Eine eigene Wohnung ist für viele Flüchtlinge gerade mit Kindern ein Traum. Flüchtlingshelfer meinen, dass im Steckfeld mehr Asylbewerber hätten untergebracht werden können. Foto: Eveline Blohmer

Das Siedlungswerk hat Wohnungen in Häusern in Stuttgart-Plieningen an die Stadt vermietet, die 2018 abgerissen werden. Darin leben vorübergehend Asylbewerber. Könnte so weiterer Wohnraum entstehen?

Plieningen - Jutta Nowottny ist dem Siedlungswerk dankbar, dass es dem Plieninger und Birkacher Freundeskreis Flüchtlinge zwei Wohnungen in den abzureißenden Gebäuden im Stadtteil Steckfeld überlassen hat. Die Wohnungen können zum Beispiel bis zum geplanten Abriss 2018 studierende Flüchtlinge nutzen, die in einer Gemeinschaftsunterkunft keine Ruhe finden, um sich auf eine Prüfung vorzubereiten.

Das Siedlungswerk hat nach dem Auszug der bisherigen Mieter fünf Wohnungen instandgesetzt und an die Stadt vermietet. Darin leben seit dem Herbst 2016 interimsweise laut Stadt Menschen, denen sonst die Obdachlosigkeit drohen könnte. Es handelt sich um anerkannte Flüchtlinge, die auf dem freien Wohnungsmarkt nicht fündig wurden.

Nowottny und andere Ehrenamtliche des Birkacher und Plieninger Freundeskreises wundern sich, warum in dem von den Mietern geräumten Wohnraum nicht noch weitere Flüchtlinge bis zum Abriss interimsweise untergebracht worden sind. „Da gab es einige Wohnungen, in die aus unserer Sicht Flüchtlinge hätten einziehen können“, sagt Nowottny. Inzwischen sei es dafür aber viel zu spät, sagt sie. Denn Mitte kommenden Jahres sollen die Wohnungen weichen, damit 120 neue in einem Areal zwischen der Karlshof- und der Steinwaldstraße gebaut werden können. „Selbst wenn jetzt noch Flüchtlinge Wohnungen beziehen würden, müssten sie bis Mitte 2018 wieder raus. Bis dahin werden sie keine Wohnung auf dem freien Markt finden“, sagt Nowottny.

Die Stadt sieht die von vornherein zeitlich begrenzte Unterbringung als Grund, keine weiteren Flüchtlinge im Steckfeld anzusiedeln. Ein erneuter Auszug sei für eine erfolgreiche Integration nicht förderlich, sagt Marco-Oliver Lutz, er ist der Abteilungsleiter Flüchtlinge beim Sozialamt. „Für Menschen, die alles verloren haben, bedeutet das einen neuen Verlust“, sagt er. Dass anerkannte Flüchtlinge in den Wohnungen untergebracht worden sind und bis zum Abriss dort nun bleiben können, sei allein der Notsituation im Jahr 2015 geschuldet gewesen, erklärt ein Sprecher der Stadt.

Die Flüchtlingshelferin Nowottny verweist dagegen auf die Situation in den Gemeinschaftsunterkünften. Eine eigene Wohnung sei für viele Asylbewerber eine Verbesserung zum doch recht beengten Leben in einer Sammelunterkunft, sagt sie. Dies sei selbst dann so, wenn eine eigene Wohnung nicht dauerhaft angemietet werden könne und mit Mängeln behaftet sei, meint die Flüchtlingshelferin.

Siedlungswerk baut 120 Wohnungen

Nowottny sieht einen anderen Hintergrund für das Vorgehen der Verwaltung. Die Ehrenamtliche vermutet, dass die Stadt nicht riskieren wollte, Wohnungen am Ende nicht mit Flüchtlingen belegen zu können. Denn der große Andrang an Flüchtlingen im Jahr 2015 wiederholte sich 2016 nicht. Die Zahlen gingen stattdessen im vergangenen Jahr stark zurück. Viele Kommunen schlossen zum Beispiel im vergangenen Jahr ihre Notunterkünfte. Die Flüchtlingshelferin warnt davor, künftige Entwicklungen außer Acht zu lassen.

Denn die Flüchtlingszahlen könnten genauso wieder ansteigen, wie sie im Jahr 2016 gesunken sind. „Sollte es noch einmal solche Möglichkeiten geben wie im Steckfeld, wo vorübergehend Wohnraum frei wird, sollte die Stadt rechtzeitig zugreifen und sie für die Unterbringung von Flüchtlingen sichern“, findet Jutta Nowottny.

Marco-Oliver Lutz verweist darauf, dass die Stadt auch an andere Stelle Flüchtlinge in entmieteten Wohnungen vorübergehend untergebracht hat. Dies könne aber immer nur die letzte Lösung sein, meint er. Sollten die heutigen Bewohner der Wohnungen im Steckfeld innerhalb der nächsten Monate keine neue Wohnung finden, droht ihnen übrigens die nächste interimsweise Unterbringung, sagt Lutz.