Wohnraum ist knapp in der Region Stuttgart, Bauplätze sind es ebenso. Die Große Kreisstadt am Rande der Landeshauptstadt ist keine Ausnahme. Doch wie können Bauplätze rechtssicher vergeben werden? Die Stadt Ditzingen diskutiert derzeit diese Frage.
Mit jahrelangem Verzug nimmt das Baugebiet „Ob dem Korntaler Weg“ am nordöstlichen Ortsrand von Ditzingen inzwischen Gestalt an. Zuletzt teilte die Verwaltung mit, dass in dem Baugebiet kein flächendeckendes Fernwärmenetz errichtet werde, da eine Untersuchung ergeben hatte, dass in dem Gebiet eine dezentrale Versorgung zum Teil für die Bauherrn wirtschaftlicher sei. Das knapp neun Hektar große Gebiet ist das letzte in dieser Größenordnung, das Ditzingen nach den aktuellen Vorgaben von Land und Region bebauen kann. Geplant sind 146 Wohneinheiten in Einzelhäusern und verdichteten Einzelhäusern sowie 154 Wohneinheiten im Geschosswohnungsbau.
Stadt muss über die Vergabe entscheiden
Das Wohngebiet solle entwickelt werden, weil „hierfür in der Stadt Ditzingen ein erheblicher Bedarf besteht“, argumentierte die Stadtverwaltung vor bald anderthalb Jahrzehnten. Im Jahr 2010 hatte der Gemeinderat dann beschlossen, einen Bebauungsplan aufzustellen. Seitdem ist die Stadt mit der Realisierung befasst. Auch wenn es mit der Umsetzung jetzt vorangeht: Noch sind die Bauplätze nicht vergeben. Doch klar ist, dass der Druck auf dem Wohnungsmarkt in den vergangenen Jahren zugenommen hat. Und diese Entwicklung wird anhalten. Davon jedenfalls ist der Verband Region Stuttgart überzeugt. „Die Menschen, die bereits hier sind, wollen gerne bleiben – und die Wirtschaftslage sowie der demografische Wandel lassen weiteren Zuzug in den nächsten Jahren erwarten.“ Das Problem auf dem Wohnungsmarkt wird dadurch nur größer. Denn „die Nachfrage nach Wohnraum – bezahlbar, gut angeschlossen, passend in Größe und Qualität – übersteigt jedoch jetzt schon das Angebot auf dem Wohnungsmarkt“, heißt es beim Regionalverband.
In dieser Situation muss die Stadt darüber befinden, wer im Neubaugebiet „Ob dem Korntaler Weg“ den Zuschlag für einen städtischen Bauplatz erhält – und bauen darf. Die Entscheidung muss rechtssicher sein, sodass sie im Zweifel auch vor Gericht Bestand hat. „Unter Einbeziehung sozialer- sowie ortsbezogener Kriterien, unter der Maßgabe der größtmöglichen Rechtssicherheit“ hatte sich die Verwaltung nach eigenem Bekunden für die Zusammenarbeit mit Rechtsanwälten entschieden, die sich auf die besonderen Fragestellungen von Städten, Gemeinden und Landkreisen spezialisiert haben.
Sie tat dies auch vor dem Hintergrund, dass es in der jüngsten Vergangenheit zu Vergaberichtlinien und sogenannten Einheimischenmodellen mehrere Verwaltungsgerichtsurteile gegeben hatte. In der Folge waren Vergabekriterien gekippt worden. Kommunen wurden dadurch gezwungen ihre kommunalen Regelungen zur Bauplatzvergabe zu überarbeiten.
Die Ditzinger Richtlinien sollen laut der Stadt dazu dienen, „dauerhafte, langfristige und nachhaltige Sesshaftigkeit in der Stadt zu ermöglichen, weil diese die soziale Integration und den Zusammenhalt in der örtlichen Gemeinschaft maßgeblich stärkt“. Die Richtlinien werden nicht bei der Bauplätzen für Geschosswohnungsbau angewandt.
Der erste Entwurf der Ditzinger Richtlinie umfasste sowohl soziale Kriterien als auch der Aspekt, ob der Bewerber bereits in der Stadt lebt oder nicht. Der Entwurf sollte dem Gemeinderat als Beratungsgrundlage dienen – zumal auch aus dessen Reihen schon Anregungen zu Auswahlkriterien gekommen waren. Die CDU-Fraktion beispielsweise hatte Ende 2020 einen Kriterienkatalog gefordert, in dem sie neben Wohnsitz und Arbeitsort auch das ehrenamtliche Engagement sowie soziale Kriterien berücksichtigt wissen wollte. Und zuletzt diskutierte der Rat auf Basis eines überarbeiteten Entwurfs darüber, ob in der Bewertung verheiratete Paare und eingetragene Lebenspartnerschaften gleichzusetzen seien mit eheähnlichen Lebensgemeinschaften.
Derweil merkte Frank Hagenlocher (Freie Wähler) an, ihm sei wichtig, „dass wir nicht den Eindruck erwecken, dass wir uns abschotten“. Oberbürgermeister Michael Makurath (parteilos) widersprach: Es gehe nicht ums Abschotten, sondern darum, jenen Zugang zu Grundstücken zu geben, „die dafür sorgen, dass die Gesellschaft funktioniert“.