Direkt hinter dem Heilbronner Bahnhof wächst bis zum Jahr 2019 die Gartenschau heran. Die Anreise mit dem Zug wäre also problemlos möglich – wenn er denn fährt. Foto: Buga

Die Stadt Heilbronn wehrt sich gegen die Pläne der Deutschen Bahn, ausgerechnet im Jahr 2019 wichtige Schienenstrecken rund um Heilbronn zu sanieren. Schon hat sich die große Politik in den Streit eingeschaltet. Die Bahn beginnt zu wackeln. Doch damit bringt sie kleinere Nachbargemeinden gegen sich auf.

Heilbronn - Es klingt wie ein Schildbürgerstreich: Ausgerechnet zur Bundesgartenschau im Jahr 2019 wird die Stadt Heilbronn von Teilen des Bahnverkehrs abgehängt. Volle acht Monate müssen Fahrgäste auf der Frankenbahn aus Würzburg auf Ersatzbusse umsteigen. In den Ferienzeiten kommen noch Sperrungen auf der Elsenz- und der Neckartalbahn hinzu, die Heilbronn mit dem Rhein-Neckar-Raum verbinden. Der Oberbürgermeister Harry Mergel (SPD) sieht seine Stadt bereits im Autoverkehr versinken. Die Sperrungen seien „für die Stadt nicht hinnehmbar“ und für die Besucher „nicht akzeptabel“, schimpft er in einem Brief an den Infrastrukturchef der Deutschen Bahn (DB), Ronald Pofalla (CDU).

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Traditionell nehmen Gartenschaubesucher – die Stadt rechnet mit zwei Millionen – gerne die Bahn. Ein Drittel reiste so im Jahr 2011 zur Buga nach Koblenz. Nach Berlin-Marzahn kommen momentan sogar kaum 30 Prozent im eigenen Auto. Doch solche Zahlen scheinen für Heilbronn unter den gegebenen Umständen außer Reichweite, zumal der Bahnhof der 122 000-Einwohner-Stadt bis jetzt nur von Nahverkehrszügen angefahren wird. Der Anschluss an das Fernverkehrsnetz wird in Richtung Norden, Westen und Osten über Würzburg, Mannheim und Heidelberg abgewickelt, was die Sperrungen noch fataler erscheinen lässt. Die Anreise im Zug werde zumindest aus Norden „völlig unattraktiv“, heißt es in einem Papier der Stadtverwaltung. Dass die Bahn zugesagt hat, den Intercity von Zürich im Jahr 2019 vorübergehend und probeweise über Stuttgart hinaus nach Heilbronn zu verlängern, gilt da allenfalls als kleines Trostpflaster.

Eine Retourkutsche?

Warum die Bahn die Großveranstaltung nicht berücksichtigt hat, für die seit 2013 auf einer 56 Fußballfelder großen Industriebrache direkt hinter dem Bahnhof gebuddelt wird, will ein Sprecher der DB in Stuttgart nicht kommentieren. Nur so viel: Alles sei mit der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg abgesprochen. Und natürlich handele es sich nicht um eine Retourkutsche, wie Lästermäuler bereits vermuten. Im April hatte die Stadt nämlich wegen der explodierenden Baukosten einen Fußgängersteg gestrichen, der den Bahnhof direkt mit dem Gartenschaugelände verbinden sollte.

Ein erster Vorstoß des Buga-Geschäftsführers Hanspeter Faas bei der Bahn, mit der Bitte um eine Verschiebung der Sperrungen, blieb ohne Erfolg. „Es hieß, alles sei beschlossene Sache“, sagt die Buga-Sprecherin Suse Bucher-Pinell. Jetzt lässt Faas untersuchen, ob Shuttlebusse aus Würzburg und Mannheim eingesetzt werden können. Doch der Druck auf die Bahn wächst. Nach dem OB haben sich mittlerweile auch der Direktor des Regionalverbands Heilbronn-Franken, Klaus Mandel, und mehrere Abgeordnete eingeschaltet.

Die Bahn ist verunsichert

Die Appelle hinterlassen offenbar Eindruck. „Wir sind uns der Bedeutung einer guten Bahnanbindung der Bundesgartenschau und der Chance, die darin auch für unser Unternehmen steckt, sehr bewusst“, heißt es in einem Brief des baden-württembergischen DB-Konzernbevollmächtigten, Sven Hantel, an die Künzelsauer SPD-Bundestagsabgeordnete Annette Sawade. Deshalb wolle man noch einmal das Gespräch suchen und Vorschläge erarbeiten.

Was in Heilbronn Hoffnungen schürt, stößt andernorts auf Verärgerung. „Wir sind stinksauer“, sagt Marcus Wessels. Er ist Bürgermeister der 1500-Einwohner-Gemeinde Wittighausen (Main-Tauber-Kreis). Dort will die Bahn einen 150 Jahre alten Tunnel aufweiten, der wegen seines geringen Querschnitts von Güterzügen nur eingleisig passiert werden kann. Die schrittweise Streckensanierung laufe seit Jahren, Heilbronn habe sich schlicht nicht gekümmert, schimpft Wessels. Zusammen mit fünf Amtskollegen aus der Region und den Landräten des Main-Tauber-Kreises und des Landkreises Würzburg hat er ebenfalls Pofalla einen Brief geschickt. Darin lehnt er eine Verschiebung entschieden ab. Einige Gemeinden hätten eigene Bauvorhaben auf die Bahnsperrung abgestimmt. „Eine Verschiebung würde Millionen kosten.“

Beißt sich Heilbronn ins eigene Fleisch?

Zudem sei der Ausbau nötig, um die neue Angebotskonzeption des Landes realisieren zu können, die der Region von Ende 2019 an zusätzliche Zugverbindungen bringen soll. Der Zeitpunkt sei günstig, weil auch die Bahn ein Interesse an den Bauarbeiten habe. Im Jahr 2020 soll die ICE-Strecke Stuttgart–Mannheim saniert werden. Die Frankenbahn gilt als Ausweichstrecke. Werde 2019 nicht gebaut, bestehe die Gefahr, „dass hier auf Jahre nichts mehr passiert“, befürchtet Wessels. Damit würde sich Heilbronn selbst schaden, glaubt der Bürgermeister. Denn der immer wieder geäußerte Wunsch nach einer durchgängigen Intercity-Verbindung von Zürich über Heilbronn bis Würzburg wäre ohne den Streckenausbau vom Tisch.