Holz soll in Weinstadt nicht nur bei der Errichtung des Dachstuhls zum Einsatz kommen: Wer mit nachhaltigen Rohstoffen baut, bekommt bessere Chancen. Foto: imago/photothek/A. Schambeck

Bei der Entwicklung des Baugebiets Fuchsgasse im Teilort Schnait legt Weinstadt bei der Vergabe der Grundstücke nicht länger nur soziale Kriterien an. Die Grundstücke gibt es zu einem vergleichsweise moderaten Quadratmeterpreis.

Ob wirklich alle Häuslesbauer im neuen Wohngebiet Fuchsgasse auf eine Holzkonstruktion setzen werden, kann auch Karlheinz Heinisch nicht versprechen. Doch die Chancen stehen gut, dass zumindest für einen großen Teil der in den nächsten Jahren am Rand des Ortsteils Schnait entstehenden Einfamilienhäuser und Doppelhaushälften der nachwachsende Rohstoff das Material der Wahl wird. Statt Mauerwerk, Stahl und Beton sollen in unverbaubarer Traumlage Leimbinder und Tragbalken zum Einsatz kommen – und dem Bauen mit Holz eine in die Region strahlende Plattform bieten.

Weinstadt hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2035 zur klimaneutralen Kommune zu werden. Da kann das neue Baugebiet Fuchsgasse einen wichtigen Beitrag leisten“, sagt Karlheinz Heinisch, im Rathaus neben der städtischen Wirtschaftsförderung auch für das Liegenschaftsamt verantwortlich. Um bei den Grundstücken in Schnait den Holzbau zu fördern, hat die Kommune ein Punktesystem ausgetüftelt, das den Einsatz umweltfreundlicher Materialien belohnt. Zwar sind konventionelle Baustoffe in der Fuchsgasse keineswegs verboten, die beauftragten Architekten können sich bei ihren Planungen durchaus auch an einem Mix der Materialien versuchen. Doch an die begehrten Bauflächen – der Quadratmeterpreis liegt bei für den Ballungsraum Stuttgart recht moderaten 750 Euro – dürften bei der Vergabe nur Menschen kommen, die auch ein Faible für den Holzbau entwickeln.

Punkte erhält, wer bei der Feuerwehr oder im Sportverein aktiv ist

Denn bei dem Punktesystem für Schnait zählt neben sozialen Faktoren wie einem konkreten Ortsbezug und der Zahl der Kinder einer Familie auch die Wahl des Baustoffs mit. Wer einen Chor dirigiert, sich im Sport engagiert oder bei der Feuerwehr aktiv ist, bekommt ebenso Punkte gutgeschrieben, auch ein Arbeitsplatz in Weinstadt, eine sehr beengte Wohnsituation oder eine Behinderung fallen in der Tabelle ins Gewicht – je mehr Punkte die Interessenten sammeln können, desto höher steigt die Chance, bei der Vergabe einen Bauplatz zu ergattern.

Möglich macht das die Entscheidung, die Grundstücke in der Fuchsgasse nicht meistbietend zu versteigern oder gar nach dem Windhundprinzip an die Frau oder den Mann zu bringen. Mit Weinstadt verbundene Menschen, insbesondere aber auch Familien sollen bei der Vergabe einen Vorteil haben. Mit den verschiedenen Faktoren können bei dem auch in anderen Kommunen bekannten Modell bis zu 240 Punkte erreicht werden.

Mit Holz als Baustoff sind bis zu 50 Punkte möglich

Neu ist, dass neben sozialen Gesichtspunkten auch die Ökologie eine Rolle spielt. Bis zu 50 Zähler können die Interessenten mit der verpflichtenden Wahl von Holz als Baustoff erzielen – eine auch mit Blick auf Raumklima und Baukosten interessante Überlegung. Wer für sein neues Eigenheim eine reine Holzkonstruktion wählt, erhält 40 Punkte gutgeschrieben, eine Mischform in Hybridbauweise ergibt noch 20 Zähler. Für alle, die bei der Fassade auf Putz verzichten und Holzlatten auf die Unterkonstruktion schrauben, sind zehn weitere Punkte drin.

Ausgelost wird unter Bewerbern nur, falls zwei Interessenten die exakt gleiche Punktzahl haben sollten. Über das Baugebiet am Ortsrand von Schnait wird in Weinstadt seit Jahren diskutiert, der Bebauungsplan für das Areal zwischen der Buchhaldenstraße und der Wiesentalstraße war erst nach immerhin drei Auslegungsphasen auch in trockenen Tüchern. Bereits 2017 hatte die Stadt die ersten Grundstücke aufgekauft und parallel zum Planungsverfahren die Erschließung mit Gasleitung und Glasfaserkabel gestartet. Die lange Vorbereitungszeit hat jetzt den für die Bauherren angenehmen Nebeneffekt, dass die Grundstücke baureif erschlossen sind. Nur Rohre für Fernwärme sind nicht verlegt – an einen derart grundlegenden Wandel bei der Energieversorgung war bei Beginn der Planungen noch nicht zu denken.

Manko des Baugebiets ist seine überschaubare Größe. Bei gerade mal 15 Grundstücken werden nicht viele Interessenten auch zum Zug kommen. Sechs Flächen sind für den Rückkauf durch die einstigen Grundstückseigentümer vorgesehen. Seit einem Jahrzehnt arbeitet die Stadt Weinstadt bei der Entwicklung von Baugebieten nur noch mit dem Modell des kommunalen Zwischenerwerbs: Um Preispoker zu verhindern, werden Flächen erst entwickelt, wenn alle benötigten Grundstücke der Stadt gehören.