Die Baumzelte hängen auf einer Höhe von maximal 1,80 Meter. Ins Innere kommt man über eine Hängeleiter und ein Einstiegsloch im Boden. Foto: Gottfried Stoppel

Man muss nicht immer weit wegfahren, um ein bisschen Abenteuer in den Alltag zu bringen. Jan Reich bietet im Remstal Übernachtungen im Baumzelt an. Die Kinder haben Spaß, die Erwachsenen erleben Zelten ohne Rückenschmerzen.

Winterbach - Gegen fünf Uhr morgens ist die Nacht erst einmal vorbei. Das liegt nicht etwa – wie sonst gerne beim Zelten – an kleinen Steinchen und Wurzeln, die sich unangenehm in den Rücken bohren. Schließlich befinden sich zwischen Isomatte und Waldboden gut anderthalb Meter Luft. Nein, der frühe Vogel zeigt, was er drauf hat. Es zwitschert, pfeift und tirilliert derart laut direkt über den Köpfen, dass an Schlaf nicht zu denken ist. Ein Ärgernis, im ersten Augenblick. Ein Erlebnis, im zweiten.

Wann ist man sonst so mitten drin in der Natur, dass die Vögel sämtliche anderen Geräusche – inklusive der gar nicht so weit entfernten vierspurigen Bundesstraße – übertönen? Die Augenlider werden wieder schwer, und so wird die Übernachtung im Baumzelt doch eine erholsame.

Wie eine Hängematte mit Dach

Baumzelt – dabei denken die meisten erst einmal an eine Art Baumhaus. Aber dieses Zelt wird nicht in den Baum gebaut, sondern hängt, gespannt zwischen drei Stämmen, in der Luft. Die dafür nötigen Bäume stehen in unserem Fall auf einem Wiesen- und Waldgrundstück bei Winterbach. Veranstalter der Übernachtung ist Abenteuerreich, das Reiseunternehmen des Winterbachers Jan Reich. Der 35-Jährige ist darauf spezialisiert, besondere Erlebnisse auf der ganzen Welt zu organisieren – von der Gipfelbesteigung in Georgien bis zur Schneeschuhtour in Skandinavien. Mittlerweile ist er bemüht, auch Abenteuer vor der Haustür anzubieten. „Ich möchte mehr daheim sein“, sagt Reich, der Vater einer kleinen Tochter ist. Zumal es auch hier jede Menge Natur zu entdecken gebe.

Auf einer Outdoormesse hat er die Baumzelte entdeckt und sie ins Programm aufgenommen. Es gibt zwar noch ein, zwei weitere Anbieter in Baden-Württemberg, „aber unsere Besonderheit ist, dass die Baumzelte nicht fest aufgebaut sind und wir mehrere Grundstücke im Remstal und im Schwarzwald haben, auf denen wir damit übernachten können.“

Ohne Fleiß kein Preis: Aufgebaut wird selbst

Das bedeutet aber auch, dass vor dem gemütlichen Teil am Lagerfeuer erst einmal der Zeltaufbau erledigt werden muss. Wer dabei auf Schnelligkeit setzt, kommt später ins Rutschen: „Es lohnt sich also, sich Mühe zu geben“, sagt Jan Reich und rückt mit der Wasserwaage an. Denn zuerst wird der Zeltboden zwischen die Bäume gespannt. Weil diese leicht am Hang stehen, müssen die Schlaufen um die Stämme zentimeterweise nach oben oder unten geruckelt werden, bis die Liegefläche endlich einigermaßen gerade ist. Mit Ratschen werden die Spanngurte schließlich festgezogen. „Man könnte es auch beim Boden belassen, dann würde man wie in einer Hängematte liegen“, sagt Reich.

Theoretisch kann man unter freiem Himmel schlafen

So toll es sich anfühlen mag, direkt unter den Bäumen und unter freiem Himmel zu schlafen – wir bauen lieber Zeltdach sowie Moskitonetz auf. Weil es in der Nacht doch frisch werden soll und vor allem aus Sicherheitsgründen: Denn es sind nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder dabei. Die zwei größeren schlafen in der Zwei-Mann-Version, aus der man – wenn die Einstiegsfenster an den Seiten zu sind – nicht herausfallen kann.

Die beiden jüngeren Kinder kommen jeweils mit ihren Eltern in das Drei-Mann-Modell. Bei diesem hängt zwar das Moskitonetz über die Kanten der Liegefläche, ein Rausfallschutz bietet dieses aber nicht. Weswegen wir auch nicht in den drei vorgesehenen Schlafkuhlen um das Einstiegsloch im Boden liegen, sondern direkt nebeneinander, mit dem Kind in der Mitte.

Ab einer bestimmten Höhe müsste man angeseilt sein

Über eine Hängeleiter kommt man nach dem Aufbau ins Zeltinnere. Die dicken Gurte geben knarrend nach, aber Jan Reich beruhigt: „Das ist ganz normal.“ Aus Versicherungsgründen dürfen die Zelte maximal auf 1,80 Meter Höhe aufgebaut werden: „Ansonsten müsste man sich anseilen“, erklärt er, der bis zu 15 Personen gleichzeitig in Zelten beherbergen kann.

Nach getaner Arbeit wird das Lagerfeuer entzündet, es wird gegrillt und erzählt, während die Kinder den ganzen Abend im Wald spielen. Es gibt kein künstliches Licht, kein fließend Wasser und nur ein Plumpsklo. Eben ein bisschen Abenteuer mitten im Remstal. Mancher Gast, erzählt Jan Reich, bleibe die ganze Nacht am Feuer. Aber jetzt wollen wir schon wissen, wie es sich im Baumzelt schlafen lässt. Erst einmal wackelt es bei jeder Bewegung, aber als endlich alle ihre Position im Schlafsack gefunden haben, ist es nur noch gemütlich. Bis die Vögel ihr Morgenlied anstimmen.

Übernachtungsmöglichkeiten zwischen den Bäumen

Schluchsee:
Hans, Franz, Jakob und Willi heißen die Baumzelte, in denen man im Schwarzwaldcamp am Schluchsee übernachten kann. Diese sind bezugsfertig aufgebaut, das höchste hängt in drei Metern Höhe und hat einen doppelten Boden. Sanitäre Anlagen gibt es auf dem Campingplatz nebenan. Weitere Infos im Internet.

Remstal
: Abenteuerreich bietet Baumzelten auf verschiedenen Grundstücken im Remstal und im Schwarzwald an. Dort kann die Nacht auch mit einer Wildbachwanderung verbunden werden. Weitere Infos im Netz.

Ellwangen:
Sieben verschiedene Baumhäuser stehen im Baumpalast in der Nähe von Ellwangen. Dieses Baumhaushotel war eins der ersten seiner Art und bietet Häuser am Waldrand für zwei bis maximal sechs Personen. Es gibt Strom, Heizung und sanitäre Anlagen auf dem Gelände, aber keine Kochmöglichkeiten in den Häusern. Weitere Infos im Internet.

Cleebronn
: Auch das Wildparadies Tripsdrill bietet auf seinem Gelände Übernachtungen in knapp 30 Baumhäusern an. Die Häuser sind sogar mit Fernseher und WLAN ausgestattet und geeignet für bis zu sechs Personen. Infos im Netz.

Schönbuch
: Acht sehr individuell gestaltete Baumhäuser sind in der OaseWeil in Weil im Schönbuch entstanden. Die ersten Buchungen werden vom 14. Juli an angenommen. Weitere Infos im Internet.