Der Bunker steht direkt bei der Cotta-Schule. Foto: Jürgen Brand

In immer mehr alte Hochbunker in Deutschland werden Wohnungen eingebaut – bald auch in Stuttgart. Konkrete Pläne gibt es für einen Bunker in Bad Cannstatt und jetzt auch für den Sickbunker im Stuttgarter Osten.

S-Ost - Die Architektin Shirin Brückner will den Hochbunker an der Sickstraße im Stuttgarter Osten in ein Wohngebäude mit acht Mietwohnungen mit Wohnflächen von 75 bis 160 Quadratmetern verwandeln. Zurzeit ermitteln Mitarbeiter der Stadtverwaltung den Preis, den die Mitgründerin und Geschäftsführerin des bekannten Atelier Brückner dafür bezahlen soll. Die Pläne sind schon relativ weit fortgeschritten.

Der Sickbunker

In Stuttgart gab es 23 Hochbunker, die bei Luftangriffen im Zweiten Weltkrieg Schutz boten. 18 davon existieren heute noch, einer der bekanntesten davon dürfte der Pragbunker mit der großen Werbefläche am Pragsattel sein. Mit der Gestaltung dieser Bunker hatte sich damals kein Geringerer als Paul Bonatz befasst, der darin – so heißt es auf der Internetseite des Vereins Schutzbauten – „eine wichtige städtebauliche Aufgabe“ sah. Der Sickbunker wurde von 1940 bis 1941 gebaut und schon damals mit roten Sandsteinen verkleidet. Er hat eine Grundfläche von 232 Quadratmetern und bot 1550 Menschen Schutz. Er steht seit 2012 leer. Bis 2011 wurde der Bunker von der Kommunikationsabteilung der Freiwilligen Feuerwehr genutzt.

Die Lage

Der Sickbunker steht am hinteren Bereich der Sickstraße am Rand der Raitelsbergsiedlung. Zum Park der Villa Berg hin ist der Bunker durch die angrenzende Cotta-Schule abgeschottet. Park-Zugänge befinden sich aber nur wenige Schritte entfernt. Auch der Abgang vom Park zum Aktivspielplatz Raitelsberg und zum Bereich Poststraße ist ganz in der Nähe. Das Konzept „Stadt am Fluss“ von Oberbürgermeister Kuhn sieht für diesen Bereich einen Steg über den Neckar zum Wasen vor. Die nächste Stadtbahnhaltestelle ist die Haltestelle Raitelsberg der Linie U 9.

Die Umbau-Pläne

Shirin Brückner will den viergeschossigen Bunker um zwei Geschosse aufstocken, damit Platz für acht Mietwohnungen entsteht. Sie plant vier 3-Zimmer-Wohnungen mit 75 bis 79 Quadratmetern und vier 4,5-Zimmer-Wohnungen mit 150 bis 160 Quadratmetern. Drei der 3-Zimmer-Wohnungen sind entsprechend den Vorgaben des Stuttgarter Innenentwicklungsmodells (SIM) für Familien mit mittlerem Einkommen vorgesehen. Die Fassaden zur Cotta-Schule und zur Straße sollen ohne Fenster bleiben, auf den anderen beiden Seiten sind Fenster geplant. In der Dachaufstockung soll die Aufteilung mit den Fenstern genau anders herum sein. Vor dem Bunker sind acht Stellplätze vorgesehen, die Erdgeschosswohnungen sollen kleine Gartenanteile bekommen.

Der Trend

Wohnen in Hochbunkern, nicht selten in guten Innenstadtlagen, ist schon seit Jahren fast schon ein Trend – ein lukrativer Trend beispielsweise für die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die allein in den vergangenen 13 Jahren nach Recherchen der österreichischen Zeitung „Der Standard“ bundesweit mehr als 250 solcher Bunker verkauft hat. In ihnen ist beispielsweise in Bremen, Hamburg oder Kassel neuer – zum Teil auch hochpreisiger – Wohnraum entstanden. In Stuttgart sollen im Hochbunker an der Zuckerbergstraße in Bad Cannstatt ebenfalls Wohnungen entstehen. Für den Hochbunker an der Talstraße wurden solche Pläne im Jahr 2017 bekannt, seitdem hat sich dort aber nichts getan.

Das Problem

Die Menschen in der kleinen Raitelsbergsiedlung mit zwei Schulen leben seit Monaten mit den Beeinträchtigungen durch gleich drei Baustellen. An der Ecke Hack-/Abelsbergstraße wird ein Wohn- und Geschäftshaus gebaut, schräg gegenüber entsteht eine Kindertagesstätte, und nicht weit vom Bunker ebenfalls an der Sickstraße sind neue Wohnungen am Park der Villa Berg im Bau. Die Zu- und Abfahrt zu den Baustellen ist nur über wenige ausreichend große Straßen möglich, darunter die Sickstraße. Der Bunker-Umbau wäre eine weitere größere Baustelle dort.