Polizisten bewachen eine Baumaschine. Klicken Sie sich durch weitere Bilder von der Baum-Umpflanzung auf der Nordseite des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Foto: Beytekin

Alle 16 Bäume sind versetzt. 51 Stuttgart-21-Gegner sehen Anzeige entgegen.

Stuttgart - Die Baum-Umpflanzung am Nordausgang des Hauptbahnhofs ist seit Freitag abgeschlossen. Die Kosten für den Polizeieinsatz werden nach ersten Schätzungen 1,5 Millionen Euro betragen.

Die Schlacht ist geschlagen, jetzt wird abgerechnet. Der Polizeischutz für die Umpflanzaktion von 16 Bäumen auf dem Kurt-Georg-Kiesinger-Platz von Dienstag bis Freitagmorgen wird voraussichtlich 1,5 Millionen Euro kosten. "Das ist eine vorläufige Schätzung", sagt der Stuttgarter Polizeisprecher Stefan Keilbach.

Der erste Tag mit Demonstrationen und Blockaden und einem Großaufgebot von 700 Beamten hat mindestens 800.000 Euro gekostet. In den Folgetagen konnten die Kräfte zwar auf bis zu 300 Beamte heruntergefahren werden - bis zum Freitag dürften dennoch um die 700.000 Euro zusammengekommen sein.

Abgerechnet wird auch juristisch. Insgesamt sehen 51 Beschuldigte diversen Anzeigen entgegen - Nötigung, Körperverletzung, Widerstand, Verstöße gegen das Versammlungsgesetz, Sachbeschädigung. Die Vorfälle spielten sich allerdings fast ausschließlich am Dienstag ab. Ein Fall fürs Amtsgericht wird ein 26-Jähriger, der gegen 20.40 Uhr - also etwa 17 Stunden nach Beginn des Polizeieinsatzes - aus der Menschenmenge heraus einen Polizeibeamten mit Pfefferspray attackiert hatte. Der Täter kam in Untersuchungshaft - aber nicht allein wegen des Pfeffersprays. Vielmehr hat der 26-Jährige laut Staatsanwaltschaft noch eine Bewährungsstrafe offen, er ist wegen gefährlicher Körperverletzung bereits einschlägig vorbestraft. Er muss sich in einem beschleunigten Verfahren vor einem Amtsrichter verantworten. Die Verhandlung ist auf Montagnachmittag terminiert.

25 Blockierer wegen Nötigung angezeigt

Insgesamt blieben Ausschreitungen die Ausnahme - beide Seiten bewahrten weitgehend Vernunft. Die bis zu 700 Beamten hatten im Gegensatz zu den Ereignissen am 30. September 2010 im Schlossgarten die Demonstranten im Griff. Nur wenige Hundert Aktivisten stellten sich am ersten Tag der Umpflanzaktion der Bahn AG entgegen.

25 Blockierer werden wegen Nötigung angezeigt, einer von ihnen hatte sich gar unter einem Lastwagen, der Absperrgitter anliefern sollte, festgekettet. Wegen Widerstands muss sich ein 48-Jähriger verantworten, der laut Polizei einen Beamten zu treten versuchte, als er von der Blockade an der Baustellenzufahrt weggetragen werden sollte. Ein 70-Jähriger beleidigte zwei Polizisten. Elf Anzeigen wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und zwei Vorgänge wegen Sachbeschädigung sind außerdem aktenkundig.

Auf der anderen Seite steht die Aktion eines Duos, das den sogenannten Widerstandsbaum, der im Schlossgarten von Stuttgart-21-Gegnern gepflanzt worden war, in der Nacht zum Mittwoch ansägte. Ein Verdächtiger wurde gefasst. Jetzt muss noch derjenige gefunden werden, der im strafrechtlichen Sinn der Geschädigte ist.

Die Sprecher des Bahnprojekts Stuttgart-Ulm, Udo Andriof und Wolfgang Dietrich, zogen am Freitag eine positive Bilanz. "Wir sind überzeugt, dass die Mehrheit der Bürger unser zusätzliches Engagement würdigt", heißt es. Mit der Verpflanzung als freiwilliger Zusatzleistung hätten 16 Bäume erhalten werden können. Die Kosten von 200.000 Euro würden von der Bahn übernommen. Neun Kastanien, fünf Platanen, ein Eisenholz- und ein Götterbaum hätten nun neue Standorte in der Talstraße in Bad Cannstatt, am Friedhof in Zuffenhausen und nahe der Justizvollzugsanstalt in Stammheim. Die 30 bis 40 Jahre alten Bäume würden mit Vierböcken aus Rundhölzern stabilisiert, intensiv gewässert und gedüngt. Damit sie neue Wurzeln schlagen.