den Lehrstoff und die Schulstunden völlig neu verteilen: Das Leibniz-Gymnasium in Stuttgart-Feuerbach war eines der ersten, die sich auf G 8 eingelassen haben. „Wir waren von 1998 bis 2010 Modellschule und hatten in unseren Lehrplänen weniger Stofffülle als in jenen, die später alle G-8-Gymnasien bekommen haben“, sagt Schulleiter Otto Fischer. „Trotzdem hatten wir zum Teil einen Schülerschwund von bis zu 50 Prozent in einzelnen Klassen von Klasse 5 bis zum Abitur. Wer es nicht geschafft hat, konnte in den G-9-Zug wechseln“, so Fischer.

Das war am Leibniz-Gymnasium einfach, da dort parallel drei Klassenzüge nach dem alten Modell unterrichtet wurden. Zuletzt aber seien die interessierten G-8-Schüler „nur noch mit Mühe“ zusammengekommen. Dagegen hätte er, den Bewerberzahlen nach, locker sechs statt vier Klassenzüge für G-9-Starter bilden können. „Weniger Wochenstunden, mehr Freizeit für Musik und Sport, eine bessere Förderung“, das seien die Gründe für die Eltern, ihr Kind in den G-9-Zug zu schicken. Das Leibniz-Gymnasium ist inzwischen eine der 44 G-9-Modellschulen im Land. Ob sich jemand für das Ergebnis der Modellphase interessiert? Otto Fischer: „Wir sind nie gefragt worden nach unseren Erfahrungen mit G 8 und was man für eine schonende Einführung tun kann.“

Die Schüler

Dass der Landesschülerbeirat dennoch den Erhalt des Gymnasiums in seiner achtjährigen Form fordert, überrascht. Aber offensichtlich ist den Schülern eines besonders wichtig: „Durch G 8 werden die Ausbildungszeiten der Schülerinnen und Schüler an den Gymnasien um ein Jahr gekürzt“, sagt Moritz Kern, der Vorsitzende des Landeschülerbeirats. Kritiklos sind die angehenden Abiturienten deshalb nicht.

„G 8 darf nicht heißen: mehr Stoff in weniger Zeit“, so Kern. Moritz Kern plädiert für „mehr Vertiefungs- und Übungsstunden und eine gezielte Vorbereitung auf die Studienwelt“. Dafür sei das G 8 aber bis heute noch nicht gerüstet. Der Landesschülerbeirat fordert deshalb, dass die Wochenstundenzahlen überarbeitet werden, damit „Qualität vor der Quantität an Bedeutung gewinnt“. Prinzipiell appelliert der Landesschülerbeirat Baden-Württemberg ans Kultusministerium, die mittleren Bildungsabschlüsse aufzuwerten „und einem Akademisierungswahn entgegenzuwirken“.